diese Weise für immer mit Judson verbunden zu sein!
Elmers Verwirrung ging allmählich in eine robuste Selbstzufriedenheit über.
Dann umringten ihn die anderen, schüttelten ihm die Hand, gratulierten ihm: der Fußballzenter, der Lateinprofessor, der Kaufmann aus der Stadt. Rektor Quarles, dessen Fliege vibrierte, dessen rasierte Oberlippe von einer Seite zur andern zuckte, drängte: »Kommen Sie, Bruder Elmer, treten Sie auf die Tribüne und sagen Sie uns ein paar Worte, Sie müssen – wir alle brauchen es wir sind begeistert von Ihrem herrlichen Beispiel!«
Elmer wußte nicht recht, wie er durch die Bekehrten und über die Stufen zur Tribüne hinaufkam. Später nahm er an, daß Judson Roberts tüchtige trainierte Rempelarbeit geleistet hatte.
Er sah hinunter, ein wenig von seiner Furcht kam wieder. Doch man schluchzte vor Zärtlichkeit für ihn. Der Elmer Gantry, der jahrelang vorgegeben hatte, daß es ihm eine Wonne wäre, das ganze College zu Feinden zu haben, hatte sich in diesen selben Jahren nach Popularität gesehnt. Er hatte sie jetzt – Popularität, fast Liebe, fast Verehrung, und hingerissen fühlte er sich in seiner Rolle als Führender.
Er wurde zu noch flammenderem Bekenntnis erregt.
»Oh, zum ersten Male lerne ich den Frieden Gottes kennen! Nichts, was ich bisher getan habe, ist recht gewesen, weil es nicht zum Weg und zu der Wahrheit führte! Ich dachte, ich wäre ein gutes Mitglied der Kirchengemeinde, aber die ganze Zeit hatte ich nicht das wahre Licht gesehen. Ich habe nie den Willen gehabt, niederzuknien und zu bekennen, daß ich ein elender Sünder bin. Doch jetzt knie ich, und, oh, welche Seligkeit in der Erniedrigung!«
Um ganz genau zu sein: er kniete gar nicht; er stand aufrecht da, sehr groß und breit, mit ausladenden Handbewegungen; und wiewohl, was er empfand, die Seligkeit der Erniedrigung sein mochte, hörte es sich ebenso an, wie wenn er verkündete daß er imstande wäre, jedermann in jeder beliebigen Kneipe zu vertrimmen. Doch er wurde mit emporlodernden Hallelujahs begrüßt und schrie weiter, bis er rasend und ganz schweißnaß war:
»Kommet! Kommet jetzt zu ihm! Oh, es ist merkwürdig, daß ich, der ich ein so großer Sünder gewesen bin, es wagen sollte, euch in Seinem Namen einzuladen, aber Er ist allmächtig und wird den Sieg davontragen, und Er läßt uns Seine gute Botschaft durch den Mund von Kindern und Säuglingen und den Allerunwürdigsten zukommen, und, siehe, die Starken werden verdammt werden, und die Schwachen vor sein Antlitz erhoben!«
Alles das, die lichtvollen Phrasen waren den Zuhörern ebenso vertraut wie »guten Morgen« oder »wie geht's«, doch er mußte neue Gewalt hineingelegt haben, denn statt über die Frische seines Eifers zu lächeln, blickten sie ihn ernsthaft an, und plötzlich schaute man ein Wunder.
Zehn Minuten nach seiner eigenen Erweckung machte Elmer seine erste Bekehrung.
Ein pickliger junger Mensch, schon lange als Spielhöllen-Schlepper bekannt, sprang auf, sein unsauberes Gesicht arbeitete, er kreischte: »O Gott, vergib mir!« drängte sich rasend durch die Menge, lief zum Armensünderbänkchen, lag dort, mit epileptisch schäumendem Mund.
Dann stiegen die Hallelujahs auf, bis Elmers schneller und schneller werdendes Predigen darin ertrank, dann stand Judson Roberts da, mit seinem Arm um Elmers Schulter, dann kniete Elmers Mutter mit einem paradiesischen Leuchten auf dem Gesicht nieder, und sie schlossen das Meeting, indem sie mit wahnsinnigem Dröhnen sangen:
Näher ziehe mich, o Herr,
An dein köstlich Wundenmal.
Elmer fühlte sich als Sieger über das Leben und König der Rechtfertigung.
Aber nur die Eifrigen, die Leute, die früh gekommen waren und die Vordersitze eingenommen hatten, hatte er in seiner freudigen Begeisterung gesehen. Die Studenten, die im Hintergrund der Kirche geblieben waren, standen jetzt vor dem Tor in murmelnden Gruppen herum, und als Elmer mit seiner Mutter an ihnen vorüberkam, glotzten sie, sie kicherten sogar, und plötzlich war ihm kalt …
Es war schwer, den ganzen Weg zum Logierhaus auf das Freudengewinsel seiner Mutter zu hören.
»Daß du mir nur ja nicht daran denkst, früh aufzustehen und mich zum Zug zu bringen«, beharrte sie. »Ich hab' nicht mehr zu tun, als meine kleine Tasche über die Straße zu tragen. Du wirst deinen Schlaf brauchen, nach der ganzen Aufregung, die du heute abend gehabt hast – ich war so stolz – ich hab' nie einen gekannt, der wirklich mit dem Herrn gerungen hat wie du. Ach, Elmy, wirst du fest bleiben? Du hast deine alte Mutter so glücklich gemacht! Mein ganzes Leben lang hab' ich mir Sorge gemacht, ich hab' gewartet, ich hab' gebetet, und jetzt werd' ich mir nie wieder Sorgen machen! Ach, du wirst fest bleiben?«
Er warf den letzten Rest seiner Gefühlsreserve in ein klingendes »Da kannst du dich drauf verlassen, Ma!« und gab ihr einen Gutenachtkuß.
Nichts mehr von Rührung war in ihm, das ihm auf seinem einsamen Weg hätte helfen können, in einer kalten, realistischen Nacht, durch eine Straße, die nicht von schimmernden Säulen, sondern von traurigen Hütten inmitten des eiskalten Schnees gesäumt war, unfreundlich unter den erbarmungslosen Sternen.
Sein Plan, Jim Lefferts zu retten, seine Vision von einem Jim mit ehrfürchtigen und gottseligen Augen wandelte sich in eine Vision von einem Jim mit Augen voller Wut, der eine Menge zu sagen hatte. Mit dem Verschwinden jener Vision verschwand seine eigene Glorie.
»War ich«, überlegte er, »ganz einfach ein aufgelegter verdammter Trottel?
»Jim hat mich gewarnt und mir gesagt, wenn sie mich erwischen, werd' ich den Kopf verlieren.
»Jetzt werd' ich wohl nicht einmal mehr rauchen können, ohne in die Hölle zu kommen.«
Aber er wollte rauchen. Gerade jetzt!
Er rauchte.
Es tröstete ihn nur wenig, während er sich weiter ärgerte:
»Es war aber kein Schwindel dabei! Ich hab' wirklich alle diese verdammten blödsinnigen Sünden bereut. Und auch das Rauchen – ich werd' damit Schluß machen. Ich hab's gefühlt, das – den Frieden Gottes.
»Aber werd' ich auch dabei bleiben können? Herr Jesus! Ich kann's nicht! Nie einen Schluck trinken, oder sonst was –
»Ich möcht' wissen, ob der Heilige Geist wirklich da war und über mich gekommen ist? Mir war ganz anders! Wahrhaftig! Oder war das nur, weil Judson und Ma und alle diese Heiligen solchen Krach gemacht haben –
»Jud Roberts hat mich in die Sache hereingefoppt. Mit der ganzen großen Brudersache. Wahrscheinlich macht er die Tour überall wo er hinkommt. Jim wird behaupten, ich – ach, zum Teufel mit Jim auch! Ich hab' doch noch gewisse Rechte! Geht ihn gar nichts an, wenn ich meinen Glauben bekenn' und das einzig Richtige mach'! Und sie haben zu mir aufgesehen, wie ich sie eingeladen hab'! Blendend fein ist es gegangen! Und der Kaffer ist richtig raufgekommen und gerettet worden. Verflucht wenige haben so schnell nach ihrer eigenen Bekehrung eine Bekehrung hingelegt wie ich! Moody vielleicht, oder überhaupt keiner! Das ist bestimmt ein neuer Rekord! Jawohl, vielleicht haben sie recht. Vielleicht hat der Herr irgend 'ne großartige Verwendung für mich, obwohl ich nicht immer ganz so gewesen bin, wie ich hätte sein können … In manchen Dingen … Aber ich war nie gemein oder schlecht oder irgend so was wie … Ich hab' mich nur unterhalten.«
»Jim – was für ein Recht hat er denn, mir zu sagen, wohin ich gehen soll? Das Malheur mit ihm ist, daß er glaubt, er weiß alles. Ich glaub', die gescheiten alten Bonzen, die alle die Bücher über die Bibel geschrieben haben, ich glaub', die werden doch noch bißchen mehr wissen als 'n superkluger Kansas-Agnostiker!«
»Jawohl! Alle miteinander! Angeschaut haben sie mich, als ob ich 'n amerikanischer Champion-Prediger wär'!«
»Wär' gar nicht so schlecht, Prediger zu sein, wenn man 'ne große Kirche hat und – viel leichter als an Prozessen herumzupopeln und sie 'ner Jury übergeben zu müssen, und dann kann 'n anderer Anwalt geschickter sein als man selber.«
»Die Leute müssen fressen, was man ihnen von der Kanzel