voll des Lobes über die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr Augsee.
Ganz toll wäre das alles, meinte er, und wenn‘s wirklich mal wieder brennen würde, hier in Augsee, dann wäre man mit so einer pfundigen Feuerwehr auch auf der sicheren Seite, erfreute er die Leute, die das recht gerne hörten.
Zum Löschen hatten die Augseeer Feuerwehrler ja nicht so viel. Der letzte Brand im Gemeindegebiet, der lag ja schon einige Jahre zurück. Da hatte der alte Dorfner Max in seinem Heuschober wieder einmal eine Zigarre geraucht. Heimlich. Weil, seine Bruni hatte ihm nach seinem Schlaganfall das Rauchen verboten und deshalb hatte er immer heimlich im Heuschober geraucht. Ja, und irgendwie war‘s an jenem Tag etwas saudumm hergegangen, weil er wahrscheinlich zu viel geraucht und auch zu viel getrunken hatte. Jedenfalls hatte man ihn mit einer Bärwurzflasche in der verkohlten Hand gefunden, nachdem der Heuschober abgebrannt war. Es war kein schöner Anblick gewesen. Weil das gibt ja eine rechte Sauerei, wenn so eine verkohlte und von herabstürzenden Balken zerschmetterte Leiche in einer riesigen Pfütze Löschwasser vor sich hin dampft.
Der Rest des Samstagabends wurde dann recht lustig und auch recht lang. Nachdem viel gegessen und noch mehr getrunken worden war, da wurde die Stimmung immer heiterer und bald auch ein wenig seltsam.
„Du, Jakob, dein Essen war ja wirklich gut. Und dein Kompott, ja so ein Kompott hab ich ja noch gar nie g‘habt, weil ich eigentlich gar kein Kompott nicht mag, weißt? Das war ja fast wie ein Rumtopf“, lachte der Behringer Franzl, als er den Jakob für sein Essen lallend lobte. „Aber ein bisserl viel Körner hat‘s g‘habt, dein Kompott!“
Dann nahm der Franzl, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Augsee, den erstaunten Jakob in den Arm und begann vor Rührung zu weinen.
Auch der Bürgermeister Haberecht war noch recht lange geblieben mit seiner Frau, der Rosmarie, die wohl auch schon etwas zu viel Marillenlikör gehabt hätte, vermutete der Jakob. Mit hochrotem Gesicht ging sie wackelig auf den Jakob zu und verfehlte ihn um einen halben Meter, als sie ihm ihre ausgestreckten Arme um den Hals legen wollte. Beim zweiten Anlauf erwischte sie ihn jedoch und er spürte, wie sich ihre Fingernägel in seinen Nacken bohrten, während sie ihm etwas zu sagen versuchte. Was aber nicht recht funktionieren hat wollen, weil ihr irgendwie gerade die Worte fehlten. Daher begann sie, dem Jakob sein Gesicht über und über abzubusseln. Und der Bürgermeister Haberecht stand daneben und kicherte glucksend.
„Sag einmal Jakob, war dein Essen denn so scharf, oder was? Die saufen ja wie die Löcher!“, war der Fritz erstaunt, dass immer mehr immer schneller getrunken wurde. Es war bereits weit nach Mitternacht und der Fritz wollte langsam schließen, aber die Gesellschaft dachte gar nicht daran, nach Hause zu gehen.
Kaum jemand saß an seinem Platz, vielmehr torkelten die Leute im Saal umher, plapperten kreuz und quer aufeinander ein, ohne sich zuzuhören, umarmten sich immer wieder und weinten zwischendurch auch ein wenig.
„Merkwürdig! Ganz merkwürdig, wie die sich alle aufführen. Da schau, der Rosenhuber Rudi hat gar seine Hose ausgezogen!“, meinte der Jakob überrascht zum Fritz, während die beiden in der Tür standen und das Treiben im Raum beobachteten.
Der Rosenhuber Rudi schlug mit seiner ausgezogenen Hose peitschend auf Tische, Stühle und auch den Boden ein, ganz so, als wolle er ein grausliges Ungeziefer erschlagen. Zwischendurch schnappte er sich das nächststehende Glas vom Tisch und leerte es in einem Zug.
Die Haberecht Rosmarie und ihr Mann, der Herr Bürgermeister, saßen am Tisch und begannen plötzlich mit ihren Getränken zu gurgeln. Die Rosmarie mit ihrem Mineralwasser und der Helmut mit seinem Weißbier, das ihm aus dem offenen Mund schäumte, als hätte er die Tollwut.
„Ich weiß jetzt auch nicht so recht, aber meinst nicht, wir sollten jetzt mal schauen, dass sie nach Hause gehen? Die sind ja alle wie toll, die Leut‘!“, meinte der Fritz etwas unbehaglich zum Jakob.
„Auf jeden Fall kriegens jetzt nichts mehr zum Trinken, dann werdens schon gehen!“, beschloss er und sah auf die Uhr. Drei Uhr morgens war es bereits.
„Heini! Du liebe Zeit! Da schau! Da steht ja ein Ochs‘ hinter‘m Tisch!“, schrie plötzlich die Waltraud ihrem Mann, dem Heudobler Heini, deutend zu. Der schaute sich um, sah aber nur den Bürgermeister Haberecht mit seiner Rosmarie am anderen Ende des Tisches sitzen und meinte lallend:
„Wwoo mmeinnns‘ jez‘?“
„Oder ist das gar ein Rhinozeros?“, plärrte die Waltraud entsetzt weiter und verschanzte sich duckend hinter dem Jakob, der neben dem Fritz stand und wortlos nach einem Rhinozeros Ausschau hielt.
„Manchmal ist man eben nicht ganz da, wenn man grad‘ nicht kann!“
Am frühen Sonntagmorgen hatte sich die wüste Feuerwehr-Gesellschaft endlich zum Schlafe gebettet. Nur der alte Schwanninger Herbert nicht. Den fand der Fritz erst später beim Aufräumen unter einem der Tische. Der Schwanninger Herbert selber wusste aber nicht, dass er dort lag, weil er war wohl verstorben, sonst hätte er noch gelebt.
Der Fritz, der war dann ein wenig verärgert über den traurigen Vorfall, denn jetzt würde er wieder das G‘schiss haben, meinte er. Aber es ging dann eh alles ganz schnell, weil der Doktor Maurer, den der Fritz zu Hilfe gerufen hatte, der wusste ja gleich, dass man in so einem Alter schnell mal daran sterben könnte, am Alter.
Es war gegen Mittag, als der Sirenenalarm Augsee aus der sonntäglichen Ruhe riss und die angeschlagenen Feuerwehrler aus dem Schlaf. Was aber gerade jetzt ein wenig deppert war.
Der Rosenhuber Rudi war der Erste, der am Feuerwehrhaus ankam und eine rechte Mühe hatte, das Tor zur Fahrzeughalle aufzusperren, weil er das Schloss nicht traf mit seinem Schlüssel. Währenddessen preschte der Behringer Franzl auf seinem Fahrrad heran und verfing sich damit im Gestell des Schaukastens, der links neben der Feuerwehrausfahrt stand.
Als etwas später der Heudobler Heini beim Gerätehaus ankam, war der Rudi schon dabei, das Löschfahrzeug aufzuschließen, was ihm ebensolche Mühe machte, wie zuvor das Aufsperren des Tores. Der Heini blieb vor dem offenen Tor stehen und blickte ungläubig in die Fahrzeughalle: Der Boden war verschwunden! Stattdessen sah er den Rudi inmitten von tosend gischtendem Wasser stehen, welches jenen mit immer höher werdenden Wellen zu verschlingen drohte. Der Heini trat erschrocken eine paar Schritte zurück, als eine Welle durch das Tor hinaus auf ihn zubrandete. Dann begann er heftig zu weinen und der Franzl versuchte derweil, seinen Spind aufzusperren, konnte jedoch die Zahlen am Zahlenschloss nicht entziffern.
Der Rosenhuber Rudi hatte von dem ganzen Wasser und den Wellen nichts bemerkt und seine Hosenbeine waren auch nicht nass. Und dem Behringer Franzl wäre es im Moment eh wurscht gewesen, wenn er nass geworden wäre, weil er sich gerade recht über das Schloss an seinem Spind ärgerte. Aber er war ohnehin ebenso trocken geblieben, weil der Heini sich wohl getäuscht hatte, mit all dem Wasser und so.
Nachdem der Franzl sich endlich hatte umziehen können und der Rudi die Fahrertür des Löschfahrzuges geöffnet hatte, war der Heini auch mit dem Weinen fertig geworden.
„Ich glaub‘, da kommt keiner mehr!“, sagte der Behringer Franzl eine Weile später zum rastlos umher wandernden Rudi und zum am Boden kauernden Heini. „Zu dritt brauch‘n wir gar nicht ausrücken!“, meinte er.
„Und überhaupts regnets ja eh schon wieder“, stellte der Franzl fest und der Rudi und der Heini schauten mit schmerzend geblendeten Augen in den sonnigen Frühlingshimmel hinauf und wunderten sich ein wenig.
Der Brand war in der Nachbargemeinde, in Kirchhof, ausgebrochen. Im obersten Geschoss eines vierstöckigen Wohnhauses verstarb ein alter Herr an Rauchvergiftung. Seine Frau hatte sich noch auf den Balkon gerettet, den sie aber dann hinuntergestürzt war. Was sie aber nicht mehr gemerkt hätte, weil wenn sie nicht bewusstlos geworden wäre, dann wäre sie eh nicht hinuntergestürzt, wusste der Feuerwehrkommandant der Kirchhofer Feuerwehr zu berichten, während er auf den zerschmetterten Körper zu seinen Füßen hinunterblickte, der ihn ein wenig an geplatzte Blutwurst erinnerte.
Es war dann auch gar keinem aufgefallen, dass die Augseeer Feuerwehr nicht zugegen war. Und