Walter Brendel

Der Silberschatz der Fugger


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Jakob Fugger, Albrecht Dürer (um 1519)

      Jakob Fugger hatte sechs ältere Brüder. Andreas und Hans starben jung in Venedig, ebenso Peter 1473 in Nürnberg. Sein Bruder Markus war Geistlicher, ab 1470 Schreiber in einer päpstlichen Kanzlei in Rom, wo er 1478 verstarb. Die verbleibenden Brüder Ulrich (1441–1510) und Georg (1453–1506), schufen die Grundlagen für den europaweiten Aufstieg der Firma. Sie gründeten um 1470 Faktoreien in den wichtigen Handelszentren Venedig und Nürnberg. Kredite Ulrich Fuggers an den Habsburger Kaiser Friedrich III. sollen die Ursache dafür sein, dass den Fuggern 1473 vom Kaiser das Lilienwappen verliehen wurde.

      Bis zum Jahr 2009 waren Historiker davon ausgegangen, dass Jakob Fugger, der als 12-Jähriger die niederen Weihen erhalten hatte, bis 1478 als Kanonikus im mittelfränkischen Stift Herrieden gelebt habe. Ein Dokument aus dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien belegt allerdings, dass Jakob Fugger bereits 1473, also im Alter von 14 Jahren, die Fugger in Venedig vertrat. Die neuere Forschung geht davon aus, dass Jakob Fugger von 1473 bis 1487 überwiegend am Fondaco dei Tedeschi, dem Haus der deutschen Kaufleute in Venedig, tätig war. Venedig war nicht nur die Handelsdrehscheibe für den Mittelmeerraum. Die Lagunenstadt ermöglichte Jakob Fugger zudem eine fundierte Ausbildung im Bankwesen und vor allem im Metallgeschäft.

      Frühe Geschäfte im Montanwesen tätigte Jakob Fugger bei Salzburg. Den selbstständigen Silbergrubenbesitzern der Salzburger Schieferalpen, die ständigen Kapitalbedarf hatten, lieh er Geld. Dafür ließ er sich jedoch nicht – wie es üblich gewesen wäre – Schuldscheine ausstellen, sondern forderte Kuxe (eine Art von Aktienbeteiligung am Vermögen einer bergrechtlichen Gewerkschaft) und konnte über diese Beteiligung immer mehr Bergbauunternehmer im Raum Gastein und Schladming zwingen, das Silber direkt an die Fugger zu verkaufen, statt es an Zwischenhändler abzugeben.

      Jakob Fugger war für die Fugger‘schen Geschäfte auf der Linie Augsburg – Tirol – Venedig – Rom verantwortlich. Um 1485 gründeten die Fugger auch eine Faktorei in Innsbruck (Faktorei ab 1510 in Hall, ab 1539 in Schwaz). Dort kam Jakob Fugger 1485 durch einen kleinen Kredit erstmals mit dem Tiroler Landesherrn Erzherzog Sigmund ins Geschäft. Dieser Habsburger hatte als alleiniger Eigentümer des Tiroler Bergregals Abbaurechte an private Grubenpächter vergeben, die einen Teil der Erträge als Pachtzahlung an Sigmund abzuführen hatten.

      Obwohl der Herzog aus diesem Geschäft über Einkünfte verfügte, die ihm den Beinamen „der Münzreiche“ eintrugen, war er ständig in Geldnot. Seine verschwenderische Hofhaltung, die Versorgung von zahlreichen unehelichen Kindern und seine umfangreiche Bautätigkeit machten die Aufnahme immer neuer Darlehen notwendig. Als ein Schadensersatz von 100.000 Gulden fällig wurde, der als Kriegsfolge an Venedig zu zahlen war, sprang Jakob Fugger als Geldgeber ein.

      1488 beliefen sich die Kreditverbindlichkeiten des Herzogs gegenüber den Fuggern auf über 150.000 Gulden. Jakob Fugger zahlte die Gelder nicht an den Fürsten selbst aus, sondern an die Gläubiger. Hofstaat und Handwerker erhielten ihre Entlohnung direkt und pünktlich von den Fuggern. Den Fuggern stand in der Folge „zeitweilig alles Silber und Kupfer“ zu. 1517 beschafften die Fugger im Gegenzug zum Beispiel rund die Hälfte des Tiroler Staatshaushaltes. Ein Tiroler Chronist schrieb: „ in diesem Land ist Alles versetzt, was Geld beträgt, die Fugger von Augsburg haben das große Gut zu Schwaz inne und ziehen daraus jährlich 200.000 Gulden“. Bei solchen Klagen wurde freilich übersehen, dass es Maximilian I. war, der (mit wenigen Ausnahmen) „alle einträglichen Herrschaften und Gerichte“ verpfändete und daraus Nutzen zog.

      Matthäus Schwarz war der Hauptbuchhalter der Fugger-Gesellschaft und Vertrauter der Familie. Nach seiner Kaufmannslehre in Mailand und Venedig, wo er Kenntnisse in Buchhaltung erwarb, bekam er im Jahr 1516 eine Anstellung bei Jakob Fugger.

      Die Ausweitung der höchst riskanten, wenn auch äußerst lukrativen geschäftlichen Verbindung der Fugger zu Maximilian I. ist ohne Zweifel auf Jakob zurückzuführen. Auf seiner Einschätzung, das Haus Habsburg sei das für die Zukunft in Deutschland maßgebende Geschlecht, beruhte die Entscheidung, den gleichaltrigen Herrscher finanziell und damit machtpolitisch zu unterstützen. Jakob Fugger begegnete dem jungen römisch-deutschen König zum ersten Mal 1489 auf der Frankfurter Messe. Damals waren seine Pläne hinsichtlich des noch selbständigen Herzogtums Tirol bereits mit des Königs Kanzler Johann Waldner abgesprochen. Als am 16. März 1490 Herzog Sigmund und die Tiroler Landstände zusammenkamen, war nicht zufällig auch König Maximilian anwesend. Auf Druck der Stände, die ihm Misswirtschaft vorwarfen, musste Sigmund zugunsten Maximilians abdanken, der sich verpflichtete, alle Kredite des Vorgängers zurückzuzahlen.

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      Jacob Fugger (rechts) im Kontor, der „Goldenen Schreibstube“, mit seinem Hauptbuchhalter Matthäus Schwarz

      Damit wurden die Fugger zu einem der wichtigsten Geldgeber Maximilians, der seit 1486 Mitregent im Heiligen Römischen Reich war. Maximilian wurde 1493 nach dem Tode seines Vaters Friedrich III. allein regierender römisch-deutscher König. Maximilian, „der letzte Ritter“, wie er auch genannt wurde, wurde früher als „der schlechteste Haushalter aller Habsburger und verschwenderisch bis an die Grenzen des Wahnsinns“ angesehen. Dieses Urteil wird heute differenzierter betrachtet: Trotz aller finanziellen Schwierigkeiten und zahlreicher gescheiterter politischer Projekte wird anerkannt, dass Maximilian I. letztlich seine Pläne verwirklichen konnte.

      Am 15. Juli 1507 verkaufte der römisch-deutsche König Maximilian I. an Jakob Fugger die bei Ulm gelegene Grafschaft Kirchberg, die angrenzende Herrschaft Weißenhorn mit der dazugehörigen Stadt sowie die Herrschaften Wullenstetten und Pfaffenhofen an der Roth aus habsburgischem Besitz in Vorderösterreich. Dafür erhielt der Habsburger, der sich 1508 in Trient selbst zum Kaiser proklamierte, 50.000 Gulden. 1508 verkaufte Maximilian I. auch die Hofmark Schmiechen an Jakob Fugger, 1514 die Herrschaft Biberbach. Kaiser Maximilian I. erhob Jakob Fugger 1511 in den Adelsstand und ernannte ihn 1514 zum Reichsgrafen, damit der Augsburger Bürger seine Herrschaft ohne Widerstände aus dem Adel ausüben konnte.

      Zum Ende seines Lebens hatte sich Maximilian I. derart stark bei Jakob Fugger verschuldet, dass der Augsburger Bankier wohl gar nicht mehr anders konnte, als die Habsburger weiter zu unterstützen, um so seine Forderungen zu sichern.

      Wohl auf Drängen Jakob Fuggers wurde die Firma 1494 in eine der ersten offenen Handelsgesellschaften Europas (der compagnia palese des welschen Rechts) umgewandelt. Gleichzeitig erfolgte die Namensänderung in „Ulrich Fugger und Gebrüder von Augsburg“, um die Gleichberechtigung der drei beteiligten Brüder in geschäftlichen Fragen anzuzeigen. An dieser Entwicklung lässt sich der erheblich gestiegene Einfluss Jakobs innerhalb des Unternehmens ablesen. Wohl schon seit den späten 1480er Jahren bestimmte Jakob Fugger mehr und mehr die Firmenpolitik, wenngleich der älteste Bruder Ulrich nach außen stets das Unternehmen leitete. Darauf deutet hin, „dass die Tiroler Quellen fast durchgängig von Jakob Fuggers Gesellschaft sprechen und dass später auch die zentralen Verträge des Ungarischen Handels von ihm geschlossen wurden“.

      Das enorme Wachstumspotential im Bergbau und Erzhandel nutzte Jakob Fugger in den folgenden Jahren äußerst gewinnbringend. Als Sicherheit für Darlehen, die er den Habsburgern und auch dem König von Ungarn gegeben hatte, ließ er sich Bergwerkserträge in Tirol (Schwazer Bergbau) und Bergwerksrechte in Oberungarn übertragen. Auf diese Weise erwarb das Montanunternehmen schließlich im Heiligen Römischen Reich eine dominierende Stellung im Handel mit Kupfer.

      Mit ihrem Geschäftspartner Hans Thurzó gründeten die Fugger 1494 den „Ungarischen Handel“. Johann Thurzo, entstammte der Patrizierfamilie Thurzo und wuchs in der Zips auf. Nach Abschluss seiner Studien in Padua investierte er erfolgreich in den niederungarischen Erzbergbau und betrieb Handel mit Gold und Silber. Im Jahr 1463 ließ er sich in Krakau nieder, wo er 1477 Ratsherr wurde. 1469 errichtete er in Mogiła ein Hüttenwerk und gründete 1475 eine Bergbaugewerkschaft, zu der zahlreiche Bergwerke in der heutigen Mittelslowakei, in Mähren und in Schlesien gehörten. Am 14. September 1478 kaufte er sich auch in das Rammelsberger Silberbergwerk bei Goslar ein. 1495 schloss er einen Vertrag mit Jakob Fugger über einen gemeinsamen Betrieb eines Kupferbergwerks in Neusohl in Ungarn. Als