Alain Sutter

Herzensangelegenheit


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Inseln ihre Kartoffeln zu waschen, ohne dass sie ein unmittelbares Vorbild dafür gehabt hätten, weil die einzelnen Affenstämme durch das Meer völlig voneinander getrennt waren. Wie ist so etwas möglich? Der Verhaltensforscher Rupert Sheldrake erklärte es mit den sogenannten morphogenetischen Feldern: Das sind feine, unsichtbare Energiefelder, mit denen die Affen (oder irgendeine andere Tierart) untereinander verbunden sind. Wenn nun genügend Affen ihre Kartoffeln in Wasser waschen, wird diese energetische Information so stark, dass sie über diese morphogenetischen Felder plötzlich an alle anderen Affen übertragen wird – die dann auch entsprechend reagieren. Doch damit das geschehen kann, muss der neue Impuls stark genug sein, es müssen genügend Affen daran beteiligt sein. Es reicht also im übertragenen Sinne nicht aus, wenn 99 Affen ihre Kartoffeln waschen, denn dann geschieht noch nichts. Doch wenn nun gleichsam der Hundertste Affe seine Kartoffeln zu waschen beginnt, ist die energetische Information stark genug und wird an alle Tiere übertragen, die innerhalb dieses dieses morphogenetischen Feldes leben.

      Das Gesetz des Hundertsten Affen wirkt selbstverständlich auch bei uns Menschen. Deshalb ist die Bewusstseinsarbeit eines jeden Einzelnen so wichtig. Wenn sich im Bewusstsein der Menschen etwas Neues, Besseres festsetzen soll, dann ist, wie man weiß, aller Anfang schwer. Je mehr Menschen aber dafür gewonnen werden können, desto schneller geht es – obwohl sich die entsprechende Veränderung im Physischen noch nicht manifestiert, man also das Gefühl hat, es passiere ja gar nichts. Dabei ist es wie mit einer unsichtbaren Waage: Die Waagschale ist noch stark zum Negativen hingeneigt. Aber mit jedem guten Impuls legen wir gleichsam ein Steinchen auf die Waagschale des Positiven. Die Waage verändert sich zunächst unmerklich; eine sichtbare Veränderung gibt es indes nicht, solange die negative Waagschale noch voller ist. Irgendwann aber fällt der entscheidende kleine Stein, der das Gleichgewicht zum Kippen bringt – und in diesem Moment ist die Veränderung plötzlich sichtbar da. Es ist jene imaginäre Schwelle des Hundertsten Affen, welche die Veränderung sichtbar werden lässt. Doch alle vorausgegangenen Bemühungen waren notwendig, damit man überhaupt an den Punkt kommen konnte, an dem der Hundertste Affe die Waggschale zu beeinflussen imstande war.

      Somit ist es wichtig, dass wir mit unserem Herzen verbunden bleiben, um mehr Herzlichkeit in unser System und so auch in die ganze Welt zu bringen. Wenn wir uns auf diesem Weg nicht entmutigen lassen, auch wenn noch keine Veränderung sichtbar ist, wenn wir nur hartnäckig genug dranbleiben, werden wir mit anderen zusammen eine positive Veränderung bewirken – und die kann unter Umständen ebenso plötzlich eintreten wie eine DDT-Immunität von Fruchtfliegen.

      Obwohl die exakte Zahl 100 variieren mag, dieses Hundertste-Affen-Phänomen bedeutet, dass, wenn nur eine beschränkte Zahl von Individuen einen neuen Weg kennt, es dann ein Bewusstseins-Besitz nur dieser Individuen bleibt. Wenn jedoch eines oder mehrere zusätzliche Individuen dieses neue Bewusstsein erreichen, dann wird das Feld gestärkt, und das System (die Energie) ist stark genug und erreicht eine kritische Masse, die von da an das Verhalten aller beeinflusst.

      Deshalb ist es gut, dass Liebe die stärkste Energie im Universum ist und die Kraft hat, alles zu verändern. Sie brauchen nur einen Funken Licht, um einen dunklen Raum zu erhellen, und das ist gut so und gibt in Zeiten wie unserer Hoffnung, dass, wenn auch nur ein kleiner Teil sich mit der größten Kraft im Universum verbindet, diese einen großen Einfluss auf alle anderen haben. Ein weiterer Grund, um mehr Herzlichkeit in unserem Leben zu integrieren.

      Wenn man sich das alles vor Augen führt, könnte man fast zum Schluss kommen, dass auch Therapieresultate womöglich nicht nur mit dem, was man macht, zusammenhängen, sondern vielleicht sogar viel mehr mit dem, wie man es macht.

      In Studien wurde beobachtet, wie die Synchronisation von Gehirnwellen, Herzfrequenz und Hautwiderstand zwischen Therapeuten und Klienten in Therapiesitzungen vonstattengehen. Die Nervensysteme synchronisierten sich, auch wenn kein physischer Kontakt stattfand, alle Werte schwangen sich im Laufe des Gesprächs aufeinander ein. Forscher sagen, dass es wirklich fast unheimlich ist, wenn man sieht, wie all die Graphen sich langsam übereinanderlegen, wenn sie sich synchronisieren, und dass, wenn wir in diesem Moment der Einheit sind, plötzlich der Scheitellappen des Gehirns anfängt, rege Aktivität zu zeigen, und wenn das passiere, wir Körper auf einer tieferen Ebene lesen könnten.

      Bei Videoaufzeichnungen zeigte sich eine deutliche Veränderung der Körpersprache im Moment der Synchronisation und eine Veränderung des Fokusses in den Augen. Um den Effekt hervorzurufen, sei nichts weiter nötig, als sich dem Gesprächspartner entspannt zu öffnen und mit unserer ganzen Aufmerksamkeit anwesend zu sein.

      Für die Forscher ist es noch immer faszinierend zu sehen, wie unsere Energien miteinander interagieren und unsere Gehirne und Körper beeinflussen, indem wir einfach nur hier sind.

      Wenn jetzt der Therapeut das stabilere System hat, wird der Patient automatisch davon profitieren, egal was der Therapeut macht. Könnte das erklären, warum einige Therapeuten mit der gleichen Methode mehr oder weniger erfolgreich sind als ihre Berufskollegen? Vielleicht ist nicht entscheidend, was gemacht wird, sondern wer es wie macht?

      Das HeartMath Institut hat diese Forschungen noch erweitert und ist überzeugt, dass das Herz bei diesem Prozess eine wichtige Rolle spielt.

      Experimente am HeartMath Institut haben bemerkenswerte Hinweise darauf geliefert, dass das elektromagnetische Feld des Herzen Informationen zwischen Menschen übertragen kann. Sie konnten einen Austausch von Herz-Energie zwischen Individuen messen, die bis zu 1,5 Meter voneinander entfernt waren. Die Ergebnisse dieser Versuche haben sie veranlasst zu folgern, dass das Nervensystem als eine Art »Antenne« fungiert, die auf die elektromagnetischen Felder eingestimmt ist, die von den Herzen anderer

      Individuen erzeugt werden und auf diese reagiert. Sie glauben, diese Fähigkeit zum Austausch von energetischen Informationen ist eine angeborene Fähigkeit, die das Gewahrsein erhöht und wichtige Aspekte wahrer Empathie und Sensibilität für andere vermittelt.

      Das ist eine weitere spannende Ebene des Herzens, aber auch biologisch tut das Herz weit mehr, als nur zu pumpen: In den Achtzigerjahren wurde das Herz erstmals als eine Hormondrüse klassifiziert. Im Nervensystem des Herzens werden – genau wie im Gehirn – verschiedene Neurotransmitter und Hormone ausgeschüttet, die Einfluss auf den ganzen Körper haben.

      Die wissenschaftlichen Forschungen zeigen ein klares Bild: Das Herz ist ein intelligentes System, das unabhängig vom Gehirn Informationen verarbeitet und seine Botschaften physisch, chemisch, elektromagnetisch und neuronal an Hirn, Körper und Umwelt übermittelt und diese uns auf allen Ebenen beeinflussen.

      Hat der schlaue Fuchs mit seinem Lebensgeheimnis, das er dem kleinen Prinzen bei seinem Abschied mitgab, also tatsächlich recht? Und sehen wir tatsächlich das Wesentliche nur mit dem Herzen richtig, wobei den Augen das Wesentliche verborgen bleibt? Das würde nebenbei auch all den Indianern, weisen Männern/Frauen, Meistern und Gurus, die uns seit Hunderten von Jahren raten, dem Herzen zu folgen, recht geben. Zumindest kommen wir scheinbar dem Mysterium des Herzens immer näher, jenem Ort, der so nah sein soll bei Gott, der die Welt mit dem Absoluten verbindet und die Erde mit dem Himmel.

      Das ganze Universum ist im Körper enthalten, der ganze Körper im Herzen. So ist das Herz der Kern des ganzen Universums. RAMANA MAHARSHI

      In fast allen Kulturen gilt das Herz als Ort von Wissen und Weisheit, in der die Seele verankert ist und in dem Himmel und Erde sich verbinden. Das Herz gilt seit jeher als intelligente Instanz.

      Das alles ist nichts Magisches. Es ist etwas, wofür der menschliche Organismus gebaut ist. Die Forschungen zeigen, dass wir die Fähigkeit haben, Menschen auf einer tieferen Ebene zu verstehen. Sich dessen bewusst zu werden, kann der Schlüssel zu erfolgreichen Beziehungen und vielleicht sogar von Therapien sein und unser Miteinander auf eine neue Ebene bringen. Denn genau das erfahren die Forscher auch immer mehr. Sie kommen den alten Weisen also immer ein Stückchen näher.

      Gerade kommt mir eine Geschichte in den Sinn, die ich irgendwann einmal gehört habe: Ein Forscher, der endlich das Geheimnis des Lebens gelüftet hatte und am Gipfel des Berges angekommen war, voller Stolz und im Glauben, dass er der Erste sei, der diesen Berg bezwungen hatte, entdeckte dort zu seiner Überraschung und seinem Erstaunen den weisen Alten, dem er bereits am Start seiner Reise begegnet