Joseph von Eichendorff

Gesammelte Werke


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Unter fremdes Volk verschlagen,

       Arm und ausgehöhnt, verraten,

       Hat er treu sich durchgeschlagen,

       Eingedenk der Heldentaten

       Und der großen alten Zeiten,

       Bis er, ganz von Wahnsinn trunken,

       Endlich so nach langem Streiten

       Seine Brüder hat gefunden.

      Einen wunderbaren Hofstaat

       Die Prinzessin dorthin führet,

       Hat ein'n wunderlichen Alten,

       Der das ganze Haus regieret.

       Einen Mantel trägt der Alte,

       Schillernd bunt in allen Farben

       Mit unzähligen Zieraten,

       Spielzeug hat er in den Falten.

       Scheint der Monden helle draußen,

       Wolken fliegen überm Grunde:

       Fängt er draußen an zu hausen,

       Kramt sein Spielzeug aus zur Stunde.

       Und das Spielzeug um den Alten

       Rührt sich bald beim Mondenscheine,

       Zupfet ihn beim langen Barte,

       Schlingt um ihn die bunten Kreise,

       Auch die Blümlein nach ihm langen,

       Möchten doch sich sittsam zeigen,

       Ziehn verstohlen ihn beim Mantel,

       Lachen dann in sich gar heimlich.

       Und ringsum die ganze Runde

       Zieht Gesichter ihm und rauschet,

       Unterhält aus dunklem Grunde

       Sich mit ihm als wie im Traume.

       Und er spricht und sinnt und sinnet,

       Bunt verwirrend alle Zeiten,

       Weinet bitterlich und lachet,

       Seine Seele ist so heiter.

      Bei ihm sitzt dann die Prinzessin,

       Spielt mit seinen Seltsamkeiten,

       Immer neue Wunder blinkend

       Muß er aus dem Mantel breiten,

       Und der wunderliche Alte

       Hielt sie sich bei seinen Bildern

       Neidisch immerfort gefangen,

       Weit von aller Welt geschieden.

       Aber die Prinzessin wurde

       Mitten in dem Spiele bange

       Unter diesen Zauberblumen,

       Zwischen dieser Quellen Rauschen.

       Frisches Morgenrot im Herzen

       Und voll freudiger Gedanken,

       Sind die Augen wie zwei Kerzen,

       Schön die Welt dran zu entflammen.

       Und die wunderschöne Erde,

       Wie Aurora sie berühret,

       Will mit ird'scher Lust und Schmerzen

       Ewig neu sie stets verführen.

       Denn aus dem bewegten Leben

       Spüret sie ein Hochzeitsgrüßen,

       Mitten zwischen ihren Spielen

       Muß sie sich bezwungen fühlen.

       Und es hebt die ewig Schöne,

       Da der Morgen herrlich schiene,

       In den Augen große Tränen,

       Hell die jugendlichen Glieder.

       Wie so anders war es damals,

       Da mich, bräutlich Ausgeschmückte,

       Aus dem heimatlichen Garten

       Hier herab der Vater schickte!

       Wie die Erde frisch und jung noch,

       Von Gesängen rings erklingend,

       Schauernd in Erinnerungen,

       Helle in das Herz mir blickte,

       Daß ich, schamhaft mich verhüllend,

       Meinen Ring, von Glanz geblendet,

       Schleudert' in die prächt'ge Fülle,

       Als die ew'ge Braut der Erde.

       Wo ist nun die Pracht geblieben,

       Treuer Ernst im rüst'gen Treiben,

       Rechtes Tun und rechtes Lieben

       Und die Schönheit und die Freude?

       Ach! ringsum die Helden alle,

       Die sonst schön und helle schauten,

       Um mich in den lichten Tagen Durch die Welt sich fröhlich hauten, Streckten steinern nun die Glieder, Eingehüllt in ihre Fahnen, Sind seitdem so alt geworden, Nur ich bin so jung wie damals. Von der Welt kann ich nicht lassen, Liebeln nicht von fern mit Reden, Muß mit Armen warm umfassen! Laß mich lieben, laß mich leben!'

      Nun verliebt die Augen gehen

       Über ihres Gartens Mauer,

       War so einsam dort zu sehen

       Schimmernd Land und Ström' und Auen.

       Und wo ihre Augen gingen:

       Quellen aus der Grüne sprangen,

       Berg und Wald verzaubert standen,

       Tausend Vögel schwirrend sangen.

       Golden blitzt es überm Grunde,

       Seltne Farben irrend schweifen,

       Wie zu lang entbehrten Feste

       Will die Erde sich bereiten.

       Und nun kamen angezogen

       Freier bald von allen Seiten,

       Federn bunt im Winde flogen,

       Jäger schmuck im Walde reiten.

       Hörner lustig drein erschallen

       Auf und munter durch das Grüne,

       Pilger fromm dazwischen wallen,

       Die das Heimatsfieber spüren.

       Auf vielsonn'gen Wiesen flöten

       Schäfer bei schneeflock'gen Schafen,

       Ritter in der Abendröte

       Knieen auf des Berges Hange,

       Und die Nächte von Gitarren

       Und Gesängen weich erschallen,

       Daß der wunderliche Alte

       Wie verrückt beginnt zu tanzen.

       Die Prinzessin schmückt mit Kränzen

       Wieder sich die schönen Haare,

       Und die vollen Kränze glänzen

       Und sie blickt verlangend nieder.

      Doch die alten Helden alle,

       Draußen vor der Burg gelagert,

       Saßen dort im Morgenglanze,

       Die das schöne Kind bewachten.

       An das Tor die Freier kamen

       Nun gesprengt, gehüpft, gelaufen,

       Ritter, Jäger, Provenzalen,

       Bunte, helle, lichte Haufen.

       Und vor allen junge Recken

       Stolzen Blicks den Berg berannten,

       Die die alten Helden weckten,

       Sie vertraulich Brüder nannten,

       Doch wie diese uralt blicken,

       An die Eisenbrust geschlossen