Eva Bolsani

Ein Playboy für Valentina


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      Natürlich hatten sie hervorragende Plätze, und nachdem sie nun direkt geklärt hatten, wie sie zueinanderstanden, konnte Valentina den Abend in Gesellschaft von Rupert Schultheis tatsächlich genießen, auch wenn dieser rasch wieder zu seiner anfänglichen Überschwänglichkeit zurückgefunden hatte. Er erzählte von dem Großhandel für Spielwaren, den er leitete und den schon sein Großvater aufgebaut hatte und konnte dabei mit allerlei amüsanten Anekdoten aufwarten. Wobei die Befindlichkeiten des alten Mannes leider auch der Grund dafür waren, dass Ruperts Outing wohl noch ein wenig hinausgeschoben werden musste.

      In der Pause schlenderten sie wieder Arm in Arm durch die Gänge und nippten an einem Champagner, während Rupert sie beiläufig einigen Bekannten vorstellte. Da es sich dabei überwiegend um Personen im Rentenalter handelte, ging Valentina davon aus, dass sie ihre Gesprächspartner wohl hauptsächlich deshalb begrüßten, damit diese vor dem Opa von Ruperts charmanter Begleiterin schwärmen konnten. Sie gab sich alle Mühe, dem auch gerecht zu werden, und Ruperts frohes Gesicht zeigte ihr, dass sie damit auch Erfolg hatte.

      Schon schien Rupert wieder jemanden zu entdecken, den er kannte, denn er zog sie eifrig weiter.

      »Oh, da ist Elisabetta«, sagte er entzückt. »Sie hat mir ein wunderbares Bild verkauft, Sie müssen sie kennenlernen!«

      Doch Valentina hatte nur Augen für den Mann, der neben der schlanken Blonden stand.

      Maximilian.

      Niemals Max oder – Gott bewahre – Maxi oder gar Mäxchen.

      Der Mann, der vor drei Jahren, einem Monat und fünf Tagen gutaussehend, reich und weltgewandt in ihr Leben geplatzt war, und den es nur ein Fingerschnipsen gekostet hatte, ihr Herz nicht einfach nur zu brechen, sondern es in tausend Stücke zu zerreißen.

      Der letzte Mensch, mit dem sie jemals wieder ein Wort wechseln wollte.

      ***

      Maximilian klatschte höflich, als sich der Vorhang vor der Pause schloss. Dabei fand er die Inszenierung eigentlich ein wenig bieder – aber das würde er lieber nicht laut äußern, denn so sehr er klassische Gemälde liebte, mit klassischer Musik konnte er recht wenig anfangen. Elisabetta sah jedenfalls zufrieden aus, also reichte er ihr den Arm und führte sie aus der Loge, um ihnen zwei Gläser Champagner zu organisieren.

      Kaum waren er und seine Frau entsprechend ausgestattet, als Elisabetta auch schon eine Gruppe distinguierter Damen und Herren ansteuerte. Maximilian verdrehte heimlich die Augen, eigentlich wäre er lieber mit seiner Frau allein gewesen. Dennoch schaffte er es, sich angemessen zu benehmen. Dem Stadtrat versicherte er, dass seine Frau heute besonders entzückend aussähe, einem Chefarzt gratulierte er zum Erwerb der neuen Villa und einem Produzenten zum Erfolg seines jüngsten Filmes. Ansonsten überließ er die Konversation Elisabetta, Smalltalk war schließlich ihre Domäne. Er kam dann zum Zug, wenn es um das Handeln und Feilschen ging. Obwohl – wenn er da an die Salazars dachte, da war er ja nicht so erfolgreich gewesen, als es darum ging, den Preis zu drücken.

      Rasch verdrängte er das chilenische Paar aus seinen Gedanken und beobachte stattdessen Elisabetta aus den Augenwinkeln. Sicher beneideten ihn einige in der Runde um seine schöne Frau, die sich so elegant auf dem gesellschaftlichen Parkett bewegte. Doch irgendwie erschien sie ihm heute besonders reserviert zu sein. Oder benahm sie sich wie immer? Vielleicht lag es auch an dem hellblauen Cocktailkleid, dass sie ihm so kühl vorkam? Die schmale Kombination mit dem knappen Bolero, dazu noch das kurze, hellblonde Haar – sie sah aus wie der Inbegriff einer Eisprinzessin.

      Maximilian seufzte innerlich und ließ seinen Blick über das Gedränge schweifen. Vielleicht war die Oper doch keine so gute Idee gewesen. Eine schummerige Bar mit einem Klavierspieler wäre …

      Jäh wurden seinen Gedanken unterbrochen. Ein wunderschön anzusehendes Paar betrat das Foyer. Der Mann war gut in Form und sehr geschmackvoll gekleidet, an seiner Seite eine jener Frauen, die es mühelos schaffen, alle Blicke auf sich zu lenken, ohne selbst etwas davon zu merken. Maximilian schluckte hart.

      Ein cremefarbenes Kleid umspielte ihre weiblichen Rundungen, ihr langes, braunes Haar fiel in sanften Wellen über ihren Rücken bis fast auf die Hüfte und ihr strahlendes Lächeln konnte man einfach nur bezaubernd nennen.

      Sie sah aus wie ein Engel, während sie am Arm des anderen Mannes durch den Raum schritt. Gerade beschloss er, sich nun doch auf ein tiefsinniges Gespräch mit dem Produzenten einzulassen, um nicht in die Verlegenheit zu geraten, sie begrüßen zu müssen, als der Mann an ihrer Seite Elisabetta entdeckte und sich daraufhin eine Miene freudigen Erkennens auf seinem Gesicht abzeichnete. Er wandte sich zu seiner Begleiterin, zweifelsohne um sie darauf vorzubereiten, der Galeristin vorgestellt zu werden.

      Maximilian wartete gar nicht erst ab, wie sie darauf reagieren würde, fühlte sich doch schon ihr Anblick an der Seite eines anderen Mannes an, als hätte er soeben einen Schlag in den Magen erhalten.

      »Du entschuldigst mich kurz«, sagte er gepresst zu seiner Frau.

      Die nickte abwesend. Ohne sich um die verwunderten Blicke der anderen Anwesenden zu kümmern, drängte Maximilian sich resolut zum Treppenhaus durch und eilte die Stufen hinab bis ins Untergeschoss an die Bar.

      Er brauchte einen Moment für sich. Und einen Drink!

      Der Barkeeper schien seine Nöte zu ahnen, trotz des Gedränges hatte er in Rekordzeit einen doppelten Grappa in der Hand. Er kippte ihn in einem Zug hinunter, während er immer noch glaubte, die Frau vor sich zu sehen, die ihn derartig erschüttert hatte.

      Valentina.

      Musste es ausgerechnet Valentina sein, die ihm über den Weg lief, wenn er einmal in die Oper ging?! Ausgerechnet sie. Die einzige Frau, die ihn jemals fast dazu verleitet hätte, den gleichen Fehler zu begehen wie seine Mutter und sich zu verlieben. Doch sie hatte das Herz, das er ihr schenken wollte, nicht einfach nur in den Schmutz geworfen, nein, sie war auch noch darauf herumgetrampelt!

      Verdammt, wie peinlich war das eigentlich? Auch nach all der Zeit ließ er sich von diesem hinterlistigen Biest immer noch aus der Ruhe bringen, das konnte doch nicht wahr sein! Das war doch nicht Maximilian Wolff, angesehener Galerist, international geschätzter Kunstdetektiv und bekannter Playboy?!

      Doch allein der Gedanke, dass sie ihn auch gesehen haben musste, dass sie sich nun mit ihrem Begleiter köstlich über sein albernes Benehmen amüsieren würde, brachte Maximilians Blut erneut in Wallung. Er orderte noch einen Drink.

      Aber diesmal kippte er den Grappa nicht auf Ex in den Rachen. Nachdenklich ließ er die klare Flüssigkeit in seinem Glas kreisen, atmete mehrmals tief ein und aus.

      Valentina. Die Frau, die ihn verraten hatte. Der es gelungen war, ihn mit ihrer gespielt unschuldigen Art vorzuführen, als sei er ein dummer Schuljunge. Elendes Miststück.

      Sie schuldete ihm noch etwas. Aber ein Maximilian Wolff war niemand, der anderen einfach so ihre Schulden erließ. Er würde bekommen, was ihm zustand. Und sie dafür leiden lassen, was sie getan hatte.

      Er nahm noch einen Schluck Grappa und spürte dem Brennen nach, als dieser seine Kehle hinunter rann. Doch mehr als jeder Schnaps es je könnte, wärmte nun die Vorstellung sein Herz, dass es diesmal Valentina sein würde, die verzweifelt und unglücklich zurückblieb, während er sich nur achselzuckend abwenden und sich wieder seinem erfolgreichen Leben und seiner wunderschönen Ehefrau widmen würde.

      Genau. Er würde den Spieß umdrehen. Wenn er mit ihr fertig war, würde sie sich wünschen, ihn nie getroffen zu haben!

      Maximilian spürte, wie er sich unwillkürlich aufrichtete und die Schultern straffte. Sein Blut schien schneller durch seine Adern zu fließen und seine Sinne schärften sich.

      Er kannte dieses Gefühl. Jagdfieber. Elisabetta war es mit ihren langweiligen Projekten nicht gelungen, es zu entfachen, doch nun war es wieder da, und seine Beute hieß Valentina.

      Maximilian trank den Grappa aus und machte sich daran, zu seiner Frau zurückzukehren, die sicher schon wieder an ihrem Platz saß und ungeduldig nach ihm Ausschau hielt. Aber er hatte jetzt ein anderes