Edgar Rice Burroughs

Tarzans Rückkehr in den Urwald


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desto besser ist es. Aber, mein Herr, wie kann ich Ihnen für die große Güte danken, die Sie mir bewiesen haben? Erlauben Sie, daß ich Ihnen meine Karte überreiche, und falls sich mir einmal eine Gelegenheit bietet, Ihnen eine Gefälligkeit zu erweisen, so erinnern Sie sich, daß ich zu Ihren Diensten stehe.

      Tarzan hatte Rokoff losgelassen, und dieser beeilte sich, mit seinem Verbündeten, Pawlowitsch, das Rauchzimmer zu verlassen. Zuvor aber zischte Rokoff Tarzan zu: Sie werden Ihre Einmischung in fremde Angelegenheiten noch schwer zu bedauern haben.

      Über diese Drohung lachte Tarzan, und sich vor dem Graf verneigend, überreichte er ihm seine Karte.

      Der Graf las:

      M. Jean C. Tarzan

      Herr Tarzan, sagte er, Sie werden vielleicht noch einmal wünschen, mir niemals einen Freundschaftsdienst geleistet zu haben, denn ich kann Ihnen sagen: Sie haben sich die Feindschaft von zwei der größten Erzgauner von ganz Europa zugezogen. Gehen Sie ihnen aus dem Wege, wo Sie nur können.

      Mein lieber Graf, erwiderte Tarzan mit ruhigem Lächeln. Ich habe Feinde gehabt, die mehr zu fürchten waren, und doch bin ich noch am Leben, und es hat mir noch keiner etwas anhaben können. Ich glaube nicht, daß einer von den beiden es fertig bringen wird, mir ein Leid zuzufügen.

      Wir wollen es nicht hoffen, mein Herr, sagte de Coude, aber es wird auf alle Fälle nichts schaden, wenn Sie auf Ihrer Hut sind und wenn Sie wissen, daß Sie sich heute jemanden zum Feinde gemacht haben, der nie vergißt und nie vergibt, und in dessen bösartigem Hirn immer neue Schurkereien ersonnen werden, um sich an denen zu rächen, die seine Pläne vereitelt oder ihm zu nahe getreten sind. Wenn man Nikolaus Rokoff einen Teufel nennt, so beleidigt man damit noch die Majestät des Satans.

      Am Abend, als Tarzan seine Kabine betrat, fand er ein zusammengefaltetes Billett auf dem Boden, das offenbar unter der Tür hereingeschoben worden war. Er öffnete es und las:

      Herr Tarzan, Sie waren sich zweifellos der Schwere Ihrer Beleidigung nicht bewußt, sonst hätten Sie sich sicher nicht zu Ihrer heutigen Handlung hinreißen lassen. Ich will annehmen, daß Sie in Unkenntnis gehandelt haben und nicht die Absicht hatten, einen Fremden zu beleidigen. Aus diesem Grunde will ich Ihnen gerne erlauben, Abbitte zu leisten, und wenn ich die Versicherung erhalten habe, daß Sie sich nicht mehr in fremde Angelegenheiten mischen werden, will ich die Sache auf sich beruhen lassen.

      Andernfalls – doch ich bin sicher, daß Sie so klug sein werden, den angedeuteten Weg einzuschlagen.

       Hochachtungsvoll

       Nikolaus Rokoff.

      Einen Augenblick spielte ein grimmiges Lächeln um Tarzans Lippen, aber dann dachte er nicht weiter daran und ging zu Bett.

      In einer naheliegenden Kabine sprach die Gräfin de Coude mit ihrem Gatten.

      Warum so ernst, mein lieber Raoul? Du bist den ganzen Abend so verdrießlich gewesen? Was macht dir Sorgen?

      Olga, Nikolaus ist an Bord unseres Schiffes. Wußtest du es?

      Nikolaus! rief sie aus. Das ist unmöglich, Raoul. Das kann nicht sein! Nikolaus ist in Deutschland verhaftet.

      Das glaubte ich auch, bis ich ihn heute sah, ihn und den andern Erzgauner, Pawlowitsch. Olga, ich kann diese Verfolgung nicht länger ertragen. Nein, selbst nicht um deinetwillen. Früher oder später werde ich ihn den Behörden ausliefern. Ich habe mich in der Tat so halb und halb entschlossen, dem Kapitän alles zu erklären, ehe wir landen. Auf einem französischen Dampfer wäre es leicht, uns diesen Verfolger dauernd vom Halse zu schaffen.

      O nein, Raoul! rief die Gräfin, indem sie vor ihm niederkniete, da er mit gesenktem Kopf auf einem Diwan saß. Tu das nicht! Denke an das Versprechen, das du mir gegeben hast. Sage mir, Raoul, daß du das nicht tun willst. Drohe ihm nicht einmal.

      De Coude nahm die Hände seiner Frau in die seinen und betrachtete ihre bleichen, verwirrten Züge eine Weile, ehe er sprach, als ob er aus diesen schönen Augen den wirklichen Grund erraten wollte, der sie bestimmte, diesen Mann zu schützen.

      Es soll geschehen, wie du wünschest, Olga, sagte er endlich. Ich kann es nicht verstehen. Er hat jeden Anspruch auf deine Liebe, Anhänglichkeit oder Achtung verwirkt. Er ist eine Gefahr für dein Leben und deine Ehre und für das Leben und die Ehre deines Mannes. Mögest du es nie bereuen, ihn verteidigt zu haben.

      Ich verteidige ihn nicht, Raoul, unterbrach sie ihn heftig. Ich glaube, daß ich ihn ebensosehr hasse wie du, aber – o Raoul, Blut ist dicker als Wasser.

      Ich hätte heute gern die Beschaffenheit des seinigen erprobt, sagte de Coude in grimmigem Ärger. Die beiden haben heute vorsätzlich meine Ehre zu beschmutzen versucht, Olga. Und dann erzählte er die Vorfälle im Rauchzimmer.

      Ohne diesen Fremden, fuhr er hierauf fort, wäre es ihnen geglückt, denn wer hätte meinem einfachen Wort geglaubt, da ja die verwünschten Karten in meiner Tasche waren? Ich hätte beinahe selbst daran gezweifelt, bis dieser Herr Tarzan deinen feinen Nikolaus zu uns heranschleppte und den ganzen feigen Anschlag aufklärte.

      Herr Tarzan? fragte die Gräfin sichtlich überrascht.

      Ja, kennst du ihn, Olga?

      Ich habe ihn gesehen. Ein Steward zeigte ihn mir.

      Ich wußte nicht, daß er eine Berühmtheit ist, sagte der Graf. Olga de Coude ging auf ein anderes Thema über. Es fiel ihr nämlich ein, daß es ihr schwer sein würde, zu erklären, warum der Steward gerade ihr den hübschen Tarzan gezeigt habe. Vielleicht errötete sie ein wenig, denn ihr Gatte sah sie mit einem sonderbar spöttischen Blick an. Ach, dachte sie, ein schuldiges Gewissen ist ein sehr verdächtiges Ding.

      Ein rätselhafter Überfall

      Erst spät am folgenden Nachmittag sah Tarzan die Reisegefährten, in deren Angelegenheiten ihn sein Ehrlichkeitsgefühl verwickelt hatte. Und dann stieß er ganz unerwartet auf Rokoff und Pawlowitsch und zwar in einem Augenblick, wo es den beiden sicher am wenigsten erwünscht war.

      Sie standen auf dem Deck an einer Stelle, wo sie gerade allein waren, und als Tarzan zufällig dorthin kam, befanden sie sich gerade in einem heftigen Streit mit einer Dame. Tarzan bemerkte, daß diese Dame vornehm gekleidet war. Ihre schlanke, frische Gestalt ließ auf ein jüngeres Alter schließen, ihre Züge konnte er nicht unterscheiden, da sie dicht verschleiert war.

      Sie stand zwischen den beiden Männern. Da diese Tarzan den Rücken zugekehrt hatten, konnte er ganz nahe an sie herankommen, ohne daß sie ihn wahrnahmen. Er sah, daß Rokoff zu drohen und die Dame zu bitten schien, aber sie sprachen in einer fremden Sprache, so daß er nur aus dem Anschein erraten konnte, daß die junge Frau sich fürchtete.

      Rokoffs Haltung war so drohend, daß der Affenmensch einen Augenblick hinter dem Trio stehen blieb, da er unwillkürlich befürchtete, der rohe Mensch könnte handgreiflich gegen sie werden. Im selben Augenblick faßte dieser sie denn auch am Handgelenk, wie wenn er aus ihr ein Versprechen erpressen wollte. Er erreichte sein Ziel aber nicht, denn plötzlich wurde er mit stahlharten Fingern an den Schultern gefaßt und mit solchem Schwung auf die Seite geworfen, daß er anfänglich gar nicht wußte, was ihm geschah. Erst als er aufblickte, sah er in die kalten grauen Augen des Fremden, der ihm am Tage vorher in die Quere gekommen war.

      Donnerwetter! schrie der wütende Rokoff. Was fällt Ihnen ein? Sind Sie verrückt, daß Sie Nikolaus Rokoff wieder beleidigen?

      Dies ist meine Antwort auf Ihr Briefchen, mein Herr! flüsterte ihm Tarzan zu. Und dann schleuderte er den Kerl mit solcher Wucht von sich, daß er gegen die Reling hinstürzte.

      Donnerwetter nochmal! schrie Rokoff. Sie gemeiner Mensch, das kostet Ihnen das Leben! Und indem er aufsprang, stürzte er auf Tarzan los, während er einen Revolver aus seiner Tasche zu ziehen suchte.

      Die junge Dame fuhr entsetzt zurück.

      Nikolaus! rief sie, halt ein, tu das nicht, o tu das nicht! Und dem Fremden schrie sie zu: Schnell, fliehen Sie, mein Herr, sonst