Mensch erreicht. Mehr wäre nicht möglich. Spirituell zu sein, bedeutete für mich, an das Gute zu glauben, friedvoll zu sein und die Welt in ein weißes Licht zu hüllen. Dieses Weltbild genügte mir dann auch ungefähr zwei Jahre. Wie so viele spirituelle oder religiöse Menschen war ich davon überzeugt, einer anderen, vollendeten Bewusstseinsebene anzugehören.
Eines Tages aber fiel mir die altindische Bhagavad Gita in die Hände, und ich las über Krishna. An einer Stelle sprach Krishna mit seinem Schüler Arjuna, einem Krieger. Der stand gerade vor den feindlichen Linien und klagte, dass er nicht seine eigene Familie niedermetzeln könne. Entsprechend meinem damaligen Weltbild stimmte ich zu.
Zu meiner Überraschung aber erklärte ihm nun Krishna, dass es zwingend sei, diese zu töten. Man stelle sich vor: Ein Avatar erklärt einem Krieger, es sei seine Pflicht, seine Familie zu töten! Er erklärte weiter, sie seien im göttlichen Plan bereits gestorben, so stehe es im Drehbuch der menschlichen Geschichte. Sein Pfeil führe lediglich das Schicksal aus. Weigere er sich, würden sie durch einen anderen getötet. Das Gespräch endete mit Arjunas Einsicht. Er stürzte sich in die Schlacht und kam seiner Bestimmung nach.
Ich musste diese Stelle mehrmals lesen, bis auch mich Krishnas Worte überzeugten. Danach wankte erstmals mein Bild vom spirituellen Menschen. Dieses Buch bereitete mich darauf vor, meine eigenen Wahrnehmungen und Urteile zu hinterfragen. Das war oft sehr schwierig. Auch heute noch stelle ich mir manchmal vor, wie schön und einfach ideologische Muster sind: Die Welt in Gut und Böse einzuteilen und damit zufrieden zu sein.
Bald darauf zeigte mir ein Erlebnis, dass Spiritualität auch in der Politik und der Justiz ihren Platz hat. In Lima, Peru, lud mich eine Teilnehmerin meines Seminars in ihre Meditationsgruppe ein. Dort unterhielten wir uns über spirituelle Themen, das Gespräch drehte sich, wie oft in diesen Kreisen, auch um Indien. Da erzählte ein junger Mann von einem Kongress in Südindien, auf dem holistische Führungsmethoden vermittelt würden.
Sofort wusste ich, dass ich zu diesem Kongress reisen musste! Die Anmeldefrist war bereits abgelaufen, und es wurden nur wenige Delegierte eines Landes eingeladen. Tags darauf rief aber der junge Mann an: Die peruanischen Delegierten seien krank geworden. Sie würden mich gerne an ihrer Stelle nach Indien schicken. Ich sagte natürlich sofort zu. Wenn das kein Zeichen war!
Drei Wochen später flog ich über Mumbai zum Kongress in den Ashram von Sai Baba. Dort musste sich jeder Delegierte registrieren lassen. Noch heute sehe ich das verblüffte Gesicht des Mannes an der Registratur. Nachdem ich Paris als Geburtsort angab, dachte er, ich sei Franzose. Dann zückte ich meinen Schweizer Pass. Nun ging er natürlich davon aus, dass ich für die Schweiz dort sei. Ich erwiderte aber, ich sei der peruanische Delegierte. Da sei er auch schon gewesen, sagte er, »wo genau wohnen Sie?« Langsam wurde es mir etwas peinlich. Ich antwortete, dass ich seit einigen Jahren in Bolivien wohnen würde, aber für Peru zum Kongress fuhr. Mein Nationalitätensalat sorgte bis Kongressende immer wieder für Belustigung.
Der Kongress war sehr spannend. Menschen aus der ganzen Welt waren da, um sich von Führungskräften aus der Wirtschaft sowie von den Militärs in die Kunst des Führens einweihen zu lassen. Es wurden verschiedene Seminare, Vorträge und Gruppenarbeiten angeboten, so dass jeder sein Programm selbst bestimmen konnte.
Ein indischer General zog mich ganz besonders an. Sein Werdegang und seine inspirierenden Erfahrungen interessierten mich sehr. Ich fand es vor allem erstaunlich, dass ein General hier im Ashram Vorträge hielt. Ich besuchte alle seine Seminare und war eingenommen von seinem starken Charisma.
Mir war allerdings nicht klar, wie sehr diese Erfahrungen meine künftige Arbeit prägen würden. Dieser Kongress zeigte mir, dass man Moral und Ethik immer wieder neu definieren muss und sie nicht universell anwenden kann. Das bezieht sich vor allem auf Wertungen wie gut und böse oder richtig und falsch. Heute werde ich, bei meiner weltweiten Tätigkeit für Militärs, Politiker und bei gewissen Projekten, immer wieder mit Situationen konfrontiert, die bei oberflächlicher Betrachtung als »böse« oder »falsch« angesehen werden könnten. Analysiert man dann die Umstände und setzt sie in Relation zur jeweiligen Umgebung, erkennt man oft, wie sehr sich in Krisenmomenten westliche Wertungen und Werte relativieren.
Es ist ein Vorurteil, dass die Welt der Politik, der Wirtschaft und des Militärs emotionslos und kaltblütig sei, dass Menschen in Machtpositionen nicht an Spiritualität und Medialität interessiert seien. Gerade weil Macht viel mit Verantwortung zu tun hat, werden von diesen Menschen zur Absicherung weitere Informationsquellen gesucht. Auch wenn öffentlich nur selten dazu gestanden wird, erlebe ich es in diesem Bereich oft, dass Medialität ernst genommen wird. Ich berate zumeist mit anderen Spezialisten, das ist eine Teamarbeit, die mir Spaß macht und mich inspiriert.
Seit frühester Kindheit hat Politik und Geschichte mich stark interessiert. Ich verschlang früher Bücher über das Römische Reich, las Homer und über die Napoleonischen Kriege oder Überlieferungen griechischer Sagen. Bestimmt ist mein großes Interesse in Geschichte einer der Gründe, warum ich häufig in politische Beratungen und Analysen involviert bin. Interesse und Faszination an einem Thema sind das eine, viel wichtiger aber ist mir, dass sich so Möglichkeiten zur Ausübung meiner Arbeit ergeben. Ob ich medialer Profiler in der Politik wurde, weil ich es wollte, oder ob es meine Bestimmung war, ist für mich unwichtig und lässt sich auch nicht schlüssig beantworten.
Jedenfalls wünsche ich Ihnen viel Spass beim Lesen meiner Berichte, und seien Sie offen für erweiterte Möglichkeiten. Neu sind diese nicht, Medialität gehört zu den ältesten aller Künste!
Einleitung zu den Übungen
Am Ende eines jeden Kapitels beschreibe ich einige Übungen. Diese führen Sie schrittweise tiefer in die Welt der Medialität. So trägt jedes Kapitel dazu bei, sich dem intuitiven Selbst anzunähern.
Es wäre gut, wenn Sie als Leser bereits Meditationserfahrung mitbringen und die Sprache der Meditation verstehen. Begriffe wie »Visualisieren von Farben« und »Techniken« sowie »bewusstes Atmen« sind grundlegende Bestandteile der Übungen, die ich nicht jedes Mal erkläre. Ich gehe davon aus, dass der Leser diese Begriffe und ihre praktische Umsetzung kennt. Meditationsanfängern empfehle ich, vorher Kurse oder Bücher zum Einstieg zu nutzen.
Einige Übungen habe ich übernommen, andere selbst entwickelt. Sie beginnen einfach mit unkomplizierten Techniken und entwickeln sich aufbauend mit jedem Kapitel. In meinen Übungen duze ich den Leser, um die persönliche Ebene der Übungen herzustellen.
Ich empfehle Ihnen, mit der ersten Übung anzufangen, täglich nicht mehr als einen Übungsschritt zu machen und diesen bewusst zu vertiefen. Erst wenn Sie diesen sehr gut verinnerlicht haben, können Sie zum nächsten übergehen. Ansonsten besteht die Gefahr, die einzelnen Schritte nicht klar zu verstehen.
Die verbreitete Vorstellung, dass Medialität an einen bestimmten Lebensstil oder an eine Religion gebunden ist, trifft so nicht zu. Um mit den Übungen Erfolg zu haben, sind neben Zeit und Geduld auch Freude und etwas Enthusiasmus wichtig.
Versuchen Sie doch einmal, zu zweit zu üben, es ist spannend und empfehlenswert. Dabei kann man sich gegenseitig unterstützen, bestätigen und testen. Auch nach gut fünfzehn Jahren medialer Arbeit lerne ich immer weiter, neue Techniken erscheinen und vertiefen meine Arbeit.
In der Medialität ist Zeit ein ausschlaggebender Faktor. Mit Hektik und Druck blockiert man sich und kommt dem Ziel, der intuitiven Schulung, nicht näher. Muse und ein gesunder Menschenverstand unterstützen dagegen die Entwicklung in allerbester Weise.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg, Spaß und gutes Gelingen!
* Martin Zoller: Wenn die Dämonen rufen: Aspekte des Bösen. Battert Verlag, 1998.
In Bolivien wird einFlugzeug vermisst
Am Montag, dem 22. März 1999, startete eine Piper PA 32 in Yaguacua im Süden Boliviens nahe der argentinischen Grenze und flog in Richtung Santa Cruz de la Sierra. An Bord waren eine Frau und fünf Männer, zwei davon Argentinier. Familienangehörige und Freunde von Passagieren