Plötzlich standen zwei Uniformierte vor uns. Sie rochen gut und lächelten mich freundlich an. Ich stand immer noch im Brunnen, und beim Anblick ihres Lächelns, das ihre weissen Zähne zum Vorschein brachte, fing ich an zu frösteln. Ich sah das freundliche Lächeln nicht mehr, ich sah nur noch, dass ihre Hände mich packen und aus dem Brunnen heben wollten. Mir war, als stünde ich auf dem Tisch, und ich fing an zu schreien. Ich wollte nicht aus diesem Brunnen, ich wollte nicht angefasst werden. Da konnten sie noch so gut riechen und eine Uniform tragen, das nützte mir nichts. Ehe ich mich versah, fand ich mich schreiend in einem Auto wieder, und das ängstigte mich noch mehr, denn ich war noch nie in so einem Ding gefahren. Der Gestank des Autos kam mir verdächtig vor. Ich schrie vor lauter Verzweiflung, aber es half mir nicht weiter. Einer der Männer drückte mich auf seinen Schoss und hielt mich fest in seinen kräftigen Armen, die mir fast den Atem nahmen. Ich kam mir vor wie eine Zitrone, die ausgepresst wird, und konnte keinen Widerstand leisten. Ich schrie bis zur Erschöpfung, die mich lähmte und ruhig werden liess. Ich ergab mich diesen kräftigen Armen, liess sogar meinen Kopf auf seine Brust sinken und spürte dort ein schnelles Pochen, das mich ganz zur Ruhe brachte.
Arabat hingegen hatte Freude an seiner ersten Autofahrt, die uns nach Hause zu Mutter Lilith brachte. Als die Autotür geöffnet wurde, hielt der Uniformierte mich immer noch fest in den Armen. Ich war froh, von ihm getragen zu werden, denn ich spürte meine Beine nicht mehr und meine Füsse hätten mich nicht getragen, so erschöpft war ich. Der andere Mann führte Arabat an der Hand und klingelte an der Haustür. Mutter Lilith öffnete, und als sie uns mit den beiden Männern erblickte, begannen ihre Augen zu funkeln. Sie riss mich aus den Armen des Uniformierten und zog auch Arabat zu sich heran. Sie schrie, stampfte und schnaubte wie ein Wildschwein. Sie stellte uns so grob in die Wohnung, dass ich hinfiel und mir wehtat.
Die beiden Männer wollten sie besänftigen, ihre Stimmen klangen für mich wie ein Lied. Je sanfter dieses Lied für mich klang, desto mehr erzürnte es aber Mutter Lilith. Ihr Körper bebte, ebenso ihre Stimme, die sich überschlug. Sie kreischte, und ihre Hände fuchtelten durch die Luft. Ich stellte mir vor, wie sie gleich vom Boden abheben würde, und liess mich von diesem Gedanken treiben, bis die Tür knallte und mich in die Wirklichkeit zurückholte. Mutter Lilith stand da, den Rücken fest an die Tür gepresst. Sie bebte noch immer am ganzen Körper, dessen Hitze mir entgegenströmte. Plötzlich brach sie wie ein Sandberg in sich zusammen, schluchzte und kam mir nicht mehr so stark vor. Auch die Hitze war weg, und ich hätte Mutter Lilith mit dem kleinen Finger umstossen können. Ich stand da und sah sie an und verstand gar nichts von diesem Leben, auch wenn ich noch so viel darüber nachdachte.
Als sich Mutter Lilith von dem Schrecken erholt hatte und uns wieder anlächeln konnte, stellte sie das Radio ein. Musik ertönte, und sie sang mit. Immer wenn sie mitsang, hiess das für mich, dass ich bald auf dem Küchentisch tanzen musste. Ich fügte mich und stieg auf den Tisch, zur Freude meiner Mutter, die ganz entzückt war von meinem kindlichen Tanz.
*
Nach dem Besuch der Uniformierten zogen wir noch am gleichen Tag weg in einen anderen Kanton. Wir durften nichts mitnehmen, liessen alles stehen und liegen – nicht einmal unsere Spielsachen packte Mutter Lilith ein. Wieder brachen wir in ein frei stehendes Haus ein, abseits vom Dorf, wo wir keinen Kontakt mit der Bevölkerung hatten. Auch keinen Strom, das Kerzenlicht musste genügen. Und alle Wasserhähne waren versiegelt. Wasser holten wir mit dem Eimer aus dem Fluss.
Dank einem der vielen Männer, die Mutter Lilith kannte, zogen wir von dort bald weiter an einen Ort, wo wir wieder Licht und Wasser hatten. Wichtig war, dass wir eine Bleibe weit weg von den anderen Bewohnern hatten. So konnte meine Mutter den Männern ihre Dienste anbieten, ohne die Harmonie der Gemeinde zu stören. Sobald wir jeweils einen Ort fanden, wo wir bleiben durften, lud meine Mutter all ihre Herren und auch neue zu einem ausschweifenden Abend ein. Ich wurde dann am Nachmittag davor gewaschen, und meine Haare wurden zurechtgemacht, sodass sie leicht und luftig waren und gut rochen. Mir war immer angst und bange, und mein kleines Herz wurde schwer, es fühlte sich an, als rutschte es in mir hinunter. Dann konnte ich nicht Pipi machen vor Angst, mein kleines Herz könnte mit hinauswollen.
Am Anfang stand ich in einem schönen, geblümten, orangefarbenen Kleidchen da, auf das ich stolz war, in weissen Kniesöckchen und hellblauen Lackschuhen. Mein rotblondes Haar war zu zwei kleinen, lockigen Schwänzchen hochgebunden, manchmal auch nur zu einem. Für solche Abende hatte ich auch ein besonderes Höschen, das mir sehr gut gefiel, denn hinten hatte es rosa Rüschen. Was ich anhatte, zogen andere Mädchen an Festtagen und für die Kirche an, um niedlich auszusehen. Warum durfte ich nicht auch am Tag niedliche Kleider tragen, warum nur in der Nacht und für Mutter Lilith und ihre Welt? Ihre Welt war doch nicht meine!
Auf dem Tisch tanzend in der Tiefe der Nacht, bei lautem Männergesang und schlechtem Geruch, holte ich die Dämonen herbei, damit diese Teufelin sie voll und ganz befriedigen konnte. Meine Mutter zog mich Stück für Stück aus und trieb es vor meinen Augen. Wenn sie und der Mann sich der Lüsternheit hingaben, richteten beide ihre Augen auf meinen kleinen Körper, sie lächelnd und der Mann voller Lust, wie ein Stier stossend und mit tiefem Geröhre!
Das reizvolle Höschen mit den Rüschen durfte ich je nach Kundschaft länger oder weniger lang tragen, bis es mir ebenfalls ausgezogen wurde. Dann legte mich meine Mutter auf den Tisch und eine Kälte überkam mich und meine Kinderseele verliess diesen kalten Körper und meine Augen sahen von der Decke herab dem Treiben dort unten zu, denn die Dämonen hatten nun freie Bahn, sie durften sich an dem Frischfleisch vergehen, jeder auf seine Weise. Meine Mutter schaute dem Treiben in ihrer rot-schwarzen Reizwäsche zu.
Wenn meine Seele zu langsam war, um sich von mir zu entfernen, und meine Augen bei mir blieben und nicht zur Decke hochgingen, dann taten die Männerpranken meinem Körper weh. Die Gummis, die mein Haar zusammenhalten sollten, wurden mir vom Kopf gerissen. Das sanfte Streicheln wurde grob, aus den Berührungen wurden Schläge. Meine Händchen wurden zu Fliessbandarbeiterinnen an ihren prallen Würsten, und die Flüssigkeit, die sich über mich ergoss, rieben sie in meinen Körper ein und leckten ihn dann ab. Ich wurde zum Leckerbissen. Wenn ich meine Beinchen nicht spreizen wollte, tat es Mutter Lilith für mich, und wenn ich zu schreien anfing, gab sie mir einen Klaps. Eine blaue Büchse mit fettiger Creme lag immer griffbereit. Es schmerzte dann weniger beim Einführen der Finger. Meistens war der erste Finger, der in mich eindrang, der meiner Mutter, dann kamen andere nach. Sie bedienten sich an allen drei Öffnungen meines Körpers, die beliebteste war die kleine Scheide, dann der Mund und der After. Der war nicht so beliebt, weil ich schnell blutete. Meine Seele und meine Augen lernten mit der Zeit, vor den Fingertaten das Weite zu suchen, und so fühlte ich keinen Schmerz. Von den Kunden durfte keiner seine Wurst in den After oder die Scheide stecken, dafür war Mutter Lilith zuständig. Mein kleiner Mund musste den Männern genügen.
Manchmal, wenn die Dämonen Durst hatten oder rauchen mussten, hatten mein Körper und ich eine Pause. Dann kamen meine Seele und meine Augen zurück. Ich lag da, in Schmerzen gebadet, während die Mutter mit den anderen rauchte und trank. Kälte und Hitze plagten meinen Körper abwechselnd weiter, am schlimmsten waren die Krämpfe in Bauch, After und Scheide, als würde ein Messer mich zerschneiden. Das heftige Pochen meines kleinen, gebrochenen Herzens erinnerte mich daran, dass ich noch lebte. Und manchmal gelang es mir, wenn ich noch die Kraft dazu hatte und wieder auf den Füssen stehen konnte, die Dämonen und ihre Hölle unbemerkt zu verlassen. Wenn ich die Kraft dazu nicht mehr hatte, wurde mein Kinderkörper weiter geschunden, über Stunden, die nicht vergehen wollten. Wenn ich das Zwitschern der Vögel hören konnte oder ein kleines Licht der Dämmerung erkannte, dann wusste ich, dass es bald vorbei sein würde.
Nach solchen Höllennächten schlief ich oft auf dem Tisch ein. Meine Mutter fand es nicht nötig, mich ins weiche Bett zu legen, sie deckte mich nur zu und überliess mich dem Morgen und seinen Armen. Sie aber legte sich mit einem der Gäste oder der Zuhälter ins weiche Bett und stand nur noch auf, um die Tür für einen Freier zu öffnen und sich dann gleich wieder hinzulegen. So missbraucht und geschunden, wie ich einschlief, wachte ich auch auf und konnte diesen Dreck nicht abwaschen. Arabat holte mich meistens in den Tag. Und wenn ich mein Herz dann immer noch rennen hörte, wusste ich, dass ich noch lebte, dass ich noch riechen und hören konnte, dass Arabat mein Bruder war, dass ich einen Vater hatte,