Katrin Pieper

Luise und Leonie


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      Katrin Pieper

      Luise und Leonie

      oder Ein Sommer-Fahrplan

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       1

       2

       3

       4

       5

       6

       7

       Bei uns als erschienen

       Impressum neobooks

      1

      Das Zimmer hatte ein weiches, sanftes, nachmittägliches Licht.

      Sobald das Frühjahr sich zeigte und die Bäume ihr erstes Grün trugen, begann sie sich danach zu sehnen.

      Luise fand ihr Spiegelbild zart, zerbrechlich, das gab ihr innere Zufriedenheit und Siegeszuversicht.

      "Wie seh' ich aus?" fragte sie und wandte den Kopf halb zur Tür hin.

      Leonie im Türrahmen, zog eine zerknitterte Camelpackung aus der hinteren Jeanstasche und nickte über die Zigarette hinweg Zustimmung.

      "Ein süßes Weibchen", sagte sie feixend und stieß Rauchwolken in das Nachmittagslicht.

      Sie betrachtete Luises Nacken, auf dem zarte Lichtkringel spielten zwischen blonden Strähnen, die sich aus dem Lockengebirge gelöst hatten.

      "Es könnte eigentlich nichts schiefgehen", sagte Leonie lakonisch. "Er ist ein guter Junge und so empfänglich für alles, was weiblich und zart ist. Es müsste klappen." Luise nahm einen Zug aus Leonies Zigarette.

      "Im Zeitalter der Emanzipation ist es nachgerade lächerlich, was wir so machen."

      Sie blies den Rauch gegen ihr Spiegelbild und betrachtete nachdenklich Leonies Hüftumfang, der von den Jeans atemlos umschlossen wurde.

      "Irgendwann solltest du deine wirkliche Konfektionsgröße preisgeben".

      Leonie schmauchte ungerührt.

      "Reine Ansichtssache", erwiderte sie, "ich liebe mich einfach zwei Größen kleiner. Sei so nett und halte einfach zu mir."

      Luise lächelte friedlich und abwesend. Sie genoss sichtlich ihr weibliches Aufgebot, dass fraglos gut umrahmt wurde von weißer, zarter Stofffülle, die ihre schmale Figur umfloss.

      "Auf denn", sagte sie und erhob sich, "wir wollen nichts unversucht lassen und den Jungen unter Einsatz aller Mittel empfangen. Er soll es gut haben bei uns so lange wie nötig jedenfalls. Wie hast du es genannt? Sommer- Fahrplan?"

      Leonie nickte feixend.

      "Von Mai bis September sollte alles erledigt sein, was Haus und Garten an Reparaturen benötigen."

      Sie traten über die winzige Terrasse hinaus. Der Garten hinter dem kleinen Haus zeigte sich eher still und verschwiegen. Grün und kräftig bewachsen, verriet er handliche, aber auch ungelenke Pflege. Ein Garten ohne Make-up, eher scheinbar Ökobewusstsein, das auch Unkraut zum dekorativen Kraut deklariert.

      Er hatte zwei Prunkstücke, ohne Frage, auf die seine Besitzerinnen zu Recht stolz waren: Ein großer, wenn auch alter Apfelbaum und eine original englische Gartenbank, eine sogenannte Landlordbank, ganz Holz, ganz Natur, passend zum Apfelbaum.

      Natürlich stand die Bank unter dem Baum, und natürlich breitete er schützend seine Zweige über sie. Leonie nannte dieses Arrangement, eine Falle. Jeder, der hier saß, bekam notwendigerweise sentimentale Anwandlungen oder er hatte einen Psychoknick.

      Luise drapierte sich dekorativ auf die Bank unter den Zweigen, die im Frühjahr besät waren mit weißrosa Blüten. Was, genau genommen, den eigentlichen Wert des Baumes ausmachte, denn die später heranreifenden dunkelroten Äpfel waren hart und holzig und ähnelten irgendwann kleinen mehligen Säckchen mit einer trocknen und bitteren Schale.

      Leonie betrachtete kritisch Luises Sitzübungen und war am Ende doch zufrieden mit dem sich bietenden Bild.

      "So müsste es hinzukriegen sein", sagte sie schließlich, "er ist ein ganz naiver Junge. Eben ein Schornsteinbauer. Von Industrieschornsteinen versteht er wirklich etwas. Bei allen anderen Dingen verlässt er sich auf sein Gefühl und seine Freunde, was nicht unberechtigt ist, aber er hat goldene Hände."

      Sie hockte sich neben Luise auf die Bank und bohrte mit dem Absatz ihres Schuhs die Kippe in den Rasen.

      "Wenn er die dann einsetzt, um Fenster zu kitten oder den Rasenmäher in Ordnung zu bringen oder deine Kippen aus dem Boden zu holen, dann wäre ich wirklich am Ziel meiner Träume."

      Luise holte mit spitzem, lackierten Fingernagel Leonies Kippe aus dem Boden und brachte sie zum Müllschlucker, einem übergroßen Gartenzwerg, dem sie die Kippe in seinen lächelnden Schlitzmund warf.

      "Er ist der Treueste von all unseren Männern", konstatierte Leonie, "er schluckt alles und lächelt immer."

      "Nur dass dieses Wunder von einem Kerl nicht deine Kippen aus dem Rasen holt, keine Fenster kittet, keine tropfenden Hähne abdichtete, keinen Nagel in die Wand bekommt", sinnierte Luise bissig, "außerdem hab ich ihn gekauft!"

      Leonie legte ihren Kopf versöhnlich gegen Luises Schulter.

      ,,Aber ja. Für treue Männer hast du einen Riecher, selbst wenn sie zuweilen etwas zwergenhaft geraten."

      "Klein aber mein! Und nur kein Neid - auch für dich gibt es mal den Richtigen. Vielleicht dann mehr ein Betonklotz, aber dafür mit Gemüt!"

      Die Ruhe, die von der grünen Friedlichkeit des Gartens ausging, machte sanft und freundlich. Leonies Aufmerksamkeit galt sehr plötzlich und sehr gezielt Luises Brustpartie.

      "Guckst du nur so, oder fehlt etwas?" fragte die leicht nervös.

      "Ein Büstenhalter", sagte Leonie trocken, "etwas, was hebt, solltest du anlegen."

      Luise setzte sich automatisch gerade hin.

      "Das hört sich an, als trüge ich heute mein Gebiss nicht."

      Sie sah an sich herunter. "Ich weiß nicht, was du hast. Es fällt nichts und hängt noch - nichts. Alles Natur. Alles echt."

      Leonie grinste.

      "Schornsteinbauer lieben alles Hohe."

      Luise lächelte anzüglich zurück. "Ich auch."

      Von der Straße war das Geräusch eines haltenden Autos zu hören, etwas später Schritte, die hölzern klangen.

      "Trägt er Pantinen, dein Freund? Ist er ein Naturbursche, der die Haut getöteter Tier verschmäht?" fragte Luise.

      Leonie blieb keine Zeit zur Antwort. Das Ging-Gong der neuen Hausklingel - die Hersteller nannten es den "geheimnisvoll, süßen Erwartungsklang" - ertönte. Kein Zweifel, die Pantinen standen vor ihrer Tür.

      Eigentlich