auch glauben, dass ein Gott in sieben Tagen unsere Erde geschaffen hat?
Der protestantische Theologe und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer, er wurde noch kurz vor Kriegsende am 9 April 1945 im KZ Flossenburg von den Nazis ermordet, schrieb in einem Brief aus dem Gefängnis: „Die Religiösen sprechen von Gott, wenn menschliche Erkenntnis (manchmal schon aus Denkfaulheit) zu Ende ist oder wenn menschliche Kräfte versagen - es ist eigentlich immer der Deus ex machina, den sie aufmarschieren lassen, entweder zur Scheinlösung unlösbarer Probleme oder als Kraft bei menschliche tu Versagen ...“
Gott also als Problemlöser für alles. Sollten Sie aber einmal mit der Problemlösung von Gott nicht einverstanden sein und wollen ihn verklagen, dann denken Sie daran, dass er keine ladefähige Anschrift besitzt.
Wenn die Mutter Gottes zu den Menschen spricht
Maria kann theoretisch jeden erscheinen – ob Aposteln, Ordensfrauen oder Teenagern. Doch nicht nur die Menschen, auch die Orte an denen sie den Sterblichen Botschaften übermittelt, verändern sich. Wir stellen ein Wunder auf den Prüfstand, an das noch heute viele Christen glauben wollen.
Maria fährt zum Himmel. Gemälde von Mateo Cerezo (1626 -1666)
Medjugorje, 26. Juni 1981. Heiß ist es in Jugoslawien. Seit zwei Tagen soll hier an einem Berg einigen Jugendlichen die Jungfrau Maria erscheinen. Das zieht viele Dorfbewohner an. Sie sei gekommen, um die ganze Welt zu bekehren und zu versöhnen, soll die Gottesmutter zu der 15-jährigen Ivanka sagen. Die Menge, die das Wunder weder sieht noch hört, fordert ein Zeichen. Das lehnt die Jungfrau mit den Worten „Selig, die nicht sehen und doch glauben!“ ab. Am Ende fügt sie noch hinzu:
„Macht Frieden mit Gott, macht Frieden untereinander. Dazu müsst ihr glauben, beten, fasten und beichten.“
Was ist hier passiert? Erscheint Maria tatsächlich noch 2000 Jahre nach ihrem irdischen Leben? Wem und warum? Welche Botschaft bringt sie? Was sagen Skeptiker zu solchen mysteriösen Vorgängen. die jährlich Millionen Menschen an Orte wie Lourdes, Fatima oder Medjugorje pilgern lassen? Und wer war eigentlich Maria? Über ihre Vorgeschichte berichtet die Bibel nichts, dafür liefert das Protoevangelium des Jakobus aus dem 2. Jahrhundert eine Legende:
Marias Eltern Anna und Joachim waren lange kinderlos, was in jener Zeit als „Fluch“ angesehen wurde. Deshalb wies der Hohepriester Joachims Altaropfer zurück. Schließlich verkündete ein Engel dem Paar doch noch Nachkommen. Maria wurde geboren. Im Neuen Testament erfahren wir, dass Maria, als sie schon mit Josef verlobt war, der Engel Gabriel erschien. Er sagte: „Sei gegrüßt, du Begnadete! Der Herr ist mit dir.“ Sie erschrak, doch der Engel sprach weiter: „Fürchte dich nicht, Maria, du hast Gnade vor Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, den sollst du Jesus nennen. Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seines Vaters David (Bezug auf die Offenbarung des Johannes 22,16; Jesus sagt hier: >Ich bin die Wurzel und der Stamm Davids<) geben, und er wird über das Haus Jakob (das Volk Israel; d. A.) ewig König sein und sein Reich kein Ende haben.“
Maria fragte, wie das geschehen solle. „Der Heilige Geist wird über dich kommen und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten: darum wird auch das Kind heilig genannt werden und Gottes Sohn“, erklärte der Engel (Lukas 1, 26-38). Maria brachte Jesus in einem Stall in Betlehem zur Welt, danach spielte sie keine große Rolle mehr. Am Ende, kurz vor der Kreuzigung, entdeckte Jesus seine Mutter „und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte“. Er sprach noch einmal kurz mit Maria, auf Johannes weisend: „Siehe, dies ist dein Sohn.“ Danach sagte er zu dem Jünger: „Siehe, das ist deine Mutter.“ Und von der Stunde nahm sie der Jünger zu sich (Johannes 19,25- 27). Der Überlieferung nach ging Maria mit Johannes nach Ephesus, heute ein Ruinenfeld beim türkischen Selcuk. Eine andere Geschichte sagt, dass sie in Jerusalem blieb. Beide Orte werden als ihre Sterbeorte verehrt. In Ephesus soll sich ihr letztes Wohnhaus befinden, das die selige Anna Katharina Emmerick (1774-1824) „geschaut“ hat. Tatsächlich fand man bei Ausgrabungen eine Ruine, die der Beschreibung in etwa entsprach.
War Maria wirklich eine Jungfrau? Wozu wird dann Josefs Ahnenreihe im Neuen Testament aufgezählt? Und warum ist in den alten Fassungen der Bibel noch von „Geschwistern Jesu“ die Rede? Streitbare Theologen wie Gerd Lüdemann vertreten die Auffassung, dass Jesus aus einer vorehelichen Zeugung stamme, vielleicht sogar aus einer Vergewaltigung. Die Bibel liefert keine Aussagen dazu. Matthäus verweist zwar auf Jesaja 7,14, als er schildert, wie ein Engel Josef davon überzeugte, die schwangere Maria nicht zu verlassen (Matthäus 1. 18-25).
Dort steht aber ursprünglich gar nichts von einer Jungfrau, sondern es heißt, „eine junge Frau (hebr. alma) wird schwanger werden und einen Sohn gebären und ihn Immanuel nennen“. Erst in der griechischen Bibelübersetzung „Septuaginta“ aus dem 3. Jahrhundert v. Chr., die Matthäus benutzt hat, wird das hebräische Wort alma mit parthenos (Jungfrau) übersetzt. Doch das, worauf es ankommt, ist etwas anderes, erklärt der Theologe Wolfgang Beinert: „Der Sohn Gottes wird ohne Zutun eines Menschen geschaffen. Maria ergreift die Hand, die sich ihr bietet. Die Erlösung kommt rein von Gott her. Es handelt sich um eine Neuschöpfung in Solidarität.“ Dafür ist die Vorstellung von der Jungfrauengeburt natürlich wichtig.
Übrigens war sie in der Antike nicht unüblich. Auch Kaiser wie Alexander oder Augustus sollen von Göttern abstammen. Die katholische Kirche trieb diesen Gedanken aber noch weiter. Maria soll selbst unbefleckt empfangen worden, vor, während und nach der Geburt von Jesus jungfräulich geblieben und leiblich auferstanden sein.
Damit war sie keine „normale“ Frau mehr. Reiner als alle anderen sollte sie sein, frei von der Erbsünde, die Eva, die Urmutter aller Menschen, in die Welt gebracht hat. Symbolisiert wird das auf Bildern häufig durch ihre Kleidung, die blau wie der himmlische Gott oder weiß wie das Licht ist, das für Reinheit und Vollkommenheit steht. Maria ist die wichtigste Heilige der katholischen Kirche. In der Position der „Himmelskönigin“ trägt sie sogar Züge einer Göttin.
Zum ersten Mal erschien Maria (noch zu ihren Lebzeiten) angeblich 41 n. Chr. im spanischen Saragossa auf einer Säule. Sie beauftragte dort den Apostel Jakobus mit dem Bau einer Kirche (Gemälde von Nicolas Poussin, 1629/30)
Psychoanalytiker wie C. G. Jung sahen sie als Archetypen der Mutter, zu dem auch heidnische Göttinnen wie Isis und Astarte gehören. Der Mutterarchetyp steht für die Vorstellung einer gebärenden, beschützenden Frau, hat aber auch negative Aspekte in Form der verschlingenden Mutter.
Dazu der Mariologie Wolfgang Beinert: „Analogie ist nicht gleich Genealogie. Maria weist zwar Ähnlichkeiten mit Isis auf, ist aber nicht aus ihr hervorgegangen. Mütterlichkeit und Fruchtbarkeit waren für die Menschen zu jeder Zeit wichtige Themen. (...) Sie ist aber keine Göttin, sondern ein Mensch. Die Verehrungsformen sind nicht unähnlich, weil wir nicht so viele Möglichkeiten haben, unsere Liebe zu jemandem auszudrücken.“
Spätestens seit dem frühen Mittelalter wurde Maria um Fürbitte gebeten. Wallfahrten, Wunder und Reliquienkult waren wichtige Elemente der Volksfrömmigkeit. Als Madonna mit dem Christkind tröstete Maria junge Mütter, als Pieta mit dem toten Jesus auf dem Schoß alle Leidenden. Unter ihrem weiten Mantel barg sie als „Schutzmantelmadonna“ die Gläubigen. Wunder sind in Zusammenhang mit ihr dann keine Seltenheit mehr, wenn man etwas nachhilft.
Die schwarze Madonna von Tschenstochau soll bei einem Schwedenüberfall auf Polen 1655 die Geschosse der Angreifer abgelenkt haben. Zum Dank ernannte der polnische König Johann II. Kasimir Maria zur Patronin des Landes.
An Wallfahrtsorten wie etwa Altötting finden sich besonders zu den Marienfesten viele Pilger ein: Am 8. September wird die Geburt Marias gefeiert, die Verkündigung der Empfängnis am 25. März und Marias Tod und ihre Himmelfahrt am 15. August. Orte, an denen man Wunder erlebt haben will, konkurrieren um die Gunst der Pilger mit Orten, an denen Maria selbst erschienen