Ilona Hausherr

Sonne, Mond und Mord


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von seiner Frau, außer im beruflichen Umfeld, wenige Kontakte zu anderen Menschen hatte. Von seinen Kollegen wurde Mond durchaus anerkannt, da er seine Ermittlungen immer mit sehr viel Sorgfalt und Hingabe und vor allen Dingen erfolgreich führte.

      Lisa wählte also am Abend die Nummer von Mond. Nach dreimal Klingeln melde er sich mit einem brummigen:

      „Nickel-Dümmer“.

      Lisa sagte: „Hallo Mond, hier ist Lisa. Ich muss Dich unbedingt sprechen. Könnten wir uns vielleicht am Samstag in unserem Café treffen, so gegen 11 Uhr?“

      Mond antwortete: „ Ja, das können wir machen. Was gibt es denn so wichtiges?“

      „Das erzähle ich Dir später, das möchte ich nicht am Telefon besprechen.“

      „Ok. Dann sehen wir uns Samstag um 11 Uhr im Café.“ Und schon hatte er aufgelegt.

      Am Samstagmorgen saß Lisa bereits zehn Minuten vor der vereinbarten Zeit im Café und hatte sich schon ein Kännchen Kaffee bestellt, als Mond zur Tür rein kam. Er sah wie immer ziemlich gut aus und begrüßte sie mit den Worten:

      „Guten Morgen Sonne.“ Lisa hieß mit Nachnamen „Sonne“ und wurde daher von den meisten ihrer Freunde und Bekannten nicht Lisa sondern „Sonne“ genannt.

      Als Lisa sich damals während ihres Referendariats bei der Kripo in Lübeck mit ihrem Namen vorgestellt hatte, war das Gelächter groß gewesen. „Willkommen Frau Sonne, dann werde ich Sie nachher mal Herrn Nickel-Dümmer, genannt Mond vorstellen“, hatte einer der Beamten sie begrüßt und musste sich offensichtlich Mühe geben, nicht laut los zu prusten. Lisa hielt das ganze erst für einen blöden Scherz, hatte sich dann aber, nachdem sie Mond vorgestellt worden war, damit abgefunden, dass die Kollegen stets dumme Sprüche machten.

      „Hallo Mond. Schön, dass Du Zeit für mich hast!“

      „Für Dich doch immer, Sonne! Aber nun raus mit der Sprache, was willst Du mit mir besprechen?“

      „Möchtest Du Dir nicht erst einen Kaffee bestellen? Oder ein Frühstück?“

      „Ja, Du hast Recht. Ich habe ordentlich Hunger.“

      Nachdem Mond sein Frühstück bestellt hatte, erzählte ihm Lisa kurz von Anna und den Ereignissen der letzten zwei Wochen. Außerdem zeigte sie ihm den Zettel, den sie auf dem Küchentisch gefunden hatte.

      „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Anna den Text geschrieben hat. Ich habe noch nie gesehen, dass sie irgendetwas mit Druckbuchstaben geschrieben hat. Jede Nachricht von ihr war in ihrer schönen runden Handschrift geschrieben.“

      Mond fragte:

      „Was weißt Du denn über ihren Arbeitgeber in Köln?“

      „Nicht viel. Nur, dass er Wümmel heißt und eine kleine Kanzlei in der Kölner Innenstadt hat. Sie hat mir auch nicht erzählt, warum sie Ärger mit ihm hatte.“

      „Das hört sich alles ziemlich merkwürdig an. Ich werde mal sehen, ob ich etwas über den Anwalt in Erfahrung bringen kann. Wie heißt eigentlich Anna mit Nachnamen?“

      „Birger.“

      „Ok. Ich melde mich bei Dir, sobald ich etwas herausgefunden habe. Jetzt will ich erst einmal mein Frühstück genießen. Zuhause muss ich mir das ja immer selbst machen. Oh, da kommt es ja schon. Sieht lecker aus.“

      Lisa hatte überhaupt keinen Appetit und begnügte sich mit ihrem Kaffee.

      „Dann lass es Dir mal schmecken!“

      Das tat Mond dann auch, so dass Lisa ihren Gedanken nachhängen konnte. Nachdem Mond sein Frühstück beendet hatte, sagte er zu Lisa:

      „Kannst Du mir sagen, wieso ich keine passende Frau finde?“

      „Vielleicht solltest Du nicht immer so ein unfreundliches Gesicht machen. Da müssen die Frauen ja weglaufen.“

      „Ich? Ein unfreundliches Gesicht? Kann gar nicht sein! Ich gebe mir immer so viel Mühe, freundlich zu sein.“

      „Na, dann möchte ich nicht erleben, wenn Du unfreundlich sein willst.“

      Da musste Mond lachen und sagte:

      „Die Frauen und ich passen einfach nicht zusammen.“

      Lisa und Mond verabschiedeten sich vor dem Café und verabredeten sich für den nächsten Samstag. Falls Mond schon vorher etwas Wichtiges herausfinden sollte, wollte er Lisa anrufen.

      Vier Tage später rief Mond Lisa an und sagte, dass er dringend mit ihr sprechen müsse. Sie verabredeten sich für denselben Abend um 20 Uhr bei Lisa zuhause. Lisa hatte immer wieder versucht, Anna auf ihrem Handy zu erreichen. Leider jedes Mal ohne Erfolg.

      Lisa ging normalerweise Mittwochabends immer ins Fitnessstudio. Darauf musste sie heute verzichten. Aber Anna war auf jeden Fall wichtiger. So wartete sie gespannt auf Mond. Der war bisher noch nie bei Lisa zuhause gewesen, aber Lisa wollte nicht in eine Kneipe oder ein Restaurant gehen. Deshalb hatte sie Mond gefragt, ob er Pizza mag und ihn zu sich nach Hause eingeladen. Die Pizza wollte sie bestellen. Mond sagte, dass er alles mag, was er nicht selber machen muss, und dass er gern zu Lisa kommen würde.

      Pünktlich um 20 Uhr klingelte es. Lisa öffnete die Tür und da stand Mond mit einem bunten Blumenstrauß und einer Flasche Wein. Er sagte:

      „Wir haben zwar kein Date im eigentlichen Sinn, aber meine Mutter hat mir beigebracht, nie ohne Blumen zu einer Frau zu gehen. Und der Wein ist für die Mühe, die Du hattest, Pizza zu bestellen.“

      Er lachte und drückte ihr einfach beides in die Hand.

      „Ich hatte Glück und habe einen Parkplatz fast vor Deiner Tür gefunden.“

      Mond fuhr einen alten, sehr gepflegten blauen Mercedes, an dem sein Herz hing. Deshalb war er immer froh, wenn er einen Parkplatz in der Nähe fand.

      Lisa stellte gerade zwei Weingläser auf den Tisch, als es wieder an der Tür klingelte. Diesmal war es der Pizzabote. Lisa bezahlte ihn und legte die Pizza auf zwei extra große Teller. Mond goss den Wein ein und sagte:

      „Mir ist klar, dass Du natürlich wissen willst, was los ist. Deshalb werde ich Dich auch nicht länger auf die Folter spannen. Vorher wünsche ich Dir aber einen guten Appetit.“

      „Den wünsche ich Dir auch. Also, was hast Du herausgefunden?“

      „Kannst Du mir sagen, wann genau Anna vor Deiner Tür stand?“

      „Ja, das war der 17. April. Das weiß ich so genau, weil ich einen Tag vorher zum Geburtstag meiner Tante in Neumünster war.“

      „Seit genau dem 17.April ist Wolfgang Wümmel, der Chef von Anna, verschwunden. Seine Frau meldete ihn als vermisst, weil er nicht zum vereinbarten Zeitpunkt in einem Restaurant erschienen ist und auch danach weder in der Kanzlei noch auf dem Handy zu erreichen war. Er hatte noch bevor er sich mit seiner Frau treffen wollte, mit ihr telefoniert und gesagt, dass er in zwanzig Minuten da sein würde. Seit diesem Zeitpunkt hat seine Frau nichts mehr von ihm gehört.“

      „Das ist ja merkwürdig. Meinst Du, dass Anna etwas mit seinem Verschwinden zu tun hat?“

      „Zumindest ist es auffällig, dass Anna etwa zur selben Zeit wie ihr Chef die Kanzlei in Köln verlassen hat und seitdem dort auch nicht mehr gesehen wurde. Da die Polizei nicht ausschließen kann, dass sie etwas mit dem Verschwinden zu tun hat, wird zwischenzeitlich auch nach ihr gesucht.“

      „Ich kann das alles gar nicht fassen und ich will mir auch nicht vorstellen, in was Anna da wohl geraten ist.“

      Eine Weile aßen beide schweigend ihre Pizza, bevor Mond auf die Angelegenheit zurückkam:

      „Da die Sache zurzeit von der Kölner Kripo bearbeitet wird, kommt morgen ein Kriminalbeamter aus Köln zu uns, um Dir ein paar Fragen zu stellen. Vielleicht kannst Du ja morgen eher Feierabend machen und um 17 Uhr in mein Büro kommen.“

      „Das