Hanos gab den Befehl, denn er war nicht lebensmüde.
Er schaute sich um, suchte nach seinen Leuten. Er wollte niemanden verlieren. Die Morituri waren weiterhin am Werk. Grind, Kales und Titan schützten sich gegenseitig, waren schnell in ihrer Ausführung und trotzdem konnten sie nicht verhindern, dass bei einem Manöver Grind unvorsichtig geworden war und ein Untoter ihn in seinen Arm biss.
Grind erschrak sich und tötete seinen Angreifer im nächsten Augenblick. Kales und Titan hatten es vernommen. Sie wussten nicht, wie sie reagieren sollten. Der Krieger in ihnen riet ihnen, Grind zu töten. Der Freund wollte ihn am Leben lassen.
Sie wussten durch all ihre Erlebnisse, dass die Verwandlung unausweichlich war. Und trotzdem hatten sie Hoffnung. Grind erkannte in ihren Augen, welche Überlegungen sie anstellten.
„Geht und sagt Hanos, dass er wie ein Bruder war“, sprach er, „genauso wie ihr.“
Er dreht sich um und schritt auf die Untoten zu.
„Ich reiß‘ noch ein paar Ärsche auf…“, brachte er noch heraus, ehe er sein Schwert zog und kämpfend in der Menge verschwand.
„Nein!“ schrie Titan.
Kales hielt ihn fest und zog ihn zurück. Er sah die Gefahrenwelle auf sich zukommen. Die Untoten hatten die Oberhand. Wenn sie nicht genauso enden wollten, wie Grind, dann mussten sie jetzt gehen.
„Lass‘ los“, brüllte Titan, „ich werde ihm folgen!“
Doch Kales wollte nicht nachgeben. Er wollte ihn nicht auch noch verlieren.
„Tu‘ das nicht“, warnte er, „du wirst sterben!“
Titan war das gleichgültig, wollte er nur seinen Bruder zurückholen. Er war doch noch nicht gestorben. Titan ging. Kales blieb wie angewurzelt stehen, für einen kurzen Moment, dann musste er sich verteidigen. Knapp entkam er dem Tod.
Kales konnte sich durch die Menge kämpfen. Er entwickelte erstaunliche Fähigkeiten, um bis zum Grind vorzustoßen. Grind stand mit dem Rücken zu Titan. Er hielt sein Schwert in seiner rechten Hand und verharrte. Die Menge der Untoten rannte an den beiden vorbei.
„Grind komm‘ zurück, wir suchen Hilfe, wir finden etwas, um dich zu befreien“, sprach Titan mit Verzweiflung.
Grind drehte sich um. Er sah verändert aus. Sein Blick war blutrünstig. Wie ein Tier atmete er schwer.
„Geh, bevor ich dich töte!“ drohte er seinen alten Bruder.
„Nein!“ entgegnete Titan, „noch ist es nicht zu spät- wehre dich!“
Grind nahm sein Schwert. Er stellte sich mit letzter Kraft zum Kampf hin. Er war in Begriff, Titan zu verletzen, so schien es. Aber Titan sollte sich irren. Grind machte kehrt und verschwand. Die Menge der Untoten hatte ihn umkreist. Er war in der Falle.
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Er war am Ende seiner Kräfte. Seit Josias beschlossen hatte, nicht mehr Friedrich zu dienen, verfolgten ihn auch die Untoten. Er konnte entkommen, hatte er doch eine solide Ausbildung.
Er fühlte sich wie ein Versager, da er auf den falschen gesetzt hatte. Zudem erkannte er durch die Flucht, was er angerichtet hatte. Er herrschte die totale Verwüstung und überall waren diese Untoten.
Josias versteckte sich in den Bäumen. Sein Plan war, erst einmal wieder zu Kräften zu kommen. Dann müsste er nach Süden, denn hier im Norden waren alle dem Tode geweiht, zu viele Bestien liefen hier herum. Josias hatte seit Tagen keine lebendige Seele mehr angetroffen.
Es war für ihn kein Grund, in Mitleid zu zerfließen, viel mehr machte es ihn stark. Und er benötigte diese Stärke für das, was noch kommen sollte. Er hatte, zu seinem Glück, ein Schwert in einem kleinen Dorf gefunden, welches er an sich nahm. Es war nicht das Beste, aber zum Töten reichte es allemal.
Es waren einige Tage vergangen seit er Edengaard verlassen musste. Nahrung fand sich nur schwer auf und seine Energie musste er einteilen. Die Untoten waren einfach in einer immensen Überzahl, das wurde ihm mit jedem Moment bewusst.
Er bewegte sich in Richtung Gaardes, denn ihn musste man passieren, um in den Süden zu gelangen. In normalen Zeiten hätte er den Dunkelwald gemieden, denn er war gefährlich, selbst für einen wie ihm. In den dunklen Zeiten, wie es nun eine gab, war der Dunkelwald wohl sicherer als die Welt außerhalb des Waldes.
Er sollte Glück behalten, denn die Untoten kamen nur vereinzelt hierher. Zudem konnte er hier Nahrung finden. Es wuchsen einige Äpfel an Bäumen und wilde Beeren konnten sich in diesem Gehölz ebenso finden lassen.
Des Nachts beschloss er, wie die Tage zuvor, auf einem Baum seine Nachtruhe zu halten. Es ging in den Umständen entsprechend gut. Josias hatte einen leichten Schlaf, verständlicherweise. In einer Nacht weckte ihn das Knacken eines Astes.
Sofortig schreckte er hoch. Er konnte eigentlich gar nichts sehen, denn es war stockduster. Ein Feuer würde ihn verraten und die Massen an Untoten kämen, um ihn mit Haut und Haar zu verspeisen. Zudem gab es im Dunkelwald genügend Tiere, die den Untoten zuvorkommen würden.
Dennoch nahm er etwas wahr. Seiner Erfahrung nach, musste es sich um ein Tier handeln. Vielleicht ein Raubtier? Ein Untoter schien keine ausgeprägte Intelligenz zu besitzen, um sich anzuschleichen. Sie wirkten wie ferngesteuert. Sie waren Raubtiere, die einfach drauf losstürmten, ohne Rücksicht auf Verluste.
Es knackte ein weiteres Mal. Wenn etwas oder jemand ihn hätte töten wollen, wäre dies schon längst geschehen. Es könnte die Möglichkeit bestehen, dass es sich um ein Tier handelte, welches auf seiner Nahrungsliste stand.
Es machte ihn neugierig, weshalb er beschloss, seine Sinne zu schärfen. Wieder verriet das Brechen eines Zweiges, dass sich jemand näherte. Josias dachte nicht mehr an Nahrung, sondern ging davon aus, dass es sich um eine naive Person handeln müsste, oder tatsächlich um einen Untoten, denn intelligent kamen sie ihm nicht vor.
Die Wolken wichen dem Mond, sodass Josias nun durch das entstandene Licht mehr sehen konnte. Was er zu sehen bekam, erschrak ihn, denn es war ein kleines Mädchen. Sie musste zwischen sechs und sieben Jahren alt gewesen sein.
Plötzlich verlief alles sehr schnell. Das Mädchen musste schreien, denn eine Hand voll Untoter kamen aus dem Nichts und verschreckten sie. Josias sprang instinktiv dem Baum herunter. Unter anderen Umständen hätte er sich das Bein gebrochen, aber nun war er vollgepumpt mit Adrenalin, weshalb er schnell war.
Die Meute Untoter sah ihn nicht kommen, hatten sie doch das Mädchen als Opfer auserkoren. Josias erledigte die ersten beiden binnen Sekunden, ehe die restlichen drei auf ihn aufmerksam wurden. Das Mädchen schrie noch immer, war es jetzt geschockt von der plötzlichen Attacke Josias aus dem Nichts.
Josias ließ sich dadurch nicht ablenken und trennte dem nächsten seinen Kopf vom Torso. Der vierte lief geradewegs in das Schwert. Er steckte fest. Josias konnte es nicht aus der Brust des Angreifers lösen. Der letzte der Untoten roch seine Chance und griff Josias sofortig an.
Josias stieß mit seinem Bein das Schwertopfer zurück. Dieser stolperte nach hinten und fiel zu Boden. Den ankommenden Untoten verpasste er einen Fausthieb mitten ins Gesicht. Das Geschrei des Mädchens hatte Josias ausgeblendet.
Der Untote wich zurück, startete aber gleich eine weitere Attacke. Josias antwortete erneut mit einem Faustschlag. Der Untote wurde voll getroffen. Es hätte jeden anderen umgehauen, aber der Untote spürte nichts. Es beeindruckte ihn keineswegs. Emotional war er tot wie sein Leib.
Josias bemerkte, dass seine Aktionen nicht ausreichten und er fürchtete, dass weitere Horden von Untoten kommen würden, wenn das Mädchen weiter laut schrie. Er griff auf der Erde nach einem Ast, den er auch finden sollte. Als der Untote wiederholt angriff, setzte er seine gesamte Energie auf einen einzigen Schlag und zertrümmerte den Schädel, weshalb der Untote zu Boden ging.
Er war nun endgültig tot. Der andere, der das Schwert in seinem Körper stecken hatte, regte sich nach wie vor. Er lechzte nach Fleisch, machte