Tingxiao Lei

Definitheit im Deutschen und im Chinesischen


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      Eigennamen oder NPn mit Demonstrativa können auch als Prädikative fungieren, sie sind immer referentiell:

      2.1.3.2 Objekt-NPn in zweisilbigen Verb-Objekt-Konstruktionen

      Unter zweisilbigen Verb-Objekt-Konstruktionen werden solche Konstruktionen verstanden, die aus einem einsilbigen Verb und einem einsilbigen Objekt bestehen:

      Diese Konstruktion charakterisiert sich dadurch, dass das Verb und sein Objekt sowohl direkt nebeneinander als auch getrennt voneinander auftreten können. Deswegen werden sie in der chinesischen Grammatik als liheci (wörtlich ‚trennbare zusammengesetzte Wörter‘) bezeichnet. In der Literatur ist umstritten, ob solche Konstruktionen als Komposita oder als Verbalphrasen behandelt werden sollen. Da ihre Abgrenzung zu Verbalphrasen unscharf ist, lässt sich ihr Bestand nicht genau angeben.1

      Verb-Objekt-Konstruktionen können in der Regel durch Aspektartikeln (32), Komplemente (chin. buyu) (33a, b), Attribute (35a, b) oder Num+Kl (36a, b) erweitert werden (Q.-H. Yang et al. 1995), außerdem ist es bei meinen Konstruktionen sogar möglich, die Objekt-NP in eine präverbale Position zu verschieben (34).

      Aspektpartikeln drücken Aspekte der Handlung aus, z.B. ob sie vollendet ist (die aktuelle Aspektpartikel le) oder in der Vergangenheit schon einmal stattgefunden hat (die experimentale Aspektpartikel guo) oder andauert (die durative Aspektpartikel zhe):

      Mit dem Begriff Komplement (chin. buyu) werden im Chinesischen Prädikatergänzungen gemeint. Sie kennzeichnen bei Verben das Resultat, die Richtung, den Grad etc. einer Handlung. Dazu zählen z.B. das Komplement des Resultats wie wan ‚fertig‘ in 33a und das Komplement der Häufigkeit wie z.B. liang ci in 33b:

      Wie bereits erwähnt ist es bei manchen Verb-Objekt-Konstruktionen möglich, die Objekt-NP in eine präverbale Position zu verschieben:

      Zudem kann die Objekt-NP in bestimmten Konstruktionen durch NPn oder Adjektive modifiziert werden, z.B. yi ge xiaoshi ‚eine Stunde‘ in 35a, da ‚groß‘ in 35b:

      Die Objekt-NPn in 35a und b sind nicht erfragbar, obwohl sie durch Attribute erweitert werden können. Man kann nur nach dem gesamten Sachverhalt fragen, nicht aber nach dem scheinbaren Objekt. Das heißt, dass diese NPn mit dem Verb eine Einheit bilden.

      Darüber hinaus gibt es Verb-Objekt-Konstruktionen, die sich durch Num+Kl erweitern lassen:

      Wenn das Verb und die Objekt-NP direkt nebeneinander stehen, bilden sie zusammen ein Prädikat und die NP ist nicht referentiell. Wenn sie durch die obengenannten Elemente getrennt werden, ist aber eine referentielle Interpretation möglich. Zum Beispiel scheinen 36a und b dieselbe Struktur zu haben, aber die Objekt-NP in 36b ist erfragbar, die in 36a dagegen nicht, wie Beispiele 37a und b zeigen:

      Yi ge in 36a erfüllt genauer gesagt die Funktion, das komplexe Prädikat xi zao ‚baden, duschen‘ zu modifizieren. Das lässt sich auch an der deutschen Übersetzung erkennen: Während yi ge ‚ein+Kl‘ in 36a mit dem Adverb einmal übersetzt wird, ist yi zhang ‚ein+Kl‘ in 36b mit dem indefiniten Artikel ein wiedergegeben.

      2.1.3.3 Sonstiges

      Genau wie im Deutschen sind NPn in idiomatischen Wendungen (s. Beispiel 204a und b, Seite 158) sowie NPn, die eine Quantitätsbestimmung enthalten (38a und b) im Chinesischen qualitative Ausdrücke:

      2.2 Spezifizität

      Das Konzept der Spezifizität wird zur Unterscheidung verschiedener Verwendungen oder Lesarten der indefiniten NPn verwendet. In der Literatur wird Spezifizität mit verschiedenen Faktoren in Verbindung gesetzt, z.B. Skopus, Sprecherintention, Diskurskohärenz, Partitivität, Präsuppositionalität, dem Kontrast zwischen schwachen und starken Quantoren, Topikalität oder Diskurseigenschaften wie Topikkontinuität und referentielle Persistenz oder noteworthiness (von Heusinger 2011:996). Von Heusinger (2011) unterscheidet z.B. zwischen 7 Subtypen von Spezifizität, während andere Sprachwissenschaftler nur einige davon unter diesem Begriff subsumieren. Es ist außerdem sehr schwierig, alle Verwendungen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. In dieser Arbeit konzentriere ich mich auf zwei Grundtypen von Spezifizität, denen in der linguistischen Literatur am meisten Aufmerksamkeit geschenkt wird, nämlich die skopale und die epistemische Spezifizität.1 Im Folgenden werden die zwei Arten von Spezifizität anhand von Beispielen vorgestellt, zum Schluss wird das ihr zugrunde liegende Konzept erläutert.

      Skopale Spezifizität geht auf die formale Logik zurück und betrifft indefinite NPn in opaken Kontexten und indefinite NPn im Skopus von Quantoren (Farkas 2006).2 Indefinite NPn können weiten oder engen Skopus gegenüber einem Operator annehmen und dementsprechend eine spezifische oder eine nicht-spezifische Lesart bekommen.

      Im Falle einer spezifischen Interpretation hat die NP a Norwegian in 39 einen weiten Skopus bezüglich des intensionalen Verbs want, und zwar wird sie unabhängig vom Skopus des Verbs interpretiert. Mit dieser NP referiert der Sprecher auf eine bestimmte Norwegerin, deren Identität dem Sprecher möglicherweise bekannt ist (39a). Die NP a Norwegian kann aber auch im Skopus von want interpretiert werden, das heißt, dass sie einen engen Skopus hat und nicht-spezifisch ist. Dabei meint der Sprecher kein bestimmtes Individuum, sondern irgendeinen Referenten, der die Eigenschaft besitzt, die durch die NP ausgedrückt wird (39b). Bei 40 kann die NP a foreign language weiten Skopus über den Allquantor every haben, und zwar sprechen alle Studenten in dieser Klasse dieselbe Fremdsprache (40a). Diese NP kann aber auch engen Skopus haben, dann besteht eine Kovariation zwischen den gesprochenen Fremdsprachen und den Studenten in dieser Klasse (40b). Wenn die NP a misprint in 41 einen weiteren Skopus als die Negation hat, referiert sie auf einen bestimmten Druckfehler (41a), anderenfalls referiert sie auf irgendeine Entität, die die Eigenschaft besitzt, einen Druckfehler zu sein (41b).

      Die epistemische Spezifizität betrifft indefinite NPn in Kontexten ohne Operatoren jeglicher Art und hängt mit der referentiellen Intention des Sprechers zusammen. Wenn der Sprecher einen bestimmten Referenten im Sinn hat, ist die NP spezifisch; wenn er auf irgendein Objekt referiert, auf das der deskriptive Gehalt der NP zutrifft, ist die NP nicht-spezifisch.

      Im 42a hat der Sprecher einen bestimmten Referenten im Sinn und macht eine Behauptung über den Referenten. Dagegen behauptet der Sprecher in der nicht-spezifischen Lesart lediglich, dass die Menge von Studenten, die geschummelt haben,