Ute Dombrowski

Tabu Liebe in Gefahr


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ihre Tasche. Vielleicht hat Bea recht, dachte sie, und ich treffe einen netten Mann. Ihr Handy klingelte, sie sah Daniels Namen auf dem Display und wurde bleich. Sollte sie mit ihm reden? Entschlossen drückte sie ihn weg. Gleich darauf kam eine Welle von Schmerz und überrollte sie. Sie griff nach dem Handy und rief Daniel zurück.

      „Entschuldige, eigentlich wollte ich nicht mit dir reden. Warum tust du mir das an?“

      „Katja, ich liebe dich und muss dich sehen!“

      „Nein, es tut so weh, wenn du wieder zu ihr gehst, also komm nicht her!“

      „Es tut mir leid, ich bin schon unterwegs.“

      Eine halbe Stunde später klingelte er, Katja riss die Tür auf und Daniel stürmte hinein. Er presste sie gegen die Wand und schob sie in Richtung Wohnzimmer, wo sie sich auf der Couch liebten. Hinterher war Daniel aufgestanden und ans Fenster getreten. Er zeigte auf die gepackte Reisetasche und sah sie fragend an.

      „Ich fahre nach Potsdam zu meiner alten Studienfreundin Cora. Daniel, ich liebe dich und du liebst mich! Sag bitte die Hochzeit ab!“

      „Ich würde es sehr gerne tun, aber es geht nicht. Ich kann dir das nicht erklären.“

      „Doch, das musst du jetzt tun.“

      „Gut, aber verurteile mich nicht. Ich heirate Linette, um meinem Vater einen Gefallen zu tun. Ihre Familie besitzt einen großen Weinhandel und wir fusionieren später …“

      „Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter!“, unterbrach Katja ihn heftig. „Das darf doch nicht wahr sein!“

      Sie konnte nicht mehr und weinte hemmungslos in die Hände, die sie vor das Gesicht geschlagen hatte. Daniel kam zu ihr auf die Couch und nahm sie in den Arm. Sie küssten sich lange und irgendwann hatte Katja aufgehört zu weinen. Später verabschiedeten sie sich.

      „Rufst du an, wenn du zurück bist?“

      Katja nickte nur stumm. Sie konnte nichts mehr sagen.

      Am nächsten Morgen fuhr sie nach Potsdam und langsam wuchs die Vorfreude auf Cora, die sie lange nicht mehr gesehen hatte. Cora Rebert war ein schönes, wildes Mädchen gewesen und nun war sie eine schöne, wilde Frau mit wallenden dunkelroten Locken und grünen Augen, die schon so manchen Mann um den Verstand gebracht hatten. Cora und die Liebe waren ein Thema für sich. Sie hatte vor vielen Jahren den Vater ihrer Tochter Elli kennengelernt und sich unsterblich verliebt. Im letzten Jahr war sie eines Morgens aufgewacht und hatte festgestellt, dass die Liebe fort war, also weckte sie ihren Freund.

      „Schatz, hör zu, ich liebe dich nicht mehr, zieh doch bitte aus. Wir können ja Freunde bleiben.“

      Als der nette Mann das tatsächlich machte, wusste Cora, dass es richtig gewesen war. Nun lebte sie glücklich als Single, kämpfte täglich mit ihrer pubertären Tochter und gönnte sich ab und zu einen Mann nur zum Spaß. Katja liebte sie wegen ihrer direkten Art. Cora mochte Katja wegen ihrer natürlichen Unbekümmertheit, aber als Cora jetzt bei einer Tasse Kaffee im Café gegenüber ihrer alten Schule von den Schicksalsschlägen ihrer Freundin erfuhr, legte sie einen Arm um sie.

      „Ich finde es gut, dass du wieder neuen Lebensmut hast, auch wenn der Kerl, dieser Daniel, einen Knall hat, dass er nicht dich heiratet, sondern das Busenwunder. Egal, jetzt suchen wir dir hier einen netten Mann. Ich kenne da so einige, die würden dir sicher auch gefallen. Und dann habe ich letztens einen getroffen, der war ganz angetan davon, dass du mich besuchst.“

      „Wer?“

      „Groß, blond, charmant, aber überhaupt nicht mein Fall. Ich erinnere mich da an ein Mädel, das war jahrelang total verknallt in ihn.“

      „Oh nein!“, rief Katja lachend. „Michel!“

      „Ja, ich traf ihn letztens in der Stadt. Wir gehen am Samstagabend zusammen Wein trinken. Vielleicht kannst du ja so deinen Daniel vergessen.“

      „Ach du Schande, ich soll meine gealterte Jugendliebe treffen? Das halte ich für keine gute Idee.“

      Michel, das war der Junge, den Katja in ihrer Schul- und Studienzeit abgöttisch geliebt hatte, der sie nicht einmal bemerkte. Erst, als er sie knutschend mit seinem Bruder vor der Diskothek sah, war sie ihm aufgefallen. Aber da war es schon zu spät, sie zog für ihre erste Arbeitsstelle wieder in das kleine Haus zu ihrer Oma. Sie schrieben sich noch ab und zu einen Brief, aber das war auch bald eingeschlafen.

      „Das waren noch Zeiten!“, rief Cora lachend. „Du warst jahrelang sinnlos verknallt in ihn.“

      „Ja und er hat mich überhaupt nicht bemerkt, ich hätte nackt vor ihm herumspringen können. Erst als Konkurrenz auftauchte, war ich interessant. Ich bin gespannt, wie er jetzt aussieht.“

      „Glaub mir, er sieht gut aus. Wir begegnen uns manchmal, weil er hier in der Nähe wohnt. Wenn überhaupt, dann lass dich einmal flachlegen, um zu wissen, wie er im Bett ist, und danach schießt du ihn in den Wind. Er soll kein Kind von Traurigkeit sein.“

      „Cora, hör auf! Ich habe im Moment gar keine Lust auf so etwas. Was soll ich denn mit einem Mann in Potsdam? Das ist viel zu weit weg und überhaupt, es ist alles blöd.“

      Die beiden Frauen genossen eine unterhaltsame Woche auf den Spuren der Vergangenheit, schlenderten durch Parks und Schlösser, saßen in ihrem Lieblingscafé und beobachteten Menschen und als der letzte Abend kam, machten sie sich hübsch, um mit Michel Wein zu trinken.

      Sie saßen in einem wunderschönen Hinterhof in Coras Lieblingskneipe im Holländischen Viertel und Katja wartete gespannt auf den Mann aus ihren Jugendträumen.

      Er war immer noch groß und blond, Katja erkannte ihn sofort, als er auf ihren Tisch zusteuerte. Michels blaue Augen begannen zu leuchten und seine Lippen waren zu einem Lausbubenlächeln verzogen, wobei Katja sofort an damals denken musste, denn es war genau das, was sie so an diesem jungen Mann fasziniert hatte. Nach der Begrüßung setzte er sich, bestellte noch eine Flasche Wein und ließ Katja nicht mehr aus den Augen. Cora grinste nur, denn ihre Freundin gab sich betont kühl. Als Michel kurz zur Toilette verschwunden war, stieß Cora Katja an.

      „Und? Was sagst du? War das eine gute Idee? Jetzt behaupte bloß nicht, dass er dir nicht gefällt.“

      „Das schon, aber wir sind keine Teenager mehr, also werde ich ihn nicht schmachtend anhimmeln. Vergiss es! Nimm du ihn doch, wenn er dir so gut gefällt.“

      Nun wehrte Cora vehement ab: „Ich will keinen Mann und Michel ist gar nicht mein Typ. Du kannst gerne mit ihm gehen. Morgen bist du weg und dann denkst du vielleicht, du hast was versäumt.“

      Katja musste lachen und erzählte Cora schnell von dem verrückten Geburtstagsgeschenk. Sie hatte es bekommen, weil Daniel Angst gehabt hatte, sie würde ihm irgendwann einmal vorwerfen, etwas versäumt zu haben. Damals hatte sie nein gesagt, war das jetzt anders? War vielleicht ihre Jugendliebe eine Chance, von Daniel wegzukommen und neu zu beginnen?

      Als Michel am Tisch zurück war, redeten sie noch lange über alte Zeiten und beim Abschied tauschten Katja und er die Telefonnummern.

      „Ob er mal anruft?“, fragte sie Cora auf dem Heimweg.

      „So wie der dich die ganze Zeit angestarrt hat, ruft er vielleicht noch heute Nacht an. Der ist voll auf dich abgefahren.“

      „Ich muss zugeben, er gefällt mir immer noch gut. Vielleicht rufe ich ihn sogar mal an.“

      „Sehr gut, vergiss diesen anderen Kerl und stürze dich in ein neues Abenteuer.“

      Katja packte ihre Sachen und machte sich ohne Eile auf den Heimweg. Zuhause angekommen meldete sie sich bei Bea zurück und wollte die letzten Ferientage noch genießen. Bea hatte gefragt, ob sie einen neuen Mann kennengelernt hatte und Katja erzählte von Michel. Vor lauter Freude lud Bea Katja zum Abendessen ein, was diese gerne annahm, denn ihr Kühlschrank war leer.

      Spät kam sie zurück nach Hause und sah schon von Weitem, dass ein Auto in ihrer Einfahrt stand. Sie begann vor Aufregung zu zittern und wusste, dass es Daniel war, der dort auf