Johann Gottfried Herder

Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang


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Tod zu sterben!

      Da jauchzten die Valkyriur!

      Da hub mein Freund den Arm, und schwur

      Den blanken Schild zu färben,

      Und meinen Tod zu sterben!

      Da jauchzten die Valkyriur!

      Dritter Gesang

       Inhaltsverzeichnis

      Schon schnitt aufs neu der Sonnenführer

      Den Zwischenraum der Endlichkeit

      Drei Jahre bis zur Dämmerung

      Der Götter ab, seit mein Halvard

      Vom Waffenblitz aus meinem Arm

      Weit nach Britannien hinweg

      Gewinkt, nach seiner Gegenwart

      Mich Schwermuthsvollen schmachten ließ.

      Einst, da ich einsam und verlassen,

      Wo ihn die Barke von mir stieß,

      Am Ufer irrt, und jeden Hauch

      Der Luft, der nach der Küste blies,

      Mit meinen Seufzern flügelte:

      Trat ein mir fremder kühner Mann

      Mit wildem Schritt zu mir heran.

      "Gieb mir die Goldharf! rief er stolz,

      "Die dir Halvard zum Denkmaal ließ;

      "Er gab sie dir, er nahm sie mir.

      "Du überträfst mich nicht in Liedern,

      "Wär nicht der Raub des Frevlers dein!

      "Gieb mir die Goldharf, sie ist mein!" –

      "Nicht so! sprach ich mit ernster Stirn,

      "Was mir mein Freund geschenkt, war sein,

      "Ist itzt mein Stolz, mein Schmuck, mein Ruhm,

      "Und wird dereinst mein Nachruhm seyn.

      "O glaube mir, nicht der Besitz

      "Der Goldharf ists, der Dichter macht.

      "Erhebe dich, entzünde deinen Witz

      "Mit Bragurs edler Glut,

      "Fach auf dein träges Blut

      "Streb' himmelan zu dringen,

      "So wirst du besser singen!"

      Zur Wuth erhitzt und Funken sprühend

      Aus rothem Auge fodert er

      Zum Kampf des kurzen Speers mich auf:

      "Da soll, sprach er, der Rächer Frö

      "Mit warmem Blut die Wahrheit rächen."

      "Da mag, sprach ich, Frö, der Gerechte,

      "Die Wahrheit schützen, und mich rächen."

      Der neugebohrne Tag entschlüpft dem Meer,

      Sträubigt rauscht von oben her

      Der Hahn Valholls, und kräht

      Sein kriegrisch Lied, und hebt den goldnen Kamm!

      Aus Heliars Palast tönt ihm

      Der Erde Hahngeschrey entgegen!

      "Auf! auf! zum Kampf aus später Ruh!"

      Ruft Gotlands Helden-Jugend uns zu.

      Schon treten wir mit Helmen angethan

      Auf die blutlechzende Todesbahn;

      Schon schließt sich um uns her die Schaar

      Der Richter, die durch weißes Haar

      Und langen Bart ehrwürdig war!

      Schon blinkt der Geir im Sonnenstrahl!

      Schon strömt die Purpur-Wunde!

      Schon öffnen Endils Wölfe

      Auf meinen Feind den giergen Schlund!

      Ach mir Unglücklichen! Da schlüpft

      Die Ferse mir im schwarzen Blut

      Da stürz ich hin, und über mich

      Mein sterbender Feind! –

      Schmach, Wuth und Scham

      Begrub mich noch im Todes-Schlummer,

      Als mich ein jammernd Klaggeschrey

      Vom Oceane her erweckt.

      Ich seh, ich seh! – o Schauer! o Entsetzen!

      Ach, warum lebt ich, es zu sehn? –

      Ich sehe meinen Freund, den besten

      Der Menschen, meinen treuen Halvard,

      Der Freundschaft Urbild, itzt des Todes Bild,

      Im Schleyer der ewgen Nacht gehüllt.

      Zu meinen Füßen lag er, seufzte noch,

      Und hob die schwere Brust – Ihn hatte

      Sein eignes Schwert, zu eingedenk

      Des hohen Schwurs, gestürzt, da er

      Mich fallen sah – Ach! wehe, wehe, mir!

      Warum mußt ihn ein falscher Anblick trügen?

      Warum sein erster Anblick seines Freunds?

      Nicht darum war er, nach drey langen Jahren,

      Dem Busen seines Thorlaugs zugeeilt! –

      Ich warf verzweiflungsvoll

      Auf seinen Leib mich hin, verbarg

      Mein Angesicht in seine Brust, und schluchzte!

      "Ach nein, Halvard, du bist nicht todt?

      "Nein! bey den Göttern, nein! du schlummerst nur!

      "Es ist ein dichter Schlaf, der dich erquickt!"

      Umsonst! umsonst! Die lange Nacht

      Versiegelte sein Helden-Auge!

      Er war auf Ewig mir entschlummert!

      Man riß mich grausam aus des Todten Arm.

      Mit wildem und gebrochnem Blick schaut ich

      Zum Himmel! Da ermannt ich mich,

      Und sprach: Ich will dem theuren Mörder

      Ein Grabmaal baun, und seinem Hügel nah

      Ein Brand-Altar erbaun, zur Ehre

      Der Freundschaft! des Unsterblichen!

      Ich thats; mein letztes Opfer flammte

      Durch Wolken auf; ich schwung dreymal

      Mein Schwert, durchstieß mein brechend Herz,

      Und sank vergnügt auf seinen Holzstoß nieder.

      Die Schaar der Staunenden ließ meine Glieder

      Zur Asche glühn, und senkte dann,

      Dem Hügel meines Freunds zur Seite,

      Des Staubes Urn in diese Gruft,

      Der sie dieß zweyte Denkmaal weihte,

      Das freundschaftlich im heiligen Schatten

      Dem Wandrer süße Schwermuth winkt,

      Und zur Begeistrung ihn erhebt,

      Mein banger ahndungsvoller Geist

      Hielt bey dem frommen Schauspiel sich

      Nicht