Jamie Koufman

Wenn der Husten nicht mehr aufhört


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danke Dr. Koufman aus tiefstem Herzen für dieses Buch und für ihr Wissen über dieses quälende und doch heilbare Erkrankungsbild.

      Suze Orman

      Wieso kennt mein Arzt sich damit nicht aus?

      Als ich dieses Buch schrieb, war mir nicht bewusst, dass es noch auf Jahre die einzige verfügbare Informationsquelle zu diesem Thema bleiben würde. Insofern ist es aus diversen Gründen wichtig. Erstens vermittelt es Menschen, die an chronischem Husten leiden, Hoffnung und es zeigt ihnen Wege zur Gesundheit auf. Zweitens kann es zur Aufklärung von Ärzten eingesetzt werden. Und drittens legt es nahe, dass das amerikanische Gesundheitssystem neu organisiert werden sollte: Für die häufigsten Krankheiten des Aerodigestivtrakts sollten Allgemeinmediziner und Hausärzte zuständig sein. Allerdings bräuchten genau diese Ärztinnen und Ärzte dann Weiterbildungen für die Integrative Aerodigestivmedizin (wie ich sie praktiziere), um eine teure und ineffektive Facharztodyssee zu vermeiden.

      Chronischer Husten ist noch immer ein Mysterium, weil die Tatsache, dass laryngopharyngealer Reflux (LPR) – aktuell gern als respiratorischer Reflux oder Atemwegsreflux bezeichnet – eine Hauptursache von chronischem Husten ist, sich in der Ärzteschaft noch nicht herumgesprochen hat. Auch der neurogene Husten, der bei der Prävalenz an zweiter Stelle folgt, scheint unsichtbar zu bleiben. Er gleicht einem rätselhaften schwarzen Loch der Medizin. Und während der Text dieser Ausgabe nur an wenigen Stellen überarbeitet wurde, bestätigt meine Erfahrung bei der Behandlung einiger Tausend Hustenpatientinnen und -patienten alle Beobachtungen und Schlussfolgerungen dieses Buches.

      Chronischer Husten – also Husten, der länger als vier Wochen anhält – ist ein extrem verbreitetes Krankheitsbild. Dennoch sind klassisch ausgebildete Ärzte in Bezug auf die Diagnose und Behandlung von nicht-pulmonalem Husten bis heute häufig überfragt. Nicht-pulmonal? Die meisten Menschen mit chronischem Husten sind Nichtraucher und haben keine Lungenkrankheit – das ist die Definition von „nicht-pulmonal“. Und nicht-pulmonaler Husten ist verbreiteter als die pulmonale Variante.

      In den letzten Jahren habe ich Hunderte von Briefen von unbekannten Lesern und Leserinnen erhalten, die sich bei mir bedankten, weil das Buch ihnen geholfen hat, gesund zu werden. Viele Betroffene haben auch ihren Hausärzten eine Ausgabe zukommen lassen. Sie klären ihre Ärzte auf, damit diese in der Lage sind, ihnen zu helfen. Und natürlich kamen auch Dankesschreiben von Medizinern. Für welche Zielgruppe ist dieses Buch somit geeignet? Inzwischen sind es offenbar Ärzte und Patienten.

      Dieses Buch und der Einsatz der Fragebögen zur Diagnostik (Seite 33 bis 35), hier sei besonders der Chronische-Husten-Index (CCI) erwähnt, bietet sich für alle Fachrichtungen an, die an der Behandlung von Husten mitwirken, darunter Pneumologie (Lungenfachärzte), Otolaryngologie (HNO-Ärzte), Allergologie, Kinderheilkunde, Intensivmedizin sowie natürlich die „Generalisten“ in der Allgemeinmedizin und der Hausarztpraxis.

      Wenn jemand über „Husten“ klagt, denkt man spontan, dass der Lungenfacharzt die passende Anlaufstelle sein sollte. Aber Lungenspezialisten lernen in der Facharztausbildung wenig über refluxinduzierten und neurogenen Husten. Wie kann es sein, dass Fachärzte, die täglich die Atemwege behandeln, so wenig darüber wissen? Zumindest in den Vereinigten Staaten ist das Problem die Überspezialisierung. In Bezug auf Atemwegsreflux und chronischen Husten scheitert das amerikanische Facharztsystem, denn die Unterteilung des Körpers in kleine, nicht-überlappende anatomische Einheiten ist an dieser Stelle unlogisch. Atemwegsund Verdauungssystem sind aufs Engste miteinander verbunden, aber unsere Fachärzte erfahren in ihrer Ausbildung leider zu wenig darüber.

      Im Verlauf meiner eigenen ärztlichen Tätigkeit als Pionierin und Expertin für die Auswirkungen von saurem Reflux auf Kehlkopf und Luftwege (laryngopharyngealer Reflux, LPR, stiller Reflux oder Atemwegsreflux sind Begriffe, die ich dafür geprägt habe), wurde mir bewusst, dass stummer, meist nächtlicher Reflux in die Atemwege extrem verbreitet und zugleich der bei Weitem häufigste Grund für chronischen Husten ist. Zudem ist er auch die bei Weitem häufigste Ursache für „Allergien“, „Asthma“, „Nasennebenhöhlenentzündungen“ und echte Schlafapnoe.

      Seit den 1970er-Jahren verlaufen die Entwicklungen neuer medizinischer Verfahren und die Facharztausbildung parallel und in Riesensprüngen. Damit stehen wir vor dem klassischen Henne-Ei-Problem. Seit 1975 stellt die Firma Olympus hochwertige Endoskope bereit, mit deren Hilfe Gastroenterologen Speiseröhren- und Magenspiegelungen sowie Darmspiegelungen vornehmen konnten.

      Da Fachärzte fast immer für begrenzte anatomische Bereiche zuständig sind, wurde den Gastroenterologen die Zuständigkeit für Reflux zugeordnet. So entstand das Mantra: „Reflux ist Sodbrennen, Sodbrennen ist Reflux, das findet in der Speiseröhre statt, und die gehört uns.“ Endoskopien im Verdauungstrakt sind mittlerweile ein milliardenschweres Geschäft. Und warum fehlt eine facharztübergreifende Zusammenarbeit? Weil die Aufteilung des Körpers unter verschiedenen Fachärzten Konkurrenz und Grabenkämpfe verhindern soll.

      Als meine ersten Arbeiten zu laryngopharyngealem Reflux erschienen, darunter meine Hauptarbeit The Otolaryngologic Manifestations of GERD (1991), in der ich das pH-Monitoring in Hals und Rachen sowie klinische und experimentelle Daten zur Diskussion stellte, regte sich Widerspruch seitens der Gastroenterologen. (Damals bezeichnete ich LPR noch als GERD.) Noch viele Jahre später wehrten sich einflussreiche Stimmen in der Gastroenterologie gegen die Vorstellung, dass Reflux die

      Luftwege beeinträchtigen könnte – vielleicht, weil diese Vorstellung ihre Alleinzuständigkeit für Reflux bedrohten könnte.

      Das Problem ist, dass nur 17 Prozent der Refluxpatienten auch Sodbrennen und Oberbauchbeschwerden aufweisen. Das heißt, mehr als vier von fünf Refluxpatienten sind nicht von GERD betroffen, sondern von LPR.

      Da Gastroenterologen nicht gezielt auf LPR testen können, kommen Atemwegsspezialisten mit ihrer Diagnose schlecht weiter. Denn wenn Lungenfachärzte auf Reflux tippen, schicken sie ihre Patienten in der Regel zum Gastroenterologen, dessen Diagnostik für Patienten mit Atemwegsreflux jedoch leider ungeeignet ist.

      Hierzu sollte man sich bewusst machen, dass Atemwegsreflux zwar die häufigste Ursache für chronischen Husten ist, aber auch weitere Ursachen in Betracht kommen, unter denen der neurogene Husten gleich an zweiter Stelle liegt. Als Kehlkopfspezialistin (Laryngologin) fiel mir auf, dass partielle Lähmungen (Paresen) der Stimmlippen verbreitet sind und häufig mit chronischem Husten nach einer Virusinfektion zusammenhängen.

      Hier kommt die Kurzfassung: Anatomisch hat der Mensch zwölf Hirnnerven. Diese Nerven sind direkt vom Gehirn aus nicht nur für unsere Sinne, sondern auch für andere Funktionen zuständig. Der zehnte Hirnnerv ist der Vagusnerv und damit der „Hansdampf“ unter den Nerven. Der Vagus steuert das gesamte Atemwegs- und Verdauungssystem mit Ausnahme des Zwerchfells. Dabei verlaufen seine Fasern knapp unter der Rachenschleimhaut und sind daher anfällig für Schäden durch akute Atemwegserkrankungen aufgrund von Virusinfektionen und anderen Ursachen.

      Wenn ein Patient vor dem Einsetzen von chronischem Husten eine akute Atemwegserkrankung hatte, liegen in der Regel eine Stimmlippenparese und damit ein Hinweis auf eine Infektion oder Schädigung des Vagusnervs vor. Meine Diagnose lautet dann postvirale Vagusneuropathie, sozusagen ein „Kranker-Nerv-Syndrom“. Doch auch für den Vagusnerv ist niemand zuständig. Selbst Neurologen – als Fachärzte für Nervenerkrankungen – kennen sich mit dem Vagus nicht immer umfassend aus. Andererseits betreffen Probleme mit dem Vagusnerv alle Fachgebiete, die sich mit dem Atemwegs- und Verdauungssystem befassen.

      Ich habe viel Erfahrung mit der Behandlung von neurogenem Husten, für dessen Diagnose der von mir entwickelte Chronische-Husten-Index (CCI) eine große Hilfe darstellt, unabhängig davon, ob gleichzeitig Reflux vorliegt oder nicht. Wichtig ist die Unterscheidung, dass feuchter (produktiver) Husten in der Regel auf Reflux beruht, während trockener Husten für gewöhnlich neurogen bedingt ist. Neurogener Husten ist heilbar, genau wie Reflux, aber die Behandlungen unterscheiden sich.

      Zu guter Letzt sei betont, dass es in diesem Buch zwar ausdrücklich um nicht-pulmonalen chronischen Husten geht, dass aber Atemwegsreflux dennoch Lungenkrankheiten hervorrufen oder verschlimmern