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Kirsten Klein
Eine feine Gesellschaft – Marder Misties zweiter Fall
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Inhaltsverzeichnis
Widmung und Dank
Gewidmet meinem Border Collie Tristan, der mich nun schon seit über zwölf Jahren begleitet
Mein Dank gilt meinem lieben Freund, dem Historiker Olaf Schulze, der das Manuskript lektorierte und das Cover gestaltete.
Prolog
Hartnäckig beißt Sophia in die Wäscheleine, zieht daran und schmeckt Blut. Rot und verschwollen sind ihre Handgelenke, lassen sich noch immer kaum bewegen.
Ihre Füße haben zwar einen winzigen Spielraum. Sobald sie den aber nutzt und strampelt, drückt sich an den Handgelenken die Wäscheleine nur noch tiefer in ihre Haut.
Nein, so geht es nicht. Erneut setzt Sophia ihre Zähne ein. Den Schmerz spürt sie mittlerweile fast gar nicht mehr, sieht nur das Blut aus ihrem Mund auf ihre Hände tropfen.
Endlich scheint sich die Verschnürung doch ein bisschen zu lockern. Mit ungeahnter Kraft zieht und zerrt Sophia, koste es so viel Blut wie es wolle!
Erst, als sie Anton hinter der Tür lauthals fluchen hört, hält sie inne und starrt darauf, allerdings nur für einen Augenblick. Denn jetzt hört sie ihre Chihuahua-Hündin Lady jaulen und sieht, wie unter der Schwelle hindurch Blut in ihr Gefängnis fließt.
Während Sophias stummer Schrei ihr das Herz in der Brust zu sprengen droht, lockert sie dank unbändiger Willensanstrengung so weit ihre Fesseln, dass sie nacheinander beide Hände herausziehen kann.
Reste der Schnüre noch an den Füßen, reißt Sophia die Tür auf. Einzig frische Blutspuren auf dem hellen Parkett sowie an der weißen Seidentapete künden vom Geschehen, das vor wenigen Minuten hier stattfand.
Lautlos folgt die junge Frau auf bloßen Füßen den Spuren. Kurz vor einer Biegung fällt ein Schatten darauf. Unter Sophias Füßen scheint die ganze Villa zu erbeben.
1
Abrupt verharrt Lady und lauscht, blickt hoch zu Sophia. Diesen Knall muss doch auch sie gehört haben, trotz ihrer mangelhaften menschlichen Ohren. Lady erkennt es nicht nur an Sophias erschrockenem Gesicht. Sie kann es riechen.
Doch wie so oft, verhält sich Sophia auch diesmal widersprüchlich, eben typisch Mensch. „Ach was“, meint sie tröstend, wobei das Zittern in ihrer Stimme ihre Worte widerlegt. „Das galt nicht unserem Mistie. Außerdem ist jetzt keine Jagdsaison.“
Na ja, sehr überzeugend klingt das nicht und überhaupt... Jagdsaison – auch so ein typisch menschliches Wort, denkt Lady. Als wenn man nur zu bestimmten Zeiten im Jahr jagen müsste, um fressen zu können. Ihr Magen hat immer Saison! „Mistie!“, kläfft sie unentwegt. Wo treibt sich der Marder bloß wieder herum? Lady rast weiter zwischen immer dichter stehenden Fichten, Eichen und Buchen hindurch, dass Sophia angst und bange wird. Trotz ihrer langen Beine kommt sie kaum hinterher, ruft sich heiser nach der Hündin, erhascht nur noch ein paar aufblitzende Rutenfransen. Ob Jagdsaison oder nicht – vermeintlich wildernde Hunde sind nie gern gesehen.
Lady hört, wie Sophia unentwegt ihren Namen ruft. Sie ist also noch hinter ihr, wie brav! Da wirkt sich eine gründliche Erziehung also wieder mal aus, denkt Lady und überwindet geschickt das Unterholz, springt mal darüber, huscht mal zwischendurch. Hindernisse erkennt sie rechtzeitig und meistert sie mit geschickten Wendungen.
Endlich bleibt Sophia atemlos stehen und schaut sich hilflos um. „Lady, hier – Lady!“ Doch nur das durchdringende „Hiäh“ eines Gelbspötters antwortet ihr aus dem Gebüsch, in dessen Nähe sie ihre Hündin zuletzt gesehen hat. Dann zerreißt ein weiterer Knall die morgendliche Stille.
Sammy horcht auf, glaubt etwas gehört zu haben, wendet sich aber gleich wieder dem Operationsbesteck zu und streicht seine dunklen Locken aus der Stirn.
Der erste heutige Patient, ein Perserkater mit ellenlanger Ahnentafel, liegt bereits in Narkose und wartet auf seine Kastration. Auch den Klingelton des Telefons ignoriert Sammy. Der AB wird den Anrufer darüber informieren, dass die Praxis erst heute Nachmittag geöffnet ist.
Viele Gedanken treiben Sammy um und erschweren ihm die Konzentration auf den Kater. Dabei könnte er sie bei solch einer Routine-Op. ruhig ein bisschen abschweifen lassen, erlaubt sich das aber schon rein prinzipiell nicht, aus Respekt vor seinen Patienten.