Hedwig Courths-Mahler

Der Wildfang


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       Hedwig Courths-Mahler

      Der Wildfang

      Liebesroman

      e-artnow, 2022

       Kontakt: [email protected]

      EAN 4066338123138

      Inhaltsverzeichnis

       l. Kapitel. Rose-Marie.

       2. Kapitel. Die Fremde.

       3. Kapitel. Die Konfirmation.

       4. Kapitel. Ein schwerer Schlag.

       5. Kapitel. Die Herrin von Schönrode.

       6. Kapitel. Der Abschied.

       7. Kapitel. Der Dammbruch.

       8. Kapitel. Abschied von Burgau.

       9. Kapitel. Unerwartete Hilfe.

       10. Kapitel. In der Pension.

       11. Kapitel. Erlebnisse in der Pension.

       12. Kapitel. Uns Schloß Schönrode.

       13. Kapitel. Im neuen Wirkungskreis.

       14. Kapitel. Endlich bezwungen.

       15. Kapitel. Versöhnung.

       16. Kapitel. Glücklich vereint.

      l. Kapitel.

       Rose-Marie.

       Inhaltsverzeichnis

      »Böllermann! Böllermann! Nun tu’ mir doch die Liebe an und halte den Racker fest — er hat ja wohl den Drehvogel im Leibe!« rief Rose-Marie lachend über den Hof.

      Sie saß nach Knabenart auf einem Pferd, das sich — wie toll im Kreise herumdrehte. Es sah sehr gefährlich aus, aber Rose-Marie lachte und kannte keine Furcht.

      Die dicken, blonden Hängezöpfe hatten sich gelöst und das lockige Haar flatterte wie ein goldiger Mantel um die kindliche Gestalt.

      Das frische Mädchengesicht glühte vor fröhlichem Eifer und die weißen Zähne blitzten zwischen den roten Lippen hervor.

      Böllermann, der Großknecht, kam auf ihren Ruf im Trab über den Hof gekannt, um ihren Wunsch zu erfüllen.

      Ehe er aber an der Veranda vorüber war, erklang von derselben eine klare, kräftige Männerstimme im befehlenden Tone:

      »Zurück, Böllermann, das Biest schlägt aus, wenn Du zu nahe kommst!«

      Böllermann blieb unschlüssig stehen und sah abwechselnd zu Rose-Marie hinüber und zu seinem Herrn hinauf, der aus der Veranda stand.

      Fritz Gerhard der Besitzer des Gutes, sah mit scharf abwägendem Blick auf das unruhige Pferd und seine etwa zwölfjährige Tochter.

      Er schien durchaus keine Angst zu haben um die jugendliche Reiterin, die mit kraftvollen Fäusten in die Zügel riß.

      »Ruhig Blut, Rose-Marie! Laß die Zügel nicht locker!« rief er ihr zu.

      Sie nickte und biß, ernster werdend, die Zähne aufeinander.

      Das jugendliche Gesicht bekam dadurch einen Ausdruck, der an die energischen Züge des Vaters erinnerte.

      In diesem Augenblick trat eine zarte, blasse Frau, Rose-Maries Mutter, mit müder Haltung aus die Veranda heraus, neben ihren Gatten.

      »Um Gottes willen, Fritz, laß doch Böllermann das Pferd halten, wenn es Rose-Marie abwirft — ich habe den Tod davon,« sagte sie in weinerlichem Tone.

      Gerhard legte lächelnd seine Hand auf ihre Schulter.

      »Keine Angst, Henriette, die sitzt fest wie verwachsen mit dem Gaul. Böllermann riskiert aber einen Beinbruch, wenn er herangeht, denn »Mordskerl« schlägt aus, wenn er sich nicht halten lassen will. Übrigens hat Rose-Marie darauf bestanden, »Mordskerl« zu reiten, nun muß sie auch ohne fremde Hilfe fertig werden!«

      »Aber sie rief doch Böllermann zu Hilfe!«

      »Das war gar nicht ihr Ernst!«

      »O Du mein lieber Gott, was bist Du für ein Vater! Ihr beiden ängstigt mich doch jeden Tag. Wie einen wilden Jungen erziehst Du das Kind!«

      Gerhard lachte leise mit einem seltsamen, gepreßten Beiklang.

      »Ist mir gerade recht so, Henriette, ich habe ja doch keinen Sohn. Rose-Marie, soll Nerven bekommen, wie von Stahl, und Knochen wie von Eisen. Das Blut soll ihr rasch und frisch durch die Adern pulsieren.

      Sie soll nicht ihr halbes Leben in Schmerzen und Ohnmachten verbringen, wie Du, armes Hascherl. Siehst doch an Dir, wohin eine weichliche Erziehung führt. Was lebtest Du für ein anderes Leben, wenn Du so ein forscher Kerl wärest, wie unsere Rose-Marie. Das ist doch ’ne Pracht, unser Mädel, hm?«

      »Ja doch — ja. Ich weiß, was ich Dir für ein Hemmschuh bin, mit meinen schwachen Nerven — mehr eine Last, als eine Hilfe!«

      Er strich sanft mit seiner großen, charakteristischen Hand über ihren dünnen, dunklen Scheitel und sagte:

      »Laß gut sein, Henriette, unserer Rose-Marie soll zugute kommen, was uns Dein kränklicher Zustand gelehrt hat. In Licht und Sonne, in Sturm und Wetter soll unser Kind auswachsen und erstatten, damit es mehr Freude am Leben hat als Du!«

      »Das wohl, Fritz. Aber so wie Du sie erziehst, ist es auch nicht richtig. Rose-Marie kann keinen Strumpf stopfen, keinen Knopf richtig annähen. Feine Handarbeiten kennt sie kaum vom Hörensagen. Und ihr Klavierspiel — Gott sei es geklagt — es ist nicht zum Anhören.

      Wie es sonst mit der Schulweisheit steht, da frage nur den Lehrer; die dümmsten Bauernkinder lernen mehr als sie. Und mit den französischen und englischen Stunden, die ihr unsere Frau Pastor gibt, da hapert es sehr. Die Vokabeln wirft sie durcheinander, wie Kraut und Rüben.«

      Gerhard lachte, ohne Rose-Marie und den »Mordskerl« aus den Augen zu lassen.

      »Dafür kann sie reiten, wie ein Husar, und weiß in Stall und Scheuer Bescheid, wie der beste Landwirt. Sollst sie nur mal im Kälbergatter sehen — sie versteht sich auf rationelle Kälbermast so gut wie ich selbst, und über Ackerbau und Viehzucht kann sie Dir eine famose Vorlesung halten, das Dir Hören und Sehen vergeht.

      Den Firlefanz den Du da aufzählst, das lernt so ein heller Kopf wie sie im Handumdrehen, wenn sie erst mal ausgewachsen ist und ihr das viele Stillsitzen keinen Schaden mehr macht. Nein, Henriette, rede nicht drein, ich habe mir