Offiziell weiß er nichts davon. Er wird sich natürlich gewundert haben, dass er zur Heeresversammlung nicht geladen wurde. Er hat bereits Hephaistion gebeten, dass er mich sprechen will. Er wird schlimme Stunden ausgestanden haben. Bring ihn jetzt hierher.“
Ich ging zu Lynkestes, der im benachbarten Palast sein Quartier hatte. Als ich mich bei seinem Diener meldete, wurde ich sofort vorgelassen. Lynkestes sah fürchterlich aus. Er hatte getrunken. Mit schreckensweiten Augen sah er mich an.
„Was geht hier vor, Leonnatos? Warum werde ich von allem ausgeschlossen? Die Gefährten des Königs meiden mich. Alle schauen mich an, als habe ich eine schlimme Krankheit.“
„Alexander will dich sprechen. Aber in dem Zustand kannst du nicht zu ihm. Steck deinen Kopf in kaltes Wasser.“
„Sag, was ist los. Was passiert hier?“
„Alexander wird dir alles erklären.“
Er verschwand mit seinen Dienern und Masseuren und nach einer Stunde war er halbwegs präsentabel, so dass ich mich mit ihm zum König begeben konnte. Schweigend gingen wir zu Alexander hinüber. Er hatte wohl begriffen, dass ich nichts sagen würde und unterließ es mich mit Fragen zu traktieren. Als ich mit ihm Alexanders Gemach betrat, diktierte dieser gerade dem Eumenes seine Tagebucheintragung.
„Einen Moment noch“, sagte er und diktierte, dass er eine seltsame Nachricht von Parmenion bekommen habe, die Rätsel aufwerfe. Dann schickte er den Schreiberling hinaus.
„Also, mein lieber Lykestes, ich habe Sorgen mit dir“, sagte Alexander unumwunden und reichte ihm die Rolle des Dareios und dieser las sie und wurde abwechselnd bleich und rot.
„Das kann doch nicht wahr sein! Das sind Lügen!“ stammelte er.
„Das darf nicht wahr sein!“ korrigierte ihn Alexander.
„Es ist nicht wahr!“ beteuerte Lynkestes und warf die Rolle auf den Tisch.
„Das sagt auch mein Herz“, bestätigte Alexander. „Unser Leonnatos glaubt, dass eine Intrige dahinter steckt. Andere beschwören mich, die Angelegenheit ernst zu nehmen. Wenn ich die Heeresversammlung heute hätte abstimmen lassen, wärst du zum Tode verurteilt worden. Einige sind nämlich der Meinung, dass du wie deine Brüder nach meinem Thron schielst.“
„Nein. Niemals!“
„Das möchte ich dir auch gern glauben. Aber dieser Brief des Dareios ist echt. Da gibt es keinen Zweifel. 1000 Talente und ein Königreich für meinen Tod. Der Großkönig ist nicht kleinlich.“
„Was kann ich tun, um ….“
„…den Verdacht abzutun?“ fragte Alexander traurig.
„Ja. Ich schwöre dir bei allen Göttern….“
„Nein, Lynkestes. Schwöre nicht. Ich will glauben, dass du unschuldig bist. Natürlich kannst du nicht mehr die thessalischen Reiter anführen, das wirst du einsehen. Du wirst den Feldzug erst einmal als …. Privatmann mitmachen. Wenn Gras über die Geschichte gewachsen ist, kann ich dich vielleicht bei den Proviantgenerälen einsetzen. Aber sonst wird dir nichts geschehen.“
„Kann ich dir nicht wenigstens bei den Gefährten zu Fuß dienen?“
„Nein. Niemals kann ein Lynkestes ein einfacher Soldat sein! Nun geh. Dir wird es an nichts fehlen. Aber die thessalischen Reiter werden von nun an … von Philotas befehligt!“
Diese Entscheidung sollte wohl Parmenion zeigen, dass er ihm traute und er dafür den Sohn belohnte. Er ließ Perdikkas kommen und teilte ihm seine Entscheidung mit.
„Ist das klug, Alexander?“ fragte dieser sorgenvoll. „Immerhin könnte er hinter der ganzen Geschichte stecken.“
„Ich weiß, was ich tue. Parmenion ist bei den Altmakedonen, den Anhängern meines Vaters, sehr beliebt. Aber natürlich werden wir diese seltsame Geschichte nicht vergessen. Doch einstweilen wollen wir die Philippischen in Sicherheit wiegen.“
„Und wenn Lynkestes doch ….“
„Ja. Auch Lynkestes bereitet mir Sorgen. Lass einen zuverlässigen Mann ständig in seiner Nähe sein. Ich werde ihn, wenn sich die Angelegenheit beruhigt hat, vielleicht den Nachschub kommandieren lassen. Sollte ich keine Kinder haben, dann ist Lynkestes durchaus ein Mann, der für meine Nachfolge infrage kommt. Sollte ich getötet werden und Kinder haben, ist Lynkestes sofort zu töten. Sonst haben wir einen Krieg unter uns Makedonen.“
So urteilte Alexander und er war noch ein junger Mann und doch klug und hart und mitleidlos. Es war eine Menge Anschauungsunterricht, den wir Gefährten bekamen, um später in seine Schuhe treten zu können. Aber für uns alle waren seine Schuhe zu groß.
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