der Angst, mit dem fremden Rhythmus nicht mithalten zu können. Teilung der Aufmerksamkeit als notwendige Fertigkeit für die Simultantechnik.
Ausführung und Empfehlungen
Ein Gruppenteilnehmer wird gebeten, den Text nach der zuvor geübten Methode vorzulesen. Mit den Augen werden die Sinneseinheiten erfasst, die erst mit Blickkontakt zum Publikum vorgetragen werden. Ein anderer Teilnehmer übersetzt den so vorgelesenen Text, indem er sich darauf konzentriert, seine Aufmerksamkeit zwischen dem geschriebenen und dem oralisierten Text hin und her pendeln zu lassen.
Selbstbewertung und Gruppenbewertung
Vorleser und Vom-Blatt-Dolmetscher werden zunächst nach den eigenen Eindrücken und nach eventuellen Schwierigkeiten gefragt.
Der Vom-Blatt-Dolmetscher wird dann um eine Bewertung der Kommunikationsqualität des Vorgelesenen gebeten. Haben z.B. der Rhythmus bzw. die Kohärenz des Vortrags seine Verdolmetschung erschwert oder erleichtert?
Nach Abspielen der Tonaufnahme wird die Gruppe um Bewertung gebeten. Bei dieser Übung können ebenfalls nach entsprechender Vereinbarung zwei Gruppenmitglieder ihre konstruktive Kritik zur Vorleseleistung oder Vom-Blatt-Verdolmetschung jeweils in Form von Kurzvorträgen äußern.
3.3 Vorschlag zur Unterrichtsgestaltung
Gruppengröße: maximal 12 Teilnehmer
Zeitraum: Allein-Übung unentbehrlich; täglich mind. 5 Minuten
Angabe des zu übersetzenden Textinhaltes in Ausgangs- und Zielsprache: mind. 90 Minuten
Inhaltsangaben in Ausgangs- und Zielsprache mit anschließender Vom-Blatt-Übersetzung: mind. 90 Minuten
Vom-Blatt-Übersetzen nach kurzem Überfliegen des Textes: mind. 90 Minuten
Vom-Blatt-Übersetzen von vorbereiteten Texten: mind. 90 Minuten
Nach den Modulen zu den Konsekutiv- und Simultantechniken werden Vorschläge zur Einbettung des Vom-Blatt-Übersetzens bzw. -Dolmetschens im Laufe einer Lehrveranstaltung angeboten.
Unterrichtsgliederung
Einführung (15–20 Minuten): Die Technik des Vom-Blatt-Dolmetschens wird beschrieben und ihre praktische Anwendung erklärt.
Übungswechsel (alle 20 Minuten): Um Motivation und Konzentration der Gruppe zu erhalten, sollten die Aufgaben im zwanzigminütigen Rhythmus variiert werden. Vor jeder Aufgabe ist genau zu erklären (ca. 5 Minuten), welche Fertigkeiten geübt werden sollen und inwiefern diese Fertigkeiten zum Erwerb der Technik beitragen. Ebenfalls im Vorfeld sollten genaue Empfehlungen gegeben werden.
Ausführung (max. 3 Minuten): Die Ausführung sollte dann nicht länger als 3 Minuten dauern. Alle Teilnehmer sind aktiv zu beteiligen, entweder als Übende oder als Bewerter.
Bewertung (max. 5 Minuten): Vor der möglichst kurz zu haltenden Bewertung sollte der Dozent immer wieder betonen, dass eine professionelle Zusammenarbeit wie in einer Werkstatt angestrebt wird. Nicht der Übende sondern das Übungsprodukt soll dabei konstruktiv bewertet werden.
Die Übenden sollten immer als erste über ihre Eindrücke befragt werden, damit die Gruppenmitglieder die eigenen Schwierigkeiten wie im Spiegel wahrnehmen können. Danach dürfen auch sie sich äußern.
Ausschließlich die klar angekündigte zu übende Fertigkeit ist zu bewerten. Wenn der Schwerpunkt auf den korrekten Redefluss oder Redegewandtheit gelegt wird, sollten z.B. Grammatikfehler in der Arbeitssprache nur nebenbei erwähnt werden.
Kritik sollte nie pauschal formuliert werden. Aussagen wie „Es ist schlecht!“ oder „exzellent!“ sind nicht zielführend. Der Dozent sollte Kritikpunkte oder immer wiederkehrende Fehler genau angeben und eine Verbesserung mit Übungsvorschlag anbieten. Jeder Fortschritt sollte lobend erwähnt werden.
3.4 Zur Vertiefung
Lambert, Sylvie, 2004. Shared Attention during Sight Translation, Sight Interpretation and Simultaneous Interpretation. Meta, 49 (2, June 2004), 1–12.
Laplace, Colette, 1998. La traduction à vue dans la formation de l’interprète de conférence : principes théoriques et approche didactique. T&T, Terminologie et Traduction, la revue des services linguistiques des institutions européennes, (2), 275–302.
Spilka, Irène, 1966. La traduction à vue instrument de formation. Meta : Journal des traducteurs/Meta Tanslators’ journal, 11 (2), 43–45.
In diesem Modul erzielte Kompetenz
Es erfolgte die Aneignung von zwei Techniken, die für das Gerichtsdolmetschen unentbehrlich sind und die auch in anderen Dolmetschsituationen immer unentbehrlicher werden. Die Teilnehmer sollten konsequent bis zur Verfestigung des Translationsvorganges üben:
Erfassung des Sinns mit den Augen,
Konzeptualisierung,
Neuformulierung als essentielle Vorbereitung auf die Simultantechnik,
Aneigung der immer wiederkehrenden Fachtermini durch die Textvorbereitung.
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