Michael Czaykowski

Wernyhora, der Seher in der Ukraine II


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      Michael Czaykowski

      Wernyhora,

      der Seher in der Ukraine

      Band 2

      Abschrift und zeitgemäße

      Bearbeitung von Jens Piske

      Wernyhora,

      der Seher in der Ukraine

      Band 2

      Michael Czaykowski, Jens Piske

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      Impressum

      Texte: © Copyright by Jens Piske

      Umschlag: © Copyright by Jens Piske

      Titelbild: Ludwig Gedlek

      Verlag: Verlag Njemoskal

       Chutirska 19

       19644 Sahunivka / Ukraine

       http://verlag-njemoskal.com

      Druck: epubli - ein Service der neopubli GmbH,

       Berlin

      Inhaltsverzeichnis

       Kapitel 1 – Vergeltung! 2

       Kapitel 2 – Gontas Lohn für Verrat 33

       Kapitel 3 – Lichtblicke 76

       Kapitel 4 – Neue Bündnisse 117

       Kapitel 5 – Die Entführung 157

       Kapitel 6 – Heldentum kontra Heimtücke 198

       Kapitel 7 – Die Prophezeiung 241

       Erläuterungen 279

      Und was das Schwert verschont, zertritt der Huf!

      »Herr Thaddäus« von A. Mickiewicz

      Zu derselben Zeit, als die Hajdamaken in Uman ihre scheußliche Lustbarkeit hielten, lag in Sokoliwka Nekrasa, nachdem er von Wut übermannt auf Gontas Bett gesunken war, wie besinnungslos da. Er bat nicht und drohte nicht, denn seine Stimme hatte sich überschrien. Er schlug auch nicht mehr mit den Fäusten, denn die Hände waren schon zerschunden, das Holz härter als die Knochen. Vergebens ließen die Saporoger durch das schmale, über der Tür des Alkovens befindliche Fensterchen Speise und Trank hinein, diese liegen unberührt am Boden. Auch die Saporoger sind es überdrüssig, dreieinhalb Tage untätig dazustehen, schon ist Sawatchka mit den Trümmern seines Haufens durch Sokoliwka hindurch geeilt, Potockis Kosaken sind gegen Uman vorgerückt, sie aber rühren sich nicht von der Stelle; Vater Salisnjak hat befohlen, den Gefangenen zu bewachen, und ein Saporoger wird hundertmal eher sein Leben lassen, als den Befehlen des Watazka nicht zu gehorchen.

      Gegen Abend ertönten Hufschläge auf der Straße. Der am Tor Wache stehende Saporoger kam eilends in den Hof gelaufen und rief: „Die Ljachen kommen!“ Im Nu war das Haustor verrammelt, fünf Mann stellten sich mit Gewehren an den Fenstern auf; der sechste blieb mit gezogenem Säbel vor der Alkoventür stehen.

      Wie es scheint, ziehen auf der Straße Kosaken heran, auf mutigen Rossen, sie sind blaugrau gekleidet, haben weiße Gürtel und an den Mützen rote Kolpake. Voran auf einem Rappen reitet ein Greis in Saporogerkleidung von gewaltigem Wuchse und mit herausfordernder Miene, neben ihm zur rechten Seite auf einem weißen Hengst ein Edelmann in altpolnischer Taratata1, zur Linken auf einer kastanienbraunen Stute ein Kosak im Kontusch. Sie hielten vor dem Tore an. Einer der Kosaken stieg vom Pferd und versuchte das Tor zu öffnen, da schoss einer der Saporoger, der Kosak wankte verwundet und sank in die Knie. Schnell saßen fünfzig Reiter ab und eilten mit gezogenen Säbeln, mit Äxten und Flinten gegen den Hof. Die Saporoger schossen, einige Kosaken fielen, aber andere brachen die Tür auf, andere drangen durch das Fenster in das Haus; hier begann nun ein blutiger Kampf.

      Vergebens rief der alte Saporoger, man solle den Wehrenden das Leben schenken, schon sind fünf niedergehauen, und den sechsten, der kaum noch atmete, schleiften sie auf der Erde, als die Anführer in das Zimmer traten. Der alte Pole rief:

      „Mord und Tod! Brecht die Türe ein, gewiss ist dort auch so ein Teufelskerl verborgen.“

      Nekrasa hörte das Feuern, das Waffengeklirr, der Pulverdampf drang zu ihm hinein, er kam zu sich und raffte sich auf, es ist ihm schmerzlich, dass ohne ihn gekämpft wird. In diesem Augenblick kracht die Türe zusammen, und wie groß war sein Erstaunen, als er Wernyhora und den Herrn Kämmerer vor sich sah. Mit ausgebreiteten Armen fielen sie einander um den Hals und drückten sich ans Herz, als wenn sie ersticken wollten, und die Worte: „Vater! Sohn! Mord und Tod! Herr Nekrasa! Herr Kämmerer!“ durcheinander ausgestoßen, mischten sich in die Umarmungen. Inzwischen wurde das Zimmer von Leichnamen und vom Blute gereinigt; Bilowus ließ die Verwundeten versorgen, die Gefallenen begraben, und die Pferde füttern. Als Nekrasa in das erste Zimmer heraustrat und in der Ecke seinen Pallasch fand, nahm er ihn mit solcher Freude in die Hände, wie der Geliebte die Hand der Geliebten nach langer Trennung fasst; hierauf erzählte er, was mit ihm vorgegangen war, Wernyhora schüttelte traurig den Kopf.

      „Wir kommen zu spät nach Uman, es muss dort schon alles vorüber sein.“

      „Lasst uns sogleich aufbrechen, schnell die Pferde abgefüttert!“

      „Mord und Tod! Lasst uns aufbrechen und siegen, Herr Nekrasa ist mit uns, und Gott ist mit uns.“

      Nun erzählte Wernyhora die völlige Vernichtung von Sawatchkas Haufen, und wie Jerlicz’s Brigade und die Dragoner mehr als tausend Hajdamaken nach Kodnya2 geschafft haben, wo sie ihr Urteil erwarten und ihre Strafe erleiden werden. Dann nahm er Nekrasa auf die Seite.

      „Herr Ataman, auch die schwarzäugige Jungfrau ist nicht weit.“

      „Wie? Ist Fräulein Magdusia nicht mehr in Parchomiwka?“

      „Um ein Haar wäre sie auch hierher gekommen.“

      „Vater, sagt mir doch, was das bedeuten soll.“

      „Wir wollten mit der Gevatterin nach Uman, damit sie mit dem Alten zusammen wären, aber da ich dachte, ihr hättet vielleicht den Kampf dort schon begonnen, so riet ich ihr, Uman seitwärts liegen zu lassen, und geradewegs nach Kuna zu fahren, wo der Bruder des Herrn Chiczewski Guardian des Kapuzinerklosters ist.“

      „Warum sind sie nicht hierher gekommen? Hier wären sie in völliger Sicherheit.“

      „Es gelüstete sie eben nicht, nachdem sie kurz zuvor erst den Kampf von Korsun erlebt, schon wieder mit anzusehen, wie sich die Leute morden; übrigens sind sie auch dort in Sicherheit. Zwei Fahnen von dem Bataillon Kordysz ziehen sich nach jener Gegend hin, die dritte folgt uns auf dem Fuße. Übrigens haben sie den Franzosen, den du kennst, zum Beschützer; ich habe ihnen da einen recht guten Hüter gegeben, wie ich hoffe…“ und hier lächelte er etwas boshaft. Nekrasa wurde rot und brachte das Gespräch auf andere Gegenstände.

      Bald darauf zog eine Fahne Landesreiterei herein unter der Führung des Porucznik Michael Czaykowski, auf weißen Pferden, in krapproten Kurtkas, die reich mit silbernen Aufschlägen besetzt waren, und in krapproten Reithosen. Zwei Trompeter bliesen einen Marsch, hinter ihnen kamen rottenweise die vier Züge, an der Spitze eines jeden ritt ein Namiestnik; die Towarysche ließen ihre Fahnen in der Luft flattern; die Gemeinen sind nur mit Karabinern und Säbeln bewaffnet; die Towarysche haben amarantfarbene Mützen auf, mit schwarzem Schaffell besetzt, und einen Busch Kapaunenfedern. Der Herr Porucznik auf