Micha Brumlik lehrte Erziehungswissenschaft zunächst in Hamburg und Heidelberg. 2000–2013 Professor am Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft der J. W. Goethe-Universität Frankfurt am Main und bis 2005 Direktor des Fritz Bauer Instituts, Studien- und Dokumentationszentrum zur Geschichte und Wirkung des Holocausts. Seit 2013 ist Brumlik Senior-Professor am Zentrum für Jüdische Studien Berlin/Brandenburg und seit 2017 Senior-Professor der J. W. Goethe-Universität in Frankfurt am Main. 2003 erhielt er die Hermann-Cohen-Medaille und 2016 die Buber-Rosenzweig-Medaille.
Zahlreiche Veröffentlichungen, u.a.: »Aus Katastrophen lernen« (2004), »Sigmund Freud. Der Denker des 20. Jahrhunderts« (2006), »Schrift, Wort und Ikone. Wege aus dem Bilderverbot« (2006), »Kritik des Zionismus« (2007), »Entstehung des Christentums« (2010) sowie »Messianisches Licht und Menschenwürde. Politische Theorie aus Quellen jüdischer Tradition« (2013), »Vernunft und Offenbarung« (2001/2014), »Wann, wenn nicht jetzt – Versuch über die Gegenwart des Judentums« (2015), »Advokatorische Ethik. Zur Legitimation pädagogischer Eingriffe« (2004/2017), »Luther, Rosenzweig und die Schrift. Ein deutsch-jüdischer Dialog« (2017).
Herausgeber und Autor von Essays und Artikeln in Zeitungen und Zeitschriften. (www.michabrumlik.de)
Micha Brumlik
Bildung und Glück
Versuch einer Theorie der Tugenden
Neuausgabe
E-Book (EPUB):
© CEP Europäische Verlagsanstalt GmbH, Hamburg 2022
Alle Rechte vorbehalten.
Umschlagmotiv: Allegorie der Tugend aus Cesare Ripa, Iconologia
Umschlaggestaltung: Susanne Schmidt, Leipzig
EPUB:
ISBN 978-3-86393-613-6
Auch als gedrucktes Buch erhältlich:
© der aktualisierten Neuausgabe CEP Europäische Verlagsanstalt GmbH,
Hamburg 2019
Print: ISBN 978-3-86393-091-2
Informationen zu unserem Verlagsprogramm finden Sie im Internet unter
www.europaeischeverlagsanstalt.de
Inhalt
Einleitung: Moralische Gefühle und Die Leichtigkeit des Seins
I.Menschliche Natur und Tugendethik
II.Skizze einer Theorie des Lasters
III.Vertrauen und Scham – Grundzüge einer Theorie moralischer Gefühle
IV.Evolution, Altruismus und Moral
V.Die Leidenschaft der Pädagogik
VII.Humanontogenese und der Sinn des Lebens
XI.Tugend und demokratischer Charakter
XII.Toleranz – Tugend der Citoyens?
Micha Brumlik
Vorwort zur Neuausgabe
Die vor mehr als fünfzehn Jahren erschienene erste Ausgabe von „Bildung und Glück“ endete mit Überlegungen zur Frage der Toleranz, der Frage, ob Toleranz eine Tugend von Citoyens sei. Als Antwort wurde damals ein Zitat des US-amerikanischen, pragmatistischen Philosophen John Dewey gegeben, eine Antwort, die in unserer Gegenwart des frühen einundzwanzigsten Jahrhunderts, geprägt vom Aufstieg rechtspopulistischer Parteien aktueller nicht sein könnte: „The only cure for the shortcomings of democracy is more democracy.“ Dies kommentierte ich damals mit der womöglich zu optimistischen Bemerkung, dass die Citoyens einer toleranten Gesellschaft einander freund seien. Das freilich scheint weniger denn je der Fall zu sein – es ist mehr als nur ein Zufall, dass die radikalste Analyse der Krisen westlicher Gesellschaften in Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung, im Zeichen des Aufstiegs der zu bequem als „Rechtspopulismus“ bezeichneten autoritärnationalistischen Bewegungen1 den Titel „Die Gesellschaft des Zorns“2 trägt. Von Freundschaft in irgendeinem Sinne kann hier keine Rede mehr sein.
Ich möchte daher die Gelegenheit zum Vorwort einer Neuausgabe von „Bildung und Glück“ nutzen, um genau dieser Frage, also der Frage, was es heißen kann, einander auch in antagonistisch auseinanderstrebenden Gesellschaften aufgrund von Bildung politisch freund zu werden, mit einer Reflexion auf einschlägige Debatten in der Philosophie des Deutschen Idealismus3 nachzugehen.
„Nur wolle man ja nicht … glauben, daß der Mensch erst jenes lange und mühsame Raisonnement anzustellen habe, welches wir geführt haben, um sich begreiflich zu machen, daß ein gewisser Körper außer ihm einem Wesen seines Gleichen angehöre. Jene Anerkennung geschieht entweder gar nicht, oder sie wird in einem Augenblicke vollbracht, ohne daß man sich der Gründe bewußt wird. Nur dem Philosophen kommt es zu, Rechenschaft über dieselben abzulegen.“4
Anders als man vielleicht glauben möchte, stammt diese Bemerkung jedoch nicht von dem inzwischen