der Verarbeitung der Emotionen, die sein Ausflippen verursacht haben.
Wenn das Kind zum Beispiel seinen Brüdern immer Wasser ins Gesicht spritzt, wenn sie eine Wasserschlacht machen, dann geht irgendetwas vor sich, bei dem es Hilfe braucht, um es zu bewältigen. Vielleicht sieht es nicht den Schmerz und das Unbehagen in ihren Gesichtern und es braucht Ihre Unterstützung, um Empathie zu lernen. Oder aber es sieht das Unbehagen und den Schmerz und sie machen ihm Freude. Dieses Verhalten deutet darauf hin, dass es Hilfe im Umgang mit seiner Eifersucht braucht oder dass es sich mächtiger in seinem Leben fühlen muss. Oder aber das Kind fühlt sich schrecklich, gleich nachdem es so etwas getan hat, aber kann sich nicht davon abhalten, es zu tun. In diesem Fall benötigt es Ihre Hilfe, seine Impulse zu steuern. Sie können erkennen, dass das Verhalten des Kindes während der Wasserschlachten nur ein Symptom eines größeren Problems ist und es Ihr Coaching braucht, damit es heilen kann.
Sie fragen sich vielleicht, ob dies nicht unnötiges Verhätscheln ist. Unabhängig davon, warum das Kind dies tut, würde es nicht aufhören, wenn sein Verhalten eine unangenehme Konsequenz zur Folge hätte? Anders gesagt: »Daniel! Du tust deinen Brüdern weh! Auszeit! Du setzt dich da drüben hin, bis du dich benehmen kannst!« Aber was genau lernt es? Ganz gleich, was Sie ihm sagen, bevor er wieder mitspielen darf:
Anstatt zu denken, dass er einfach nur jemand ist, der ein wenig Hilfe braucht, da er immer noch lernt, sich zu regulieren, wird er schlussfolgern, dass er jemand ist, der anderen wehtut. Er muss ein schlechter Mensch sein; schließlich konnte er sich nicht davon abhalten und muss jetzt eine Auszeit nehmen.
Anstatt Ihre Hilfe beim »Atmen und sich beruhigen« zu bekommen, soll er sich alleine beruhigen, was meistens bedeutet, dass er seine Gefühle herunterschluckt und sie jenseits der bewussten Kontrolle landen. Dadurch werden sie eher später wieder an die Oberfläche kommen, sprich, in zehn Minuten wird er seinen Brüdern wieder Wasser ins Gesicht spritzen. Aus diesem Grund landen Kinder an manchen Tagen immer wieder und wieder in Auszeiten.
Anstatt zu sehen, dass Sie an seiner Seite sind, auch wenn Sie eine Grenze setzen müssen, beschließt er, dass Sie immer Partei für seine Brüder ergreifen – Sie müssen sie lieber mögen. Warten Sie nur ab, bis er wieder diesen Schlauch in die Hände bekommt!
Aber sollte es nicht eine »Konsequenz« geben? Natürlich! Schauen Sie sich all’ die Konsequenzen an, die hier eingetreten sind. Was hat Ihr Kind bewusst und unbewusst gelernt?
»Wenn Mama sagt, dass ich was machen soll, dann meint sie es auch so. Es hat keinen Sinn zu versuchen, sie zu ignorieren.«
»Wenn ich anderen wehtue, dann darf ich nicht mehr mitspielen, bis ich wieder mit mir klarkomme.«
»Ich mache Fehler, aber Mama versteht das immer. Sie hilft mir, herauszufinden, wie ich es besser machen kann.«
»Wenn ich jemandem wehgetan habe, kann ich die Situation retten.«
»Jeder in unserer Familie nimmt unsere Familienregeln ernst. Die wichtigste Regel ist, dass wir uns respekt- und liebevoll behandeln.«
Er ist sich dessen nicht bewusst, aber aufgrund seiner Entscheidung, sich selbst zu regulieren, bilden sich neue Nervenbahnen im Gehirn, die in der Zukunft für eine erhöhte Selbstdisziplin und emotionale Regulierung verantwortlich sind.
Die Wahrheit ist, dass wir keinen Menschen dazu bringen können, das zu tun, was wir wollen. Wir können ihnen nur dabei helfen, es zu wollen. Empathische Grenzen helfen Ihrem Kind dabei, Ihrer Führung folgen zu wollen. So werden diese guten Angewohnheiten ein Teil von ihm, egal ob Sie da sind oder nicht.
Was ist, wenn Empathie nicht funktioniert?
Wenn Eltern damit beginnen, liebevoll zu führen, sind sie oftmals überrascht, wie gut Empathie »funktioniert«, um ihr Kind zu beruhigen und ihm dabei zu helfen, ihre Grenzen zu akzeptieren. Tatsächlich ist Empathie so effektiv, wenn es darum geht, sich mit unserem aufgebrachten Kind zu verbinden und ihm zu helfen, sich zu beruhigen, dass wir völlig überrascht sind, wenn es »nicht funktioniert«. Doch Empathie ist kein Trick, um die andere Person zu kontrollieren. Es ist ein Mittel, um sich zu verbinden und unserem Kind zu helfen, Gefühle zu verarbeiten. Wenn Empathie also nicht »funktioniert«, fragen Sie sich, ob Sie wirklich mit Ihrem Kind verbunden sind und ihm mit seinen Gefühlen helfen. Von Eltern höre ich in Bezug auf den »Gebrauch« von Empathie überwiegend die folgenden Schwierigkeiten:
1 »Empathie führt dazu, dass mein Kind noch mehr weint.« Dies bedeutet, dass Ihre Empathie tatsächlich ausgezeichnet »funktioniert«. Überlegen Sie, wann Sie einmal große Gefühle hatten, die tief im Inneren eingesperrt waren – vielleicht war etwas Schlimmes vorgefallen. Sie haben sich zusammengerissen. Dann kam ein Mensch, bei dem Sie sich sicher gefühlt haben und der hat Sie umarmt oder etwas Mitfühlendes gesagt, woraufhin Sie in Tränen ausgebrochen sind. Sprich, wenn Kinder große Gefühle haben und wir mit ihnen mitfühlen, kommen sie mit ihren Gefühlen stärker in Kontakt. Und das ist eine gute Sache. Denn wenn sie einmal diese Emotionen fühlen, verschwinden diese. Wenn man sich ausweint, wird unsere Körperchemie wie auch unser Gefühlszustand positiv transformiert.
2 »Empathie beendet den Wutanfall nicht.« Sobald sich Ihr Kind im »Kampf-oder-Flucht«-Modus befindet, helfen Worte nicht mehr. Anstatt also das Gefühl zu benennen, vermitteln Sie Sicherheit, damit Ihr Kind Ihnen all diese Gefühle zeigen kann. Je weniger Worte, desto besser. Sagen Sie nur so viel, dass Ihr Kind Ihr Mitgefühl hört und weiß, dass Sie da sind und bereit sind, es zu umarmen. Empathie wird den Wutanfall nicht beenden, aber sie unterstützt Ihr Kind darin, seine Gefühle zu zeigen und zu heilen.
3 »Ich wiederhole immer wieder ›Du bist sehr traurig und frustriert‹, aber er wird wütend und sagt mir, dass ich das nicht sagen soll.« Kinder spüren es, wenn wir Wörter einfach nur nachplappern, und es macht sie wütend. Wenn Sie es tatsächlich schaffen, zu fühlen, wie sehr Ihr Schatz innerlich zerrissen ist, werden Sie feuchte Augen bekommen. Und Ihr Kind wird sich verstanden fühlen.Außerdem spielt eine Rolle, wie alt Ihr Kind ist. Bei einem wütenden Kleinkind könnten Sie auf dessen Gefühlsebene gehen und Ihre Anerkennung zeigen mit einem »Du bist so wütend!« Das Kleinkind wird dadurch oftmals beruhigt: Mama denkt nicht, dass es ein Notfall ist; es gibt sogar ein Wort für diese Welle, die es übermannt. Werden die Kinder allerdings älter, macht es sie nur noch wütender, wenn man ihnen sagt, wie sie sich fühlen. Wie die meisten von uns Erwachsenen wollen auch sie nicht analysiert oder manipuliert werden; sie wollen sehen, dass wir ihre Sicht der Dinge verstehen. Stellen Sie sich einmal vor, Sie wären verärgert und Ihr Partner würde immer nur wiederholen: »Du bist sehr traurig und frustriert!«Man muss dem Gefühl nicht immer einen Namen geben. Die Sicht des Kindes zu verstehen reicht aus: »Es tut mir leid, dass du aufgewacht bist und feststellen musstest, dass Papa mit deinem Bruder zum Einkaufen gefahren ist … Ich weiß, dass du gerne mitgefahren wärst.«Wenn Kinder größer werden, reicht ein einfacher Satz wie »Ach Schatz, es tut mir leid, dass es so schwer ist« aus, um zu vermitteln, dass Sie mitfühlen.Und Sie müssen Ihrem Kind, während es gerade einen Wutanfall hat, natürlich nicht sagen, wie traurig und wütend es ist. Jegliche Worte werden seine Wut nur steigern. Das Einzige, was es wissen muss, ist, dass es sicher ist und dass Sie da sind und es umarmen, wenn es dazu bereit ist.
4 »Ich fühle mit ihr, aber dann ist sie immer noch verärgert.« Empathie hilft uns, die Sicht unseres Kindes zu verstehen und uns mit ihm zu verbinden. Manchmal reicht das aus, um seine Emotionen zu entschärfen. Aber wenn das Kind eine Reaktion zeigt auf das, was ein großes Problem in seinem Leben darstellt, kann es eventuell nur dann die Emotion bewältigen, wenn wir es bei der Lösung des Problems unterstützen: »Du bist verärgert, weil deine kleine Schwester immer Sachen aus deinem Puppenhaus nimmt. Lass uns einen Platz suchen, an dem du ungestört damit spielen kannst und der für deine Schwester nicht zu erreichen ist.«Manchmal braucht unser Kind unsere Unterstützung, um das Problem selbst lösen zu können: »Du bist so wütend auf deinen Bruder. Ich glaube, er sollte hören, wie du dich