Susi Marie Belle

Aufzug ins Glück


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den er hätte halten können, war in Sicht. Natürlich hatte sie sich in jede Freundschaft seines Sohnes eingemischt; und damit alle möglichen Freundinnen bzw. Schwiegertöchter vergrault.

      Dann war da dieser schwache Moment, lag es an der späten Stunde, am Alkohol, an der Einsamkeit. Ich kann es nicht analysieren, obwohl ich mich normalerweise wirklich im Griff hatte, Adelheid verwickelte mich in ein Gespräch. Sie fragte mich, wie ich mein Leben sähe, geschickt lenkte sie mich in die Sackgasse.

      „Findest du Olaf nett?“, fragte sie nach dem x-ten Glas Whiskey.

      Ich kicherte verlegen.

      „Oh, wie süß!“, schnurrte Adelheid. „Das hab ich mir doch fast gedacht. Du bist in Olaf verliebt.“

      „Nein, nein,“ wehrte ich ab…und fuchtelte abwehrend ab.

      „Olaf ist doch wie ein großer Junge.“

      „Genau, deshalb macht der große Altersunterschied dir nichts aus.“ Begeistert klatschte sie in die Hände.

      Wunderbar. Lisa, du bist meine Traumschwiegertochter und ich spendiere euch beiden eine Traumhochzeit.

      Am nächsten Morgen hatte ich einen dicken Kopf wie ein Medizinball, ich erkannte mich selbst im Spiegel nur an meinen kastanienbraunen Locken. Meine grünen Augen waren leuchtend rot umrandet, als hätte ich sie mit Lippenstift markiert. Gut, dass mich nie jemand darauf angesprochen hatte, es war sicher doch nur ein Alptraum.

      Adelheid hielt das kleine Glöckchen in der Hand und bimmelte. Erwin, ihr ergebener Ehemann und Vater von Olaf, saß am Flügel und spielte „Stille Nacht.“

      Weihnachten bei Otterbeins war eben etwas ganz besonderes. Heimelig.

      Wir sangen gemeinsam und ich sah auf dem Flügel ein Schmuckkästchen kleines, weihnachtlich verpacktes Schmuckkästchen. Erwin hatte es sicher schon dort für Adelheid deponiert. Wir umarmten uns nach der Musik und wünschten uns frohe Weihnachten. Adelheid holte die Champagnergläser und Erwin ließ den Korken knallen. Ich hatte hier wirklich Glück gehabt in diese Familie als Stiefkind zu kommen.

      Adelheid nahm das Schmuckkästchen und reichte es Olaf.

      „Für dich, mein Sohn.“, dabei kniff sie ein Auge zu und blinzelte mich an.

      Olaf öffnete das Geschenk, darin waren zwei goldene Ringe.

      Olaf kräuselte die Stirn.

      „Was ist das?“

      „Das sind deine Verlobungsringe. Für Lisa und dich.“

      Ich sah Olaf mit großen Augen an:

      „Das ist ja eine Überraschung!“, stammelte ich.

      „Für mich auch.“, murmelte er zurück. Er steckte mir den Ring an den Finger. Adelheid klatschte hysterisch in die Hände. Erwin haute voll in die Tasten und spielte den Hochzeitsmarsch aus dem Sommernachtstraum von Felix Mendelsohn- Bartholdy. Ich nahm einen großen Schluck Champagner und verschluckte mich. Die Kohlensäure kribbelte in der Nase. Ich rettete mich auf das Klo und schaute in den Spiegel. Ich sah in meine dunkelgrünen Augen und redete mit mir selbst:

      „Lisa, was passiert hiergerade mit dir?“

      Ich drehte verlegen meine schokoladenbraunen Locken.

      Werde ich verkuppelt? Mit einem Mann, den ich nicht will?

      Adelheid meint es immer gut mit mir, aber das hier?

      Sch… wie komme ich da jetzt wieder raus?. Fünf Minuten allein. Das brauchte ich in diesem Moment.

      Ich hörte die Türglocke, hatte Erwin etwa einen Weihnachtsmann bestellt?

      Zuzutrauen wäre es ihm. Die Stimmen im Flur waren mir wohlbekannt. Also musste ich meinen Rückzugsort wieder verlassen und gesellte mich zu den Gästen.

      Meine Freundinnen Caroline und Julia. Wie nett, dass sie uns besuchten.

      Adelheid berichtete sofort begeistert von der Verlobung.

      Die beiden guckten mich ratlos an:

      „Das kommt ja überraschend.“, fand Caroline ihre Stimme wieder.

      „Natürlich werde ich euch in meiner Boutique „Schuhgöttin“ beraten. Auf der nächsten Modemesse werde ich für euch die elegantesten Schuhe kaufen.“

      Adelheid führte die Gäste ins Wohnzimmer.

      „Seht her, der ganze Baum voller Spielzeug, und hier steht schon eine Babywiege. Natürlich erwarten wir Enkelkinder.“ Der Blick von Adelheid erschlug mich fast.

      „Ich dachte, du willst im nächsten Jahr beruflich voran kommen.“, Julia sah mich erstaunt an.

      Erwin lenkte sofort ein: „das brauchen wir heute nicht zu besprechen, Adelheid. Eins nach dem anderen.“

      Die Freundinnen prosteten mir etwas verlegen zu, Adelheid hatte inzwischen auch ihnen Champagner serviert.

      „Na, dann hast du dir für das nächste Jahr einiges vorgenommen.“, brachte Julia das Gespräch wieder in Gang.

      Olaf und ich tauschten Blicke. Olaf guckte so verdattert. Oh je, konnte der Mann blöd gucken, dachte ich gerade, als mich Adelheid ansprach: „das Schöne in unserer Familie ist, dass Schwiegermutter und Schwiegertochter ein Herz und eine Seele sind.“

      Sie umarmte mich so heftig, dass ich kaum noch Luft bekam. Mein Hals fing an zu jucken, bestimmt bekam ich diese roten Flecken.

      „Julia, dein Cape ist sehr elegant.“, wechselte ich das Thema.

      Julia lupfte den Wollstoff zur Seite und in ihrem Arm saß ein Lebewesen aus grauem Fell.

      Wer ist das denn?“, riefen alle durcheinander.

      „Wie süß!“

      Das ist sehr lustig

      „Das ist Julius, er ist erst vier Wochen alt. Seine Mutter ist leider gestorben. Jetzt bin ich seine Ersatzmutter.“

      Julia strahlte und zeigte das Faultierbaby, das sich verschämt an sie kuschelte.

      „Bei uns seid ihr gut aufgehoben, schließlich weiß ich als Vorsitzende des Zoovereins, mit welcher Hingabe die Mitarbeiter des Zoos sich für ihre Tiere einsetzen. Gerade du, Julia, als Zootierärztin nimmst ein Faultier mit nach Hause. Das ist doch einfach großartig! Das muss in meiner nächsten Rede erwähnt werden.“, Adelheids Stimme vibrierte vor Begeisterung.

      Irgendwann spät in der Nacht lag ich im Bett, und wollte einfach schlafen und vergessen. Bitte nichts, einfach gar nichts träumen!

      Aber es ging noch schlimmer. Ich fiel nicht wie erhofft, in einen Erholungsschlaf, sondern träumte von meiner eigenen Beerdigung:

      Ganz nah neben mir stand Olaf, mein Stiefbruder. Er hatte gerötete Augen, als hätte er die ganze Nacht den Föhn an seine Augen gehalten. Seine Haut wirkte grau und schlaff. Sie erinnerte mich an einen Elefanten. In dem Anzug, den er trug, sah er aus, wie ein Garderobenständer.

      Neben ihm stand mein Stiefvater Erwin, der irgendwie allein komisch wirkte, wo war denn nur Adelheid, seine Frau, meine Stiefmutter und zukünftige Schwiegermutter? Sicher hatten wir uns öfter gestritten, aber dass sie deshalb nicht zu meiner Beerdigung käme, hatte ich nicht erwartet.

      Mein Blick kreiste weiter, meine Freundin Caroline, die erst kürzlich ihre Schuhboutique „Schuhgöttin“ eröffnet hatte, stand neben meinem Chef Brummel. Caroline hatte natürlich extravagante schwarze Lackschuhe an, sie ließ keine Chance aus, um für ihr neues Geschäft Werbung zu machen. Mein Chef kam zu meiner Beerdigung. Das machte mich jetzt im Nachhinein richtig stolz. Ich dachte immer, er hielt nicht viel von mir. Andererseits mal raus aus dem Büro an die frische Luft,… da ist eine Beerdigung mal eine gelungene Abwechslung. Seinem Gesicht war keinerlei Regung anzusehen. Stur starrte er auf seine Schuhe.

      Meine Freundin Julia, war auch dabei. Ich hatte immer gehofft, dass sie sich für diesen Termin Zeit nähme, war