können gefiel ihm und war ein Argument, sich auf Louisas Idee einzulassen.
»Cheers.«
»Salut.«
»Ich würde gerne Deine bisherigen Arbeiten sehen, damit ich eine Vorstellung davon habe, was Du so machst. Ich habe mal was bei einer Gruppenausstellung von Dir gesehen, aber ehrlich gesagt, ich kann mich nicht mehr so wirklich erinnern.«
»Das macht nichts. Bei meinen bisherigen Ausstellungsbeteiligungen habe ich ganz anderes gezeigt, als was ich nun vorhabe. Aber ich kann Dir in meinem Atelier ein paar Arbeiten zeigen, die meine neue Richtung vorgeben.«
»Ich bin gespannt.«
»Ich freue mich darauf. Nun muss ich allerdings los. Hast Du morgen gegen Abend Zeit. Bis dahin müsste ich mein Pflichtprogramm erledigt haben.«
»Ja. Wo ist Dein Atelier?«
»Ich habe eine Kelleretage im Asterweg. Gegenüber dem Gewerkschaftshaus.«
»Dann weiß ich schon wo. Kenne einen Deiner Vormieter dort. Die Location ist klasse.«
»Ja. Dann morgen gegen zwanzig Uhr?«
»Ok.«
Louisa trank ihren Wodka-Longdrink aus, gab Larry einen Kuss auf die Backe, nicht ohne ihren Busen fest an seine Brust zu drücken, und verschwand.
Helena grinste.
»Na, Larry, 'ne neue Freundin gefunden?«
»Kennst Du Louisa?«
»Flüchtig. Sie ist ziemlich schrill. Studiert in Frankfurt seit ein paar Jahren, hat dort auch eine Wohnung. Weiß nur, dass sie vor dem Studium ein paar Jahre unterwegs war. Hat erst spät an der Akademie angefangen. Sie ist hierzulande öfters mit Victoria unterwegs. Daher kenne ich sie.«
Larrys Etat gab noch ein zweites Bier her. So bestellte er ein weiteres helles tschechisches aus der Flasche, sinnierte über Louisa und was sie an dem Thema Kannibalismus wohl interessierte. Währenddessen wurde Helena von ihrer Bedienung Mercedes abgelöst.
Victoria betrat den Laden.
»Hey, Helena, bist Du fertig? Wir sind schon spät dran.«
Sie hatte ihre langen Haare wie immer hochtoupiert, sah aus wie eine Reinkarnation von Siouxie von den Banshees, aber in hellblond.
»Hey Victoria.«
»Sorry, Larry, keine Zeit. Wir sind in Eile.«
»Was geht ab?«
»Vernissage in Frankfurt. Und wir müssen den Zug nehmen. Mein Auto ist in der Werkstatt.«
Endlich kam Helena aus der Küche des Biergartens.
»Süße, wir können.«
-:-
Dienstag
Es war später Nachmittag, als Larry an der Tür von Louisas Atelier klingelte.
»Hi Larry, wie geht's?«
»Hi Louisa.«
»Komm rein.«
Er betrat einen langgezogenen Raum, fast wie eine kleine Halle, und er fühlte sich wie in einer Galerie. Rechts und links hingen Dutzende von Fotos, weiter hinten erspähte er Gemälde.
»Wow.«
»Sieh Dich ruhig erst mal um. Was magst Du trinken?«
»Hast Du ein Bier und etwas Cola?«
»Habe ich mir fast gedacht. Zumindest das Bier. Extra besorgt. Und Cola habe ich immer vorrätig.«
Larry betrachtete die Fotos. Sie zeigten zumeist indigene Menschen in Wald oder Dorf-Szenarien. Dazwischen Motive, die nach Slums aussahen.
»Ich habe einige Jahre in Brasilien gelebt«, erläuterte Louisa.
»Ist allerdings schon ein Weilchen her. Weiter hinten findest Du meine aktuellen Arbeiten. Heute male ich nur noch, das Fotografieren interessiert mich seitdem in Deutschland nicht sonderlich.«
Larry öffnete die Dose Bier, die sie ihm gereicht hatte, trank einen Schluck ab, und goss einen Schuss Cola hinterher. Sie gingen in den hinteren Teil des Raumes, wo es eine gemütliche Sitzecke, bestehend aus einem gelben und einem roten Sofa, gab.
Ihre Gemälde waren schrill, farbintensiv und wild. Ihr Œuvre bestand teils aus Vampiren, teils aus surrealen Horrorvisionen.
»Cool, gefällt mir.«
»Freut mich zu hören, Larry. In diesem Stil möchte ich auch weiterarbeiten.«
»Und jetzt das Thema Kannibalismus. Warum?«
»Kann ich Dir gar nicht so einfach begründen. Fiel mir im Übrigen auch schwer, meinen Prof. von der Akademie davon zu überzeugen. Er hat auch ein paar Zusatzbedingungen formuliert. Aber dazu später.«
»Hat Deine Wahl auch mit Deinem Brasilien-Aufenthalt zu tun?«
»Ja, zumindest ein bisschen, oder vielleicht auch ein bisschen mehr. Habe dort viele Rituale kennengelernt. Rituale für alle möglichen Lebenssituationen.«
»Und wo malst Du? Ich sehe hier nur Deine private Galerie?«
Sie zeigte auf einen Durchgang. Davor standen einige Paare mit Farbe verschmierter Pantoffeln.
»Dort ist noch ein weiterer Raum. Fensterlos. Ich arbeite nur mit Kunstlicht. Den bekommst Du frühestens morgen zu sehen, und auch nur, wenn ich Deine Zusage habe.«
»Warum so geheimnisvoll?«
»Ist kein Geheimnis. Nur eines von meinen Ritualen. Ich male grundsätzlich nur nackt. Und Leute, die mit mir diesen Raum betreten, müssen auch nackt sein. Die einzige Bekleidung, die ich erlaube, sind Pantoffeln, weil der Boden sehr mit Farbe verklebt ist.«
Larry schmunzelte und ihm fiel auf, dass sie auch heute unter ihrem Schlabber-T-Shirt keinen BH trug. Louisa schien seine Blicke bemerkt zu haben.
»Ich hoffe, die Aussicht mich unbekleidet zu sehen, ist nicht Deine einzige Motivation mir zu helfen.«
»Da musst Du mir schon ein wenig mehr bieten. Aber was stellst Du Dir denn genau vor.«
»Kannibalismus ist für mich etwas Mystisches, von dem ich eine vage Vorstellung habe. Etwas, das mich teils fasziniert, teils verschreckt, aber auch durchwühlt. Ich kann es nicht wirklich gut beschreiben, aber das Thema spukt schon lange in meinem Kopf. Und wenn ich mir Gedanken um konkrete Motive mache, oder einfach nur recherchieren möchte, schweifen meine Gedanken immer ab.«
»Ich verstehe.«
»Ich brauche jemanden, der mir klare Vorgaben für meine Bilder macht. Also inhaltlich. Die stilistische Umsetzung ist ganz allein meine Sache. Da lass ich mir nicht hereinreden.«
»Aha.«
»Ja, und dann halt die Vorgaben von meinem Prof. Er möchte, dass ich meine Werke auch begründen kann. Und er hat zwei Stichworte genannt, die ich dabei berücksichtigen soll.«
»Und die wären?«
»Kontingenz und Konsistenz.«
»Ähm, ja, der Zusammenhang erschließt sich mir nicht auf Anhieb.«
»Mir auch nicht. Ich habe mich mit beiden Begriffen auch noch nicht auseinandergesetzt. Kunsttheorie und Philosophie gehören nicht zu meinen Stärken.«
»Zu meinen auch nicht unbedingt. Was genau erwartest Du von mir?«
»Ich dachte daran, dass Du mir 10 bis 12 konkrete Szenarien für Bilder entwickelst. Also bestimmte Motive, Szenen, Personen, vielleicht Stillleben, so was in der Art. Zu jedem Werk könntest Du einen kleinen, na ja, mittellangen Text schreiben, und das Gesamte soll einen sowohl subjektiven als aber auch repräsentativen Überblick zu Geschichte und Facetten das Kannibalismus werden. Daraus könnte ein Katalog werden. Dachte, das wäre für Dich auch ein Renommierprojekt.«
»Wo wirst Du ausstellen?«