Solomon Northup

12 Jahre als Sklave


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in Saratoga.

      An der Ecke Congress Street und Broadway nahe der Taverne, die damals und, da mir nicht das Gegenteil bekannt wäre, immer noch von Mr. Moon geführt wird, begegneten mir zwei Gentlemen von respektablem Erscheinungsbild, die mir beide völlig unbekannt waren. Ich habe die schwache Erinnerung, dass sie mir von einem meiner Bekannten vorgestellt wurden, mit der Bemerkung, ich wäre ein erfahrener Geigenspieler, doch von wem, habe ich mich vergebens versucht zu erinnern.

      Auf jeden Fall begannen sie sofort eine Unterhaltung über das Thema, und stellten viele Fragen, die auf meine Fertigkeit in dieser Hinsicht abzielten. Da meine Antworten allem Anschein nach zufriedenstellend waren, schlugen sie vor, meine Dienste für eine kurze Zeit in Anspruch zu nehmen, wobei sie gleichzeitig konstatierten, ich wäre genau die Person, die ihr Geschäft benötige. Ihre Namen, die sie mir anschließend nannten, waren Merrill Brown und Abram Hamilton, obwohl ich starke Gründe habe anzuzweifeln, dass dies ihre wahren Namen waren. Der Erstere war ein Mann von augenscheinlich vierzig Jahren, ein wenig klein geraten und dicklich, mit einer Miene, die auf Gerissenheit und Intelligenz hindeutete. Er trug einen schwarzen Gehrock und einen schwarzen Hut, und sagte, er wohne entweder in Rochester oder in Syracuse. Der Letztere war ein junger Mann von heller Hautfarbe und lichten Augen und war, so meine ich, nicht älter als fünfundzwanzig. Er war groß und schlank, gekleidet in einen gelblichbraunen Mantel, mit einem glänzenden Hut und einer Weste in einem eleganten Muster. Seine ganze Kleidung entsprach der neuesten Mode. Sein Auftreten war ein wenig weibisch, aber einnehmend, und er trug eine lockere Miene, die zeigte, dass er in der Welt herumgekommen war. Sie hatten eine Verbindung, wie sie mir mitteilten, mit einer Zirkusgesellschaft, die damals in Washington weilte; dass sie auf ihrem Weg dorthin wären, um sich ihr wieder anzuschließen, nachdem sie diese eine kurze Weile verlassen hatten, um einen Abstecher nach Norden zu machen, denn sie hatten das Land sehen wollen und zahlten für ihre Ausgaben mit Hilfe gelegentlicher Darbietungen. Ebenso merkten sie an, dass sie auf große Schwierigkeiten gestoßen wären, musikalische Unterstützung für ihre Auftritte zu finden, und dass sie, wenn ich sie bis nach New York begleiten würde, mir einen Dollar für jeden Tag in ihren Diensten zahlen würden, und zusätzlich drei Dollar für jeden Abend, an dem ich zu ihren Auftritten spielte, neben einer ausreichenden Prämie, um die Kosten meiner Rückkehr von New York nach Saratoga zu decken.

      Ich nahm sofort ihr verführerisches Angebot an, gleichsam wegen dem Lohn, den es versprach, wie auch einem Verlangen, die Metropole zu sehen. Sie waren bestrebt, sofort aufzubrechen. Da ich glaubte, meine Abwesenheit wäre nur kurz, hielt ich es nicht für notwendig, Anne zu schreiben, wohin ich ging; tatsächlich nahm ich sogar an, meine Rückkehr wäre vielleicht ebenso früh wie die ihre. Daher nahm ich Leinenzeug zum Wechseln und meine Geige und war bereit zum Aufbruch. Die Kutsche wurde vorgefahren – eine mit Dachbespannung, gezogen von einem Paar edler Brauner, was insgesamt für ein elegantes Erscheinungsbild sorgte. Ihr Gepäck, das aus drei Koffern bestand, wurde auf dem Rahmen befestigt, und nachdem ich den Sitz des Lenkers bestieg, während sie hinten ihre Plätze einnahmen, fuhr ich auf der Straße nach Albany aus Saratoga heraus, beschwingt von meiner neuen Stellung und so glücklich wie ich es jemals war, an jedem beliebigen Tag meines ganzen Lebens.

      Wir kamen durch Ballston, schlugen den Weg über die Kammstraße ein, wie man sie nennt, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, und folgten ihr geradewegs nach Albany. Wir erreichten diese Stadt vor der Dunkelheit, und hielten an einem Hotel südlich des Museums. In dieser Nacht hatte ich die Gelegenheit, einen ihrer Auftritte zu verfolgen – der einzige in der ganzen Zeit, in der ich bei ihnen war. Hamilton stellte sich an die Tür; ich bildete das Orchester, während Brown für die Unterhaltung sorgte. Sie bestand aus dem Werfen von Bällen, Tanzen auf dem Seil, dem Backen von Pfannkuchen in einem Hut, dem Quieken unsichtbarer Schweine und ähnlichen Bauchredner- und Taschenspielerstücken. Das Publikum war außergewöhnlich dünn besetzt, dazu nicht vom erlesensten Charakter, und Hamilton berichtete von den Einnahmen als eine „armselige Ansammlung leerer Büchsen.“

      Früh am nächsten Morgen setzten wir unsere Reise fort. Der Refrain ihrer Unterhaltung drückte nun die Sorge aus, den Zirkus ohne Verzögerung zu erreichen. Sie hasteten voran, ohne erneut für eine Vorführung anzuhalten, und zu gegebener Zeit erreichten wir New York, wo wir eine Unterkunft in einem Haus auf der Westseite der Stadt nahmen, in einer Straße, die vom Broadway zum Fluss verlief. Ich nahm an, meine Reise wäre zu Ende und erwartete in einem, höchstens zwei Tagen wieder bei meinen Freunden und meiner Familie in Saratoga zu sein. Brown und Hamilton jedoch begannen mich zu bedrängen, mit ihnen weiter nach Washington zu kommen. Sie behaupteten, dass sich der Zirkus unmittelbar nach ihrer Ankunft, nun da die Sommersaison nahte, auf den Weg nach Norden machen würde. Sie versprachen mir eine Anstellung und einen hohen Lohn, wenn ich sie begleiten würde. Sie ergingen sich weitschweifig über die Vorzüge, in deren Genuss ich kommen würde, und sie gaben derart schmeichelhafte Erklärungen ab, dass ich schließlich zu dem Schluss kam, ihr Angebot anzunehmen.

      Am nächsten Morgen schlugen sie vor, dass es besser wäre, da wir nun einen Sklavenstaat betreten würden, wenn wir vor dem Verlassen New Yorks einen Freiennachweis beschaffen würden. Die Idee schien mir klug zu sein, auch wenn ich glaube, dass sie mir kaum in den Sinn gekommen wäre, hätten sie es nicht vorgeschlagen. Wir machten uns sofort auf den Weg, zum Zollhaus, so wie ich verstand. Sie beeideten bestimmte Tatsachen, die bewiesen, dass ich ein freier Mann war. Ein Schriftstück wurde aufgesetzt und uns mit der Anweisung ausgehändigt, es zum Verwaltungsbüro zu bringen. Dies taten wir, und nachdem der Verwaltungsbeamte etwas darauf hinzugefügt hatte, wofür ihm sechs Schilling bezahlt wurden, kehrten wir zum Zollhaus zurück. Wir gingen noch einige weitere Formalitäten durch, bevor wir fertig waren, und dann, nachdem ich dem Zollbeamten zwei Dollar gezahlt hatte, steckte ich die Papiere in meine Tasche und machte mich mit meinen zwei Freunden auf den Weg zu unserem Hotel. Ich gestehe, zu der Zeit dachte ich, dass die Papiere kaum die Kosten ihrer Anfertigung wert seien – mir drängte sich niemals auch nur im Entferntesten die Ahnung einer Gefahr für meine persönliche Sicherheit auf. Der Beamte, zu dem wir geschickt wurden, machte, wie ich mich erinnere, eine Bemerkung in einem großen Buch, das, wie ich annehme, immer noch in dem Büro liegt. Ein Verweis auf die Eintragungen von Ende März oder dem ersten April des Jahres 1841 wird zweifelsfrei die Ungläubigen zufrieden stellen, zumindest soweit es diesen speziellen Vorgang betrifft.

      Mit dem Nachweis der Freiheit in meinem Besitz nahmen wir am Tag nach unserer Ankunft in New York die Fähre nach Jersey City und schlugen den Weg nach Philadelphia ein. Hier blieben wir für eine Nacht und setzten unsere Reise nach Baltimore früh am nächsten Morgen fort. Zu gegebener Zeit kamen wir in letzterer Stadt an und übernachteten in einem Hotel nahe dem Eisenbahndepot, dass entweder von einem Mr. Rathbone geführt wurde, oder aber Rathbone House genannt wurde. Auf dem ganzen Weg von New York schien ihre Sorge, den Zirkus zu erreichen, immer eindringlicher zu werden. Wir ließen die Kutsche in Baltimore zurück und reisten im Eisenbahnwaggon weiter nach Washington, wo wir gerade bei Einbruch der Nacht eintrafen, am Vorabend der Bestattung von General Harrison (Anm. d. Übers.: William Henry Harrison war der neunte Präsident der Vereinigten Staaten), und übernachteten in Gadsby’s Hotel auf der Pennsylvania Avenue.

      Nach dem Abendessen riefen sie mich in ihr Zimmer und zahlten mir dreiundvierzig Dollar, eine Summe, die meinen Lohn übertraf. Sie sagten, jener Akt der Großzügigkeit sei der Tatsache geschuldet, dass sie während unserer Reise von Saratoga nicht so oft aufgetreten seien, wie sie mich hatten erwarten lassen. Darüber hinaus, so berichteten sie mir, war es die Absicht der Zirkusgesellschaft gewesen, Washington am nächsten Morgen zu verlassen, doch aufgrund der Bestattung hatte sie beschlossen, einen weiteren Tag zu bleiben. Sie waren damals, so wie auch von unserer ersten Begegnung an, äußerst freundlich. Sie ließen keine Gelegenheit aus, mich im Tonfall der Billigung anzusprechen; während ich andererseits sicherlich von ihnen höchst eingenommen war. Ich schenkte ihnen meine Zuversicht ohne Vorbehalt, und hätte ihnen beinahe unbeschränkt vertraut. Ihre beständige Unterhaltung mit mir und ihr Verhalten mir gegenüber – ihre Voraussicht hinsichtlich des Freiennachweises, ebenso wie hundert andere kleine Taten, die man nicht unbedingt wiedergeben muss – all dass deutete darauf hin, dass es wirkliche Freunde waren, die ehrlich um mein Wohlergehen beflissen waren. Ich weiß es nicht, doch sie waren es. Ich weiß es nicht, doch sie waren an dieser großen Niedertracht unschuldig, derer ich sie nun als überführt erachte. Ob sie nun in mein