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Eckhard Lange
Die Niebelsaga
Roman nach Motiven des Nibelungenliedes
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Inhaltsverzeichnis
1. Der Besuch
Ez wuohs in Burgonden ein vil edel Magedin
daz in allen Landen nicht schöners mochte sin,
Kriemhilt geheizen. Sie wart ein schöne Wip,
dar umbe muosen Degene vil verliren den Lip
(aus dem Nibelungenlied)
Er stand eines Tages einfach vor der Tür. "Hallo! Ich bin der Siggi. Ich bin der Freund von Hilla," sagte er zu dem etwas dicklichen jungen Mann, der ihm geöffnet hatte. Der schaute erstaunt, irritiert, befremdet. Sein fülliges Gesicht unter dem dichten, aber kurzgehaltenen Haarschopf drückte Ablehnung aus, und er hielt die Tür noch immer nur halb geöffnet, bereit, sie jederzeit wieder zu schließen. Aber der schlaksige junge Mann in künstlich gealterten Jeans, der sich Siggi genannt hatte, wand sich mühelos durch die schmale Öffnung, tauchte unter dem Arm des anderen hindurch und trat in die geräumige Halle, die düster und eichengetäfelt den Mittelpunkt der gründerzeitlichen Villa bildete.
"Ich finde sie allein. Sie hat mir den Weg bestens beschrieben," rief er über die Schulter zurück und fügte dann hinzu: "Du bist doch dieser Typ von Schreibtischtäter, stimmts?" Und die Verachtung für diese Menschen, die korrekt und höflich, arbeitsam und damit total langweilig waren, ließ sich deutlich heraushören. Das war der Beginn einer erbitterten Feindschaft, ehe die beiden auch nur wußten, warum sie sich bekämpfen würden, bekämpfen mußten noch über das tödliche Ende hinaus.
Siggi und Hagen - so nämlich hieß der Türöffner: Verschiedener können Menschen kaum sein. Woher Siggi kam, was er eigentlich machte, wenn er nicht in irgend- welchen Szenekneipen oder Edeldiskos herumhing - wer wußte das schon? Nicht einmal Hilla wußte das, und doch war sie diesem jungenhaft-abschätzigen Grinsen, dieser ausschweifenden Gebärdensprache, dieser zugegebenermaßen ziemlich plumpen Anmache sofort erlegen, als er sich einfach neben sie auf einen Barhocker schwang, der eigentlich von einem ihrer Freunde besetzt war. Sie hatte auch