Eva Bolsani

Ein Playboy für Valentina


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effizienten Kunstdetektiv in einen Jammerlappen verwandelt, der tatsächlich an Flüche und Weissagungen zu glauben schien. Kam da das indianische Erbe bei seinem Freund durch? Sah ganz so aus, jedenfalls rutschte der hagere Mann schon wieder unruhig auf seinem Stuhl herum, seinen Pisco Sour hatte er ebenso wenig angerührt wie die hervorragenden Tapas.

      Dem Friedrich Ritter hatte das Bild allerdings tatsächlich kein Glück gebracht. Das geschah ihm aber auch ganz recht, fand Maximilian.

      »Die Salazars … willst du wirklich nur so wenig für das Bild bieten?«, versuchte Adriano das Gespräch nun zum wiederholten Mal auf die derzeitigen Eigentümer des Gemäldes zu lenken, doch Maximilian winkte ab.

      »Die haben dem Ritter das Bild vor Jahren für ’nen Appel und ’nen Ei abgeluchst und glauben jetzt wahrscheinlich, sie könnten den großen Reibach machen. Aber die sollten froh sein, dass ich überhaupt bereit bin, für das Bild etwas zu bezahlen«, knurrte er unwillig. »Das mache ich auch nur, weil unsere Auftraggeberin keine Zeit für ein kompliziertes Verfahren zur Rückführung des Kunstwerkes hat.«

      Der Gedanke, dass die nette alte Dame sterben könnte, bevor sie das Bild wieder in den Händen hielt, verfolgte ihn schon seit Wochen. Maximilian griff nach der Pisco-Flasche, schenkte sich großzügig nach und leerte den Inhalt seines Glases in einem Zug. Laut Adriano brauchten die Salazars dringend Geld, ein Umstand, der ihm sehr gelegen kam. Auf keinen Fall würde er den horrenden Preis bezahlen, den seine Auftraggeberin bereit war auszugeben, wenn sie dafür das Gemälde zurückbekam. Oh nein, sein Angebot würde sehr viel geringer ausfallen! Wer Raubkunst von einem ehemaligen Nazibonzen erwarb, konnte nicht mit seiner Großzügigkeit rechnen.

      Dass Adriano plötzlich auch noch Skrupel entwickelte, verdarb ihm allerdings ziemlich die Laune. Aber gut, er konnte das am nächsten Morgen auch allein durchziehen. Maximilian hatte genug Material gesammelt, um die Ansprüche seiner Auftraggeberin zu beweisen. Die Salazars damit unter Druck zu setzen, sollte nicht allzu schwierig werden. Am Ende würden sie schon kleinbeigeben. Ein besseres Angebot würden sie sowieso nicht bekommen, von niemandem.

      »Vielleicht wussten sie nicht …«

      »Klar, niemand hat jemals irgendwas gewusst«, herrschte Maximilian seinen Freund ungehalten an. »Außerdem solltest du dich mal entscheiden, was du eigentlich willst: Soll ich jetzt lieber die Finger von dem Bild lassen, weil es angeblich verflucht ist, oder soll ich den Salazars das ganze Geld in den Rachen stopfen, hm?«

      Er mochte Adriano, und sie waren ein gutes Team. Aber heute Abend ging ihm sein Freund gehörig auf den Wecker. Vielleicht war es besser, wenn er sich nach angenehmerer Gesellschaft umsah? Maximilians Blick fiel auf eine hübsche Kellnerin, die sich gerade am Nebentisch weit vornüberbeugte und ihm dabei einen netten Einblick in ihr Dekolleté gewährte. Es war spät geworden, und die Terrasse leerte sich zusehends. Sicher hatte sie bald Feierabend. Er zauberte sich sein charmantestes Lächeln ins Gesicht und erntete ein freches Zwinkern.

      Siegessicher blinzelte er zurück. Als großer, blonder Deutscher fiel Maximilian in Südamerika fast überall auf und besonders die Damen schenkten ihm gerne ihre Aufmerksamkeit. Konnte natürlich auch sein, dass sich die Kellnerin mehr für seine dicke Brieftasche als für seinen durchaus ansehnlichen Körper interessierte. Aber eigentlich war ihm das heute egal – denn in jedem Fall würde es mehr Spaß machen, sie zu verführen, als sich weiter mit dem unleidlichen Adriano abzugeben. Ein letztes Mal leerte er sein Glas.

      »Du entschuldigst mich«, sagte er knapp zu seinem Freund, der ergeben seufzte, stand auf und folgte der schönen Frau an die Bar.

      ***

      »Aber … das ist ein Hund!«, stammelte Valentina fassungslos.

      Ein sehr kleiner Hund. Aber eindeutig ein Hund! Den Oskar hatte sie sich wirklich ganz anders vorgestellt. Ob das Vieh eine Freundin hatte, war ihr ebenfalls total egal.

      Reflexartig wich sie einen Schritt zurück.

      »Mogst du keine Hund? Geh weida, der is doch ganz kloa! Jetzt nimmst erst mal an Schluck Prosecco, dann schaut des glei ganz anders aus«, versuchte Wiggerl sie zu besänftigen.

      Mit zitternden Händen griff Valentina nach dem Glas. Sie hatte eigentlich nichts gegen Hunde – solange sie diese von Weitem sah. Aber so ein Hund war nun mal dreckig und voll mit den übelsten Bakterien! Es würde doch nicht etwa erwartet werden, dass sie dieses Tier anfasste?! Valentina stürzte den Prosecco in einem Zug hinunter.

      »Super, jetzt nimmst des Zamperl auf’n Arm und dann geht’s los«, schlug Wiggerl vor.

      Valentina schauderte. Aus dem Augenwinkel nahm sie wahr, wie Gina sich hinhockte und den kleinen Kerl zu sich lockte.

      »Der ist doch total süß!«, murmelte sie dabei.

      Der winzige Hund rannte zu Gina und schleckte ihr die Hand ab. Valentina schüttelte sich. Wusste Gina denn nicht, wo Hunde ihre Nase überall hineinsteckten?! Igitt! Sie wich noch weiter zurück, bis sie mit dem Rücken an die Wand des Faltpavillons stieß.

      »Ja mei …«, sagte Ludwig Obermaier ein wenig hilflos, während Gina den kleinen Oskar ausgiebig kraulte. Das blonde Model sah zu Valentina und formte lautlos die Worte ›Das nächste Mal hast du mehr Glück‹.

      Valentina griff nach der Proseccoflasche. Der Job war ihr im Moment egal – Hauptsache, sie kam von diesem Viech weg!

      ***

      Der nächste Tag brach in Valparaíso mit einem strahlend blauen, wolkenlosen Himmel an. Ein warmer Wind blähte die zarten Vorhänge vor einem weit geöffneten Hotelfenster und strich sanft über die nackte Haut eines schlummernden Mannes in einem zerwühlten Bett.

      Nur langsam kam Maximilian zu sich. Sein Kopf dröhnte und seine Glieder schmerzten. Was war hier los? Vorsichtig öffnete er ein Auge. Doch was er sah, half ihm nicht im Geringsten weiter, ganz im Gegenteil.

      Er schloss das Auge wieder und versuchte, sich darüber klar zu werden, in welcher Stadt er sich befand. Wer die nackte, leise schnarchende Frau neben ihm im Bett sein könnte und wie sie dort hingekommen war, wusste er ebenso wenig – aber das konnte warten, bis er die drängendsten Fragen geklärt hatte.

      Am liebsten würde er sich einfach eines der dünnen, zerknautschten Laken über den Kopf ziehen in der Hoffnung, dass die Welt in ein oder zwei Stunden ganz anders aussähe. Wenigstens lieferte die angefangene Pisco-Flasche auf seinem Nachttisch einen Anhaltspunkt dafür, weshalb er sich in diesem bedauernswerten Zustand befand.

      Schön langsam kehrte auch ein Teil der Erinnerung zurück. Er war mit der Kellnerin – wie hieß sie gleich nochmal? – im Bett gelandet, nachdem Adriano so gar nicht in Feierlaune gewesen war. Obwohl ihnen das Bild so gut wie sicher war.

      Das Bild!

      Verdammte Scheiße! Maximilian setzte sich ruckartig auf. Was allerdings keine gute Idee war. Der Boden schwankte verdächtig und der Inhalt seines Magens drängte nach oben. Ächzend stütze er den Kopf in seine Hände und versuchte, gegen den Schwindel anzukämpfen. Was hatte er sich bloß dabei gedacht, so viel zu saufen? Für den Termin bei den Salazars sollte er eigentlich alle Sinne beisammenhaben!

      Er lachte bitter auf, als ihm Adrianos Geschwafel von einem Fluch wieder einfiel. Wenn sein Freund recht hatte und das Gemälde die Macht besaß, ihm schon im Voraus einen solchen Brummschädel zu bescheren, dann würden die Salazars ihn womöglich bezahlen, nur um es loszuwerden.

      Nun, das würde er nie erfahren, wenn er sich nicht endlich aus dem Bett quälte. Stöhnend stand er auf und schwankte ins Badezimmer.

      Eine Stunde und drei starke Kaffee später lenkte Maximilian seinen Leihwagen in eine staubige Seitenstraße in einem Randbezirk von Valparaíso.

      »Sie haben ihr Ziel erreicht!«, behauptete das Navi.

      Er hatte mit einem mondänen Domizil einer neureichen Familie gerechnet. Stattdessen parkte er nun vor einem urigen Holzhaus mit blauen Schindeln, deren Farbe an einigen Stellen bereits abblätterte. Das Dach sollte dringend neu gedeckt werden, und der Schaukelstuhl