Susanne Danzer

Der Teufel von London


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seinem Erstaunen wurde er eingelassen. Miss Thompson gehörte zu den leichteren Fällen, die nicht so streng isoliert untergebracht waren, weshalb der Pförtner das Tor für ihn öffnete und ihm den Weg zur Station wies. Und auch die Krankenschwester in der Abteilung ließ sich durch sein charmantes Auftreten erweichen, nachdem sie erfahren hatte, weshalb er Miss Thompson zu sprechen wünschte.

      Der Tod eines guten Freundes der Familie – so hatte er es kurzerhand dargestellt und sich bemüht eine betrübte Miene zur Schau zu stellen – war eine Ausnahme wert.

      »Ich werde Miss Thompson für Sie holen, Sir. Würden Sie bitte auf sie vor Gebäude II warten? Sie wird sicher in Kürze bei Ihnen sein.«

      Er tat wie ihm geheißen und wartete in der Nähe einer schweren Eichenholztür auf die Frau, die er nur von einem abgegriffenen alten Bild her kannte.

      Seine Worte hatte er sich bereits auf der Fahrt zum Sanatorium zurechtgelegt. Jetzt hoffte er, sie auch einigermaßen glaubwürdig vorbringen zu können, ohne ins Stammeln zu geraten.

      Als Miss Thompson auf ihn zukam, war er enttäuscht, denn sie trug ein einfaches, graues Wollkleid mit einer gestärkten Schürze darüber, hatte die Haare unter einer Haube versteckt und war nicht gepudert oder sonst wie zurechtgemacht. Sie wirkte bedeutend älter als auf dem Foto.

      »Sie wollen mich sprechen?«, sagte sie mit einer raueren Stimme, als er erwartet hatte.

      Er nickte.

      »Setzen wir uns einen Augenblick, Miss Thompson. Ich bin weder von der Polizei, noch habe ich die Absicht, einem Dritten gegenüber etwas von Ihnen zu berichten«, begann er höflich, ohne seinen Namen zu nennen. »Sie kennen George Brownhill?«

      Florence Thompson nickte und sah ihn skeptisch an.

      »Er ist mein zukünftiger Mann«, antwortete sie. »Seinetwegen bin ich hergekommen, um mich zu erholen.«

      Charles wusste, dass er ihr mit seinen nächsten Worten sehr wehtun würde. Aber es musste sein.

      »Er ist gestern einem Verbrechen zum Opfer gefallen. Noch weiß es außer uns und den Verbrechern niemand. Nicht einmal die Polizei.« Er sah sie offen an. »Haben Sie zu mir Vertrauen?«

      Sie schwankte leicht. Ihm war klar, dass sie diese Nachricht zu Tode erschreckt hatte und sie es sicher nicht wahrhaben wollte.

      »Das kann ich schwerlich sagen, Sir. Ich kenne Sie schließlich nicht.«

      »Ich bitte Sie mir zu vertrauen, denn es ist leider genauso, wie ich es sagte«, bekräftigte er deshalb. »Ich mache Ihnen nichts vor und kann meine Behauptungen auch beweisen. Ich trage diesen Anzug von ihm, den ich aus seinem Haus geholt habe. Er benötigt ihn bedauerlicherweise ja nicht mehr. Sie können die Polizei rufen, wenn Sie wollen. Das steht ihnen frei und ich wäre ohnehin fort, bevor sie eintreffen würde. Zudem sollten Sie bedenken, dass Sie denen gegenüber Farbe bekennen müssten. Ich bin das kleinere Übel, glauben Sie mir. Kurz gesagt: Ich weiß, wer Ihnen das Opium verkauft hat.«

      Nun war es heraus und er war mit sich relativ zufrieden. Entspannt lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.

      Florence Thompson dagegen verstand längst nicht alles, was er ihr mitteilte. Der einzige Gedanke, den sie hatte, war, dass ihr George umgebracht worden war. Was sollte sie nun tun?

      Der Mann neben ihr versuchte nichts zu beschönigen, sondern sagte, was er glaubte, sagen zu müssen. Die Worte sprudelten geradezu aus ihm heraus. Er berichtete ihr von seinem Erlebnis am Hafen, von dem Besuch in der Villa und seinem vergeblichen Bemühen, an Arthur Bistow heranzukommen. In ihrem Schmerz über den Verlust ihres Verlobten konnte sie ihm kaum folgen.

      »Das ist es, was ich Ihnen mitteilen wollte«, beendete Charles seinen Bericht. »Nach allem, was ich erfahren habe, war George hinter Mister Bistow her. Sie haben ihn wohl deshalb zum Schweigen gebracht, weil er zu viel über die Händler wusste. Eine Frau hat sich sogar in seiner Villa einquartiert«, fügte er beinahe verschwörerisch hinzu.

      Florence Thompson zitterte am ganzen Körper und Tränen liefen ihr über die Wangen, die sie mit einem bestickten Taschentuch fortwischte, das sie aus der Tasche ihrer Schürze gezogen hatte.

      »Ich habe George gewarnt, dass er sich nicht mit diesen Subjekten einlassen soll. Doch er wollte nicht auf mich hören. Hat die Gefahr immer heruntergespielt. Ich wusste, wie gefährlich die sind. Ich wusste es ganz einfach.« Sie sah ihn fragend an. »Was haben Sie nun vor, Sir?«

      Darüber wollte er mit ihr jedoch nicht sprechen. Wenn sein Plan aufging, würde er keine finanziellen Sorgen mehr haben; für sehr lange Zeit, wenn nicht gar für den Rest seines Lebens. Mister Bistow musste es doch einiges wert sein, wenn er nicht wegen Mord unter Mordanklage gestellt, verurteilt und gehängt werden wollte.

      »Weiß außer George jemand, wo Sie sich aufhalten? Ich meine, … es wäre durchaus vorstellbar, dass man Sie sucht, um Sie ebenfalls zum Schweigen zu bringen.«

      Sie wurde blass und blickte ihn erschrocken an. Sie wusste zwar nicht, wer außer George ihren momentanen Aufenthaltsort kennen konnte; sicher fühlte sie sich jedoch nicht. War es denkbar, dass die Verbrecher erfahren hatten, wo sie sich erholte, genau wie der Mann neben ihr? Es schien für ihn ein Leichtes gewesen zu sein, sie zu finden.

      »Hätten Sie die Güte, mir ein paar Pfund zu leihen, Sir?«, fragte sie leise. »Im Moment habe ich nichts bei mir und ich werde Ihnen die Summe zurückgeben. Das verspreche ich. Sie können sich darauf verlassen. Wo kann ich Sie in London erreichen?«

      Er nickte und nannte ihr die Adresse der Pension in ›Bromley‹, wo er sich eingemietet hatte.

      »Sie wollen doch hier nicht einfach verschwinden?« Er hatte eine Augenbraue fragend angehoben. »Hier sind Sie bestens aufgehoben.«

      »Ich werde es schon zu verantworten wissen«, erwiderte sie. »Mir liegt nicht mehr viel daran, ob man mich heilt. Zudem, wenn Sie mich hier finden konnten, dann sind andere durchaus ebenfalls in der Lage dazu.« Sie warf ihm einen ernsten Blick zu. »Unternehmen Sie nichts, bis ich in London bin. Sie werden alles erfahren, darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«

      Mit einem Mal hatte sie es sehr eilig, sich von ihm zu verabschieden. Er gab ihr fünf Pfund, die sie in ihrer Schürze verschwinden ließ und hoffte, dass es ausreichte.

      Mit dem Ergebnis der Unterhaltung war er zufrieden. Jetzt konnte er mit neuer Zuversicht nach London zurückkehren und die Suche nach den Mördern fortsetzen.

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