fähig sind im Team zu arbeiten und soziale Beziehungen aufzubauen und zu pflegen. Nicht zuletzt sollen diese Menschen auch Kompetenzen erwerben, um aktive Teilhaber an modernen multikulturellen demokratischen Gemeinschaften sein zu können. Soweit die Ziele, wie sie auch als Bildungsziele im Thesenpapier der Zukunftskommission formuliert werden. (Das Reformkonzept der Zukunftskommission. Von Günter Haider, Ferdinand Eder, Werner Specht, Christiane Spiel. Veröffentlicht im Internet unter www.klassezukunft.at)
Die Frage ist allerdings die nach dem Weg. Dort jedoch scheiden sich die Geister. Wie werden diese Ziele erreicht?
Ich möchte an dieser Stelle nicht die verschiedensten Positionen referieren, sondern selbst einen Weg anbieten, darüber nachzudenken.
a. Der erste Streit entscheidet auch bereits über die erste Trennung: Intelligenz ist angeboren, wird vererbt und kann nur minimal gefördert und entwickelt werden.
Gegen diese gar nicht so wenig verbreitete Ansicht richtet sich die moderne Hirnforschung mit ihren Ergebnissen:
Das menschliche Gehirn besteht demnach in seiner Konstanz aus Neuronen, die mittels chemischer Transmitter, die in elektrische Impulse übersetzt werden, an so genannten Synapsen miteinander in Verbindung stehen. Die Gehirnfunktionen stehen also insgesamt sehr stark mit dem gesamten chemophysischen und –psychischen Prozess eines Lebewesens in Zusammenhang. „Neun Monate nach der Empfängnis sind die meisten Neuronen, die unser Gehirn aufbauen, zu ihrem Bestimmungsort im Gehirn gewandert. Dort angekommen schlägt jedes Neuron Wurzeln und macht sich daran, synaptischen Kontakt mit seinen Nachbarneuronen aufzunehmen.“ (Greenfield, Susan: Reiseführer Gehirn; Heidelberg/Berlin; 2003; S.140) Das Gehirn verfügt über wesentlich mehr Neuronen, als im weiteren Verlauf des Lebens genutzt werden können. In den folgenden drei Jahren wächst das Gehirn des Kindes auf ungefähr die vierfache Größe als zur Zeit der Geburt. 85% der nachgeburtlichen Gehirnentwicklung findet in den ersten drei Jahren des Kindes statt. Ein Großteil der spektakulären Größenzunahme des Gehirns nach der Geburt geht auf die Entwicklung der Fortsätze zurück, die als Kommunikationsverbindungen zwischen den Neuronen dienen. Neuronen, die nicht genutzt werden, werden nicht vernetzt und verlieren ihre Funktion. Dafür gibt es ebenfalls ungewöhnliche Beispiele: So ergaben z.B. die Untersuchungen an einem 6-jährigen italienischen Jungen, der auf einem Auge blind war, ein medizinisches Rätsel. Soweit Augenärzte feststellen konnten, war das blinde Auge völlig in Ordnung. Wie sich herausstellte, war das Auge des Jungen, als er noch ein Baby war, zwei Wochen lang wegen einer leichten Infektion verbunden worden. Eine solche Behandlung wäre bei einem älteren Kind mit bereits ausgebildeten neuronalen Verbindungen ohne negative Folgen geblieben. Aber so kurz nach der Geburt befand sich die Ausbildung der Augen-Gehirn-Schaltkreise in einer kritischen Periode. Da die Neuronen, die das verbundene Auge versorgten, nicht arbeiteten, wurde ihre normale Zielregion von Nerven des unverbundenen, normal arbeitenden Auges übernommen. Das Gehirn behandelte die Neuronen, die nicht arbeiteten, so, als ob sie nicht vorhanden wären. Sensibel ist das neuronale System vor allem während der ersten drei Lebensjahre des Kindes auf Erfahrungen mit der Umwelt. Vernetzungen stellen sich her oder eben nicht. Das Prinzip „Use it or loose it“ bezüglich der Neuronen ist genauso von Bedeutung wie das Prinzip „Use it as much as you can“. Je aktiver Hirnregionen durch aktiven Austausch mit der Umwelt gefordert werden, umso mehr Schaltkreise bilden sich aus, die elektrisch aktiv sind und chemische Verbindungen zur Verfügung haben. Diese wiederum stehen wie gesagt in engem Zusammenhang mit dem chemophysischen und –psychischen Prozess des Lebewesens: Ernährung, Erholung, Schlaf, Stressvermeidung, Gesundheit usw. spielen also ebenfalls eine bedeutsame Rolle.
Meine Schlussfolgerung lautet demnach: Intelligenz wird „vererbt“ durch die Umgangsformen der Eltern mit ihrem Kind. Wenig ist dabei fix angeboren, das Wenige ist selten nachweisbar, aber auch das Interaktive, das, was sich konkret im Austausch zwischen Kind und Betreuungsperson abspielt, ist selten exakt nachweisbar. Interaktion im nonverbalen Raum ist nichts Messbares.
Auf jeden Fall sind das menschliche Gehirn und der Prozess seiner Entwicklung im Mutterleib seit 45.000 Jahren derselbe geblieben. Mit dem Gehirn, das wir als Neugeborene haben, könnten wir genauso gut in der Urzeit der frühen Cro-Magnon-Menschen überlebt haben. Anders gesagt, ein in unsere Zeit versetztes Cro-Magnon-Baby könnte durchaus genauso geschickt und intellektuell beweglich im Umgang mit Computern werden wie es viele Jugendliche in Industrieländern heute sind. Die größte Herausforderung für das anpassungsfähige menschliche Gehirn besteht darin, sich unter zeittypischen Umwelteinflüssen und Zwängen zu entwickeln und heranzureifen, unter denen es überleben muss, sei es in der Welt des Computers oder in der Welt des Dschungels. Die Windungen des Gehirns, der Cortex, reifen erst relativ spät, etwa im 7. Schwangerschaftsmonat heran. Der Vorteil des gefurchten Cortex ist, dass auf begrenztem Raum mehr Oberfläche untergebracht werden kann.
b. Der zweite Streit bezieht sich darauf, dass das Baby uninteressant, weil geistig noch nicht besonders gescheit, also entwickelt, die Beschäftigung mit ihm daher fad und etwas für vernarrte, ein bisschen dabei verblödete Mütter oder Väter, bzw. für bezahlte Betreuungspersonen sei:
Ich behaupte, es kommt ganz darauf an, mit welchem „Bild“, ja sogar mit welchem „Weltbild“ man hier hantiert.
In der älteren Hirnforschung heißt es
„Dass das Auftauchen eines Archetyps nicht sofort mit einer reflexhaften Instinktreaktion des Menschen beantwortet wird, liegt im Sinne der Bewusstseinsentwicklung, denn die Erkenntnis des Objektiven, sei es des Objektiven der Welt außen oder der psychischen Welt innen, des kollektiven Unbewussten, wird durch die Wirkung der emotional-dynamischen Komponente des Unbewussten gestört und sogar verhindert...Bewusstsein, Ich und Wille, welche den Stoßtrupp zumindest der abendländischen Menschheitsentwicklung bilden, tendieren dahin, den Zusammenhang zwischen den materiellen und den dynamischen Komponenten, d.h. der emotional betonten Instinkt-Reaktionen und –Handlungen zu trennen, sich der materiellen Komponenten, der Inhalte des Unbewussten zu bemächtigen und sie zu verarbeiten.“ (Neumann, Erich: Ursprungsgeschichte des Bewusstseins, a.a.O., S.357)
An der Uni Wien wurde in den 70er und 80er Jahren im Fach Pädagogik unterrichtet, man erziehe Zöglinge stufenweise zu sich herauf. Sie entwickelten Stufe für Stufe mehr an Kenntnissen und Fähigkeiten, bis sie im Idealfall den Mentor erreichten. Dabei müsse der Mentor helfen
Auch im Verhältnis zu anderen Kulturen wünschen viele, die anderen mögen sich zu unseren hoch entwickelten Standards herauf entwickeln. Man blickt bisweilen freundlich, jedoch kritisch auf die „Primitiven“, die Verachtung ist nicht zu übersehen.
Da die ältere Hirnforschung der emotionalen, dynamischen Seite des Unterbewussten untergeordnete Funktionen zuschreibt, die durch die rationale Seite des Bewusstseins unter Kontrolle gehalten werden müssen, damit Menschen nicht in primitive Reiz-Reaktions-Verhalten verfallen, konstruiert sie hier die Entwicklung von einem „primitiven Menschen“, meint damit gleichzeitig einen ‚Frühmenschen’, einen ‚Urwaldmenschen’ und ein Kleinkind zum hoch entwickelten Individuum abendländischer Provenienz. Dieses Weltbild ist auch in dieser Theorie enthalten.
Wer seine Zeit mit „Untermenschen“ verbringen muss, um diese höher zu entwickeln, beschäftigt sich mit mühsamer niedriger Arbeit. Besser scheint es doch in so einem Fall, sich dann nur an den Produkten zu erfreuen.
Die Beschäftigung mit Kindern scheint so wenig reizvoll zu sein.
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