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Seitenblicke auf die französische Sprachgeschichte


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on the farther bank of the river, which flows by the lands of the savages. (Ammianus Marcellinus XVIII, 2, 1; 1950:122)

      Ausgerechnet der Ausdruck burgus wird hier allerdings nicht genannt; er findet sich jedoch bei einem anderen Autor, Vegetius, mit Bezug auf dasselbe Befestigungsprogramm. Vegetius empfiehlt in seinen Epitoma rei militaris (Ende des 4. Jhs.) die Sicherung von außerhalb der Siedlungen gelegenen Wasserstellen durch Mauern und weiterhin durch Errichtung kleiner Kastelle, die als burgus bezeichnet werden:

      […] castellum paruulum, quem burgum vocant, inter ciuitatem et fontem conuenit fabricari ibique ballistas sagittariosque constitui ut aqua defendatur ab hostibus (Flavius Vegetius Renatus IV, 10; 1885:135)

      […] es ist angebracht, zwischen Stadt und Quelle ein kleines Kastell zu errichten, das Burgus genannt wird, und dort Wurfmaschinen und Bogenschützen zu stationieren, damit das Wasser vor den Feinden verteidigt wird. (Übers. ThK.)

      In diesen Kontext der systematischen Grenzbefestigung gehören auch die beiden oben genannten Namen aus Pannonien sowie drei andere, im CIL (online) dokumentierte appellativische Verwendungen von burgus in römischen Bauinschriften; sie stammen allesamt direkt von der Reichsgrenze, nämlich aus Ybbs an der Donau (Noricum, CIL 03, 05670a), aus Etzgen am Hochrhein (Germania superior, CIL 13, 11538 ) und aus Esztergom (Pannonia superior, CIL 03, 03653). Der Bezeichnungstyp ist dann in der Neuzeit auch als terminus technicus in die provinzialrömische Archäologie eingegangen. Wichtiger ist jedoch in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass man genau in dem mit burgus bezeichneten spätrömischen Festungstyp den Vorläufer der mittelalterlichen Steinburgen sehen muss. David Thomas (2017; s.v. Burgus) weist darauf hin, dass nicht selten sogar eine unmittelbare Bebauungskontinuität in situ festgestellt werden kann: „Oft sind diese strategisch vorteilhaft gelegenen Befestigungen überlagert von mittelalterlichen Burgen.“

      3 Zur Kontaktgeschichte der romanisch-germanischen Kognaten

      Vor diesem sachgeschichtlichen Hintergrund kann der lexikologische Zusammenhang von lat. burgius/burgus (mitsamt den romanischen Kognaten fra. bourg, ita. borgo usw.) einerseits und deu. Burg (mitsamt den germanischen Kognaten dän./schwed. borg usw.) andererseits vernünftigerweise nicht bezweifelt werden. Es wurde deshalb, von Seiten der deutschen Latinistik, versucht, den lateinischen Typ aus dem Deutschen herzuleiten, wie z.B. von Otto Seeck (1897) in der Realencyclopädie der Altertumswissenschaften:

      Burgus, ein urdeutsches Wort, das allen germanischen Stämmen gemeinsam ist und sich schon in so alten Ortsnamen wie Asciburgium (Tac. h. IV 33; Germ. 3) findet. Die Römer haben es wohl von ihren barbarischen Grenznachbarn entlehnt; jedenfalls hat es mit dem griechischen πύργος nichts gemein. (Seeck 1897:1066)

      Zwar hat Seeck hier die Nähe zum griechischen πύργος ‚Turm (aus Stein)‘ gesehen; einen Zusammenhang lehnt er jedoch kategorisch, ohne jegliche Begründung ab. Seine Behauptung ist umso fragwürdiger, als Seeck genau von der Bedeutung ausgeht, die sich aus der Stelle bei Vegetius ergibt (castellum parvulum, quem burgum vocant; Veg. IV, 10). Da nach Auskunft der Archäologen damit turmartige, in jedem Fall steinerne Kleinfestungen bezeichnet werden, liegt die Nähe zum griechischen Wort jedoch auf der Hand, wie er einschlägige Artikel des LSJ bestätigt:

      πύργος, ὁ, tower, esp. such as were attached to the walls of a city, Il.7.219, al., Hes.Sc.242, Hdt.3.74, al., Th.2.17, al., Plb.5.99.9, etc.: in pl., city walls or ramparts with their towers, Il.7.338, 437; in sg., ἧντ’ ἐπὶ πύργῳ 3.153, cf. 22.447; πόλιος ἣν πέρι πύργος ὑψηλός Od.6.262; πέριξ δὲ πύργος εἶχ’ ἔτι πτόλιν E.Hec.1209; πύργους ἐπὶ τῶν γεφυρῶν ἐπιστῆσαι Pl.Criti.116a. (LSJ:online, s.v. πύργος)

      Das formal ähnliche und semantisch immerhin naheliegende lateinische burg(i)us könnte diese spezifischere, neue Bedeutung gut aus dem Griechischen entlehnt haben, denn die massivere Grenzbefestigung war keineswegs auf den germanisch-rätischen Limes beschränkt, sondern galt auch für den Donaulimes, wo sie sogar schon früher, unter Traian (Kaiser von 98–117 n. Chr.), durchgeführt wurde. Unabhängig von dieser relativ späten Bedeutungsentlehnung deutet die formale Ähnlichkeit der lateinischen und griechischen Wörter auf eine gemeinsame vorindogermanische (mediterrane?) Ausgangsform hin, wie auch Kluge 2012 (s.v. Burg) im Hinblick auf die Ähnlichkeit von griech. πύργος mit Pérgamos ‚Burg von Troja‘ vermutet.

      Jedenfalls war ein entsprechender, massiver Steinbautyp den Germanen vollkommen fremd; sie haben ihn ja, wie im übrigen die gesamte Steinbauweise, gerade von den Römern, oder im Fall der Goten eben von den Griechen übernommen; das gotische baurgs wird in Streitberg (1910:18) als ‚Turm‘, ‚Burg‘, jedoch „häufig“ als ‚Stadt‘, d.h. synonym mit griechisch πόλις glossiert; bevor die nomadisierenden Goten in Kontakt mit dem Griechentum gelangten, war auch ihnen die Steinbauweise ganz gewiss unbekannt: Die Entlehnung eines gotischen Worts dieser Bedeutung ins Griechische muss man daher ausschließen (so auch Kluge 2012). Gewiss ist der Bezeichnungstyp – umgekehrt – vom Griechischen ins Gotische gelangt. Die Goten haben sich bekanntlich recht schnell akkulturiert, wie schon ihre frühe Christianisierung zeigt.

      Lat. burgus in der Bedeutung ‚kleine, turmartige Grenzbefestigung in massiver Steinbauweise‘ lässt sich somit als charakteristische Bezeichnung des Lateins der spätkaiserzeitlichen Grenzgebiete charakterisieren, die als Substratentlehnung in den dialektalen Varianten von deu. Burg ‚befestiger Wohn- und Wehrbau in massiver Steinbauweise‘ bzw. in den genannten Ortsnamen weiterlebt. Dieser lexikalische Typ hat sich ausgehend von den spätantiken und frühmittelalterlichen germanischen Kontaktvarietäten in andere germanische Varietäten verbreitet und wurde weiterhin ins Standarddeutsche übernommen.

      Im Romanischem hat sich diese Bedeutungsvariante des Worts jedoch gerade nicht erhalten, oder besser gesagt: sie hat sich nicht über die alten Grenzgebiete hinaus verbreitet, sondern ist gemeinsam mit deren Latein untergegangenen. Die romanischen Formen, d.h. fra. bourg/ita. borgo mitsamt ihren Varianten, lassen sich dagegen problemlos an die weniger spezifische, ältere Bedeutung ‚Grenzkastell mit canaba‘ anschließen, die bereits dem früh belegten burg(i)us im Namen Asciburgium zugrunde gelegen hat; es muss lediglich eine leichte Bedeutungverschiebung in Richtung ‚nicht städtische Zivilsiedlung (eventuell bei einem Kastell)‘ vorausgesetzt werden. Die im FEW (15/2, 15–23) gesammelten Dialektbelege bedeuten durchweg so viel wie ‚Weiler, Markflecken, kleines Dorf mit Kirche‘ usw.; eine eventuelle Befestigung ist allenfalls sekundär. Dasselbe gilt für ita. borgo, wie die alten Belege des TLIO (online, s.v. borgo) zeigen; sie lassen sich mehrheitlich unter den Bedeutungen ‚piccolo centro abitato‘ oder, im Sinne des lat. canaba, ‚centro abitato posto allʼesterno delle mura, soggetto alla giurisdizione cittadina‘ zusammenfassen.

      Auch den Siedlungskomplex ‚Grenzkastell mit canaba‘, auf den der Namensbeleg bei Tacitus referiert, darf man sich keinesfalls in spezifisch ‚germanischer‘ Bautradition vorstellen. Denn der römische Historiograph insistiert auf der ihm fremden Tatsache, dass die Germanen weder Städte noch Steinbau kennen; als besonders auffällig erscheint ihm dabei die Tatsache, dass die Behausungen, die Tacitus als sedes im Gegensatz zu den römischen aedificia bezeichnet, jeweils für sich stehen und einander nicht berühren.

      Nullas Germanorum populis urbes habitari satis notum est, ne pati quidem inter se iunctas sedes, colunt discreti ac diversi, ut fons, ut campus, ut nemus placuit. vicos Iocant non in nostrum morem conexis et cohaerentibus aedificiis: suam quisque domum spatio circumdat, sive adversus casus ignis remedium sive inscitia aedificandi. ne caementorum quidem apud illos aut tegularum usus: materia ad omnia utuntur informi et citra speciem aut delectationem. quaedam loca diligentius inlinunt terra ita pura ac splendente, ut picturam ac liniamenta colorum imitetur. soient et subterraneos specus aperire eosque multo insuper fimo onerant, suffugium hiemis et receptaculum frugibus, quia rigorem frigorum eius modi loci molliunt, et si quando hostis advenit, aperta populatur,