Homo sapiens, deren Entwicklungsgeschichte nach gegenwärtiger Erkenntnis vor 2,5 Millionen Jahren in Afrika begann, schon immer emotional tief bewegt und zum Nachdenken angeregt. Für viele Menschen sind daher die unterschiedlichsten Religionen für sie „Zufluchtsmöglichkeiten“, um Antworten auf ihre Fragen zu finden.
Die Frage „Warum altern wir?“ hat durchaus ihre Berechtigung, was sich durch ein kleines Gedankenspiel belegen lässt. Viele Körperzellen (Somazellen) können sich teilen und machen es dadurch möglich, dass sich die Organe und Gewebe des Körpers ständig erneuern. Wir können es beispielsweise beim Verheilen einer Wunde in der Haut beobachten. Jedoch ist diese Fähigkeit zur Regeneration für den menschlichen Körper nicht unbegrenzt möglich. Aus dieser Tatsache kann sich auch die Frage ergeben: „Warum bleiben wir nicht ewig jung?“ [11]
Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir uns mit verschiedenen wissenschaftlichen Auffassungen beschäftigen. In einer gedanklichen Betrachtungsweise versuchen Wissenschaftler zu erklären, was Menschen altern lässt und es damit zu den bekannten Alterserscheinungen kommt. Ihrer Meinung nach spielen beim Alterungsprozess mehrere Faktoren eine Rolle.
Die Grundgedanken ihrer Hypothese sind: Im Laufe der Zeit häufen sich in den Zellen immer mehr Schäden in deren Erbgut an. Auslöser kann zum Beispiel die Bildung so genannter freier Radikale sein, die beim normalen Stoffwechsel entstehen. Diese freien Radikale sind in der Lage, Zellbestandteile zu zerstören und tragen somit dazu bei, dass die Zellen nicht mehr optimal arbeiten können. Andererseits wird das Erbgut, das in jeder einzelnen Zelle in Form der DNA vorliegt, bei jeder Zellteilung verkürzt. Um einer solchen Verkürzung entgegenzuwirken, besitzt das Erbgut spezielle Schutzkappen, die Telomere genannt werden. Ein Enzym, die Telomerase, dessen Entdeckung im Jahr 2009 mit dem Nobelpreis gewürdigt wurde, ermöglicht die ständige Erneuerung dieser Schutzkappen, allerdings nur in bestimmten Zellen. Dadurch geht in den anderen Körperzellen mit der Zeit immer mehr Erbinformation verloren, so dass die betroffenen Zellen sich nicht mehr erneuern können und absterben.
Nebenbei bemerkt: Das Enzym Telomerase wurde 1985 von den beiden Forscherinnen Elizabeth Blackburn und Carol Greider in dem Wimpertierchen Tetrahymena entdeckt. Die beiden Wissenschaftlerinnen wurden dafür 2009, zusammen mit Jack W. Szostak, mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet.
Interessant ist es auch, der Frage nachzugehen: „Gibt es einen biologischen Grund für das Altern?“. Diese Frage sollte vorrangig unter evolutionsbiologischen Gesichtspunkten beantwortet werden. Warum hat sich in der Evolution (das ist die stammesgeschichtliche Entwicklung der Lebewesen von niederen zu höheren Formen) nicht die Strategie durchsetzen können, dass alle Lebewesen so lange leben und Nachkommen produzieren, bis sie durch Krankheit, Unfälle oder Naturkatastrophen aussterben oder als Teil einer Nahrungskette gefressen werden? Diese Strategie hat sich offensichtlich nicht bewährt und sich daher die Entwicklungstendenz durchsetzen konnte, dass höher entwickelte Lebewesen langsam altern und dann sterben. Das hat den Vorteil, dass die älteren Generationen zu einem bestimmten Zeitpunkt für die jüngeren Generationen „Platz machen“. Dadurch wird einer Überbevölkerung vorgebeugt.
In der Regel sind die Mitglieder der neuen Generationen aufgrund von vorteilhaften Mutationen anpassungsfähiger und können somit auf neue Umweltbedingungen besser reagieren und damit auch ihre Gene besser verbreiten.
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse lassen den Schluss zu, das Altern ein regulierter Prozess ist, der durch metabolische (im Stoffwechselprozess entstandene) und genetische Vorgänge beeinflusst wird. Das bedeutet einerseits, dass der menschliche Körper für den Alterungsvorgang programmiert ist und sich daher der natürliche Tod nicht beliebig hinauszögern lässt.
Andererseits vermutet man auch, dass es im Körpersystem des Menschen „Regelknöpfe“ und „Schalter“ gibt, die das Individuum von außen (exogen) betätigen kann, um den Alterungsprozess zu verlangsamen. Als einer dieser „Schalter“ erweist sich offenbar die Kalorienzufuhr. Eine Reihe von Forschungsergebnissen im Zusammenhang mit Versuchstieren haben belegt: „Weniger Kalorien bedeutet langsameres Altern“.
Was versteht man unter dem Begriff „Alter“?
Nicht nur vom Verlauf des Alterungsprozesses, sondern auch von gesellschaftlichen Konventionen hängt es ab, ob ein Mensch als alt eingestuft wird. Haben Menschen das Rentenalter erreicht, werden sie als „alt“ bezeichnet. Allerdings sind die 65-Jährigen in der deutschen Gesellschaft eine sehr ungleichartige (heterogene) Gruppe. Die meisten Menschen dieser Altersgruppe sind wesentlich gesünder und vor allem selbständiger als ältere Menschen in der Vergangenheit. Die Relativität von Altersgrenzen ist nach Ansicht von Gerontologen (Alters- oder Alternswissenschaftler) der Grund dafür, dass man die Frage, ab wann jemand alt ist, eigentlich nicht beantworten kann. Gerontologen unterscheiden deshalb zwischen „Alter“ und „altern“. Ihrer Meinung nach ist „Altern“ ein „mehr oder weniger kontinuierlicher und letztlich irreversibler Prozess, der am Ende zum Tod führt“. [12]
Wodurch wird der Prozess des Alterns bestimmt? Es hängt ab von der biologischen Ausstattung des Menschen, wobei genetische Faktoren eine Schlüsselfunktion spielen. Eine weitere Rolle spielen die Lebensführung der alternden Person und äußere Einflüsse.
Der Alterungsprozess verläuft auf drei Ebenen
Die meisten Wissenschaftler unterscheiden bei der Analyse und Beschreibung von Alterungsprozessen eine biologische, eine soziale und eine psychologische Ebene. [13]
Die biologische Ebene eines Alterungsprozesses ist „durch eine zunehmende Verringerung der Anpassungs- und Wiederherstellungsfähigkeit gekennzeichnet“. In Verbindung damit nimmt auch die Leistungsfähigkeit immer weiter ab (Eine Tatsache, die viele Mitmenschen ignorieren und nicht wahrhaben wollen.). Die Anfälligkeit für Erkrankungen nimmt für alternde Menschen in der Regel zu. Der Grund: Es tritt vermehrt eine Vielzahl von molekularen und zellulären Schäden in deren Körpern auf, die sich mit der vorhandenen genetischen Ausstattung nicht mehr reparieren lassen.
Veränderungen auf der sozialen Ebene sind vielfältig, was sich in den Veränderungen der gesellschaftlichen Stellung und in Veränderungen durch den Verlust enger Beziehungen sowie sozialer Rollen widerspiegelt. Allerdings: Das altersbedingte Ausscheiden aus dem Beruf kann auch positiv gesehen werden. Eine gute Gesundheit und ausreichende materielle Ressourcen ermöglichen es so manchem Mitmenschen, den Rollenwechsel vom Berufstätigen zum Rentner als eine „späte Freiheit“ aufzufassen. Die Erfahrung zeigt, dass ältere Mitmenschen in der Regel ihre Lebensziele und ihre Alltagsaktivitäten diesen Veränderungen anpassen. Die Verrentung macht es möglich, dass sich die Betroffenen auf das konzentrieren, was ihnen als besonders wichtig erscheint.
Für den Psychologen Andreas Kruse (*1955, ein deutscher Psychologe, Gerontologe und Demograph) treten auf der psychologischen Ebene Verluste vor allem in den Bereichen auf, „die an die Umstellungsfähigkeit von Nervenzellverbänden gebunden sind, wie zum Beispiel das Kurzzeitgedächtnis oder die hohe Geschwindigkeit im Denken“. Jedoch wird das Altern von älteren und alten Mitmenschen häufig nicht als ein Abbauprozess erlebt, sondern als „Phase der Anpassung oder sogar des Wachstums und der Reifung“.
Das Gehirn bildet eine Ausnahme
Das ist ermutigend: Im Alter gibt es auch durchaus gegenläufige Prozesse, wie das Beispiel Gehirn zeigt. Obwohl dieses Organ im Alter an Masse verliert, die Zahl der Hirnzellen abnimmt, ihre Schutzschicht dünner wird und die Nervenverbindungen schlechter funktionieren, was sich auf die Aufmerksamkeit und die Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit auswirken kann, so bedeutet das nicht, dass seine intellektuelle Leistungsfähigkeit insgesamt abnimmt. Die sogenannte „kristalline Intelligenz“ (damit ist gemeint: verbales Ausdrucksvermögen, soziale Kompetenz, Fachwissen) ist nach wissenschaftlichen Erkenntnissen erst im Alter von 60 Jahren voll ausgeprägt „und kann danach noch lange erhalten bleiben“. [14]
Psychologen sprechen in diesem Fall von Plastizität. Dazu der Psychologe Andreas Kruse: „Sie bezeichnet die Fähigkeit des Menschen,