Ulrike Piechota

Nur mit Maske


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      Ulrike Piechota

      Nur mit Maske

      Kuriositäten aus der Corona-Zeit

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Prolog:

       1. Der Virologe

       2. Die Götter im Olymp

       3. Der ökologische Mundschutz

       4. Spargel-Dilemma

       5. Corona-Ordnungshüter

       6. Geschlossene Kirchen

       7. Grenzenloses Virus

       8. Öffnung der Schulen

       9. Öffnung der Frisiersalons

       10. Rettet die Autos

       11. Auf nach Sachsen Anhalt!

       12. Der Frosch, der Vogel und das Schwein

       13. Digitales Lernen

       14. Alles wie vorher

       15. Dreihundert Euro!

       Impressum neobooks

      Prolog:

      Keine Krise ist lustig. Die Corona-Krise schon gar nicht. Weil die ganze Welt davon betroffen ist. Und damit jeder einzelne Mensch dieser ganzen großen Welt. Ausgangssperre, Mundschutz, Abstandsregeln und und und…. Niemand mag diese und ähnliche Wörter mehr hören, geschweige denn lesen. Schreiben schon gar nicht. Ich als Schriftstellerin habe alle Freiheit der Welt, diese Wörter zu vermeiden. In dem Roman, an dem ich gerade arbeite, trägt ohnehin niemand einen Mundschutz. Niemand muss irgendwelche Abstandsregeln beachten, wenn er andere Menschen trifft. Die Lokale haben geöffnet und die Menschen können dort trinken und essen, was und wann sie wollen. Im Hotel übernachten - man ahnt es- dürfen sie auch, die Menschen in meinem neuen Roman. Und sie dürfen sich umarmen, auch wenn sie sich gerade erst kennengelernt haben. Herrlich, sich schreibend in diese Vor-Corona-Welt zurückzuziehen. Sogar der Mord, der auf Seite dreiunddreißig geschehen muss, um die Handlung des Romans voranzutreiben, also sogar so etwas Grässliches wie Mord lässt mich für kurze Zeit die täglich steigende oder manchmal auch sinkende Zahl der Infizierten und Genesenden vergessen. Natürlich nur bis zu den nächsten Fernsehnachrichten.

      Ich bin ja so ein einzelner Mensch, der zusammen mit der ganzen Welt von der Krise betroffen ist. Muss mich also auch für alles interessieren, was in dieser Hinsicht passiert. Begierig sauge ich alle Nachrichten über unsere gemeinsame weltumspannende Corona-Krise auf. Beginne, mich über Maßnahmen zu ärgern, die mir unsinnig erscheinen. Obwohl ich, was mich noch mehr ärgert, nicht beweisen kann, dass sie, die Maßnahmen, tatsächlich unsinnig sind. Aber gut, die Nachrichten sind endlich vorbei, der Corona-Ticker ebenfalls. Zeit, mich an meinen Roman zu setzen. Ich lese die letzten Seiten. Kann eine gewisse Verwunderung nicht unterdrücken. Meine Hauptpersonen befinden sich gerade in Südtirol, wohin sie mit dem Auto ohne Grenzkontrollen gelangt sind. Wohnen dort in einem Hotel, das einen herrlichen Blick auf die Dolomiten bietet. Wandern zusammen auf einen Berg, wo sie eine deftige Brotzeit… Stopp! Spätestens an dieser Stelle schüttele ich den Kopf. Zurzeit hat keine Berghütte geöffnet. Für die Brotzeit muss man also selbst sorgen. Und auch die schönsten Hotels stehen leer. Außerdem ist Südtirol zurzeit unerreichbar für deutsche Touristen. Ja verflucht, denke ich, das ist doch total gleichgültig. Mein Roman spielt nicht in der Corona-Zeit. Der spielt doch… ja, wann spielt er? Vor Corona, nach Corona? Keine Ahnung. Auf jeden Fall, erkenne ich, spielt er in einer Zeit, die es so nicht mehr gibt. Die es so vielleicht auch nicht mehr geben wird. Jedenfalls nicht in den nächsten Jahren. Oder bin ich zu pessimistisch? Ehe ich diese Frage beantworte, ruft eine Freundin an. Ich erkläre ihr meine Lage. Sie versteht mich erstaunlich gut. Ermutigt mich aber, trotzdem weiter an dem Roman zu schreiben. „Natürlich ist die Welt nicht mehr realistisch, die du in deinem Roman beschreibst“, gibt sie zu. „Aber das soll dich nicht entmutigen. Dann schreibst du eben einen Fantasy-Roman. Ist doch auch spannend.“

      Ich hatte nie vor, einen Fantasy-Roman zu schreiben. Fantasy-Romane liegen mir nicht. Also lösche ich die ersten fünfzig Seiten meines neuen Romans. Hole sie wieder aus dem Papierkorb heraus. Hebe sie auf für andere, bessere Zeiten. Mache eine Radtour, allein, ohne Mundschutz, denke darüber nach, was ich in der romanlosen Zeit tun werde. Schubladen aufräumen wie andere Leute auch. Fenster putzen. Keller streichen. Nein, letzteres nicht. Das macht schon mein Ehemann. Seit einer Woche. Meine Schubladen und Fenster werden nach einem halben Tag blitzen und blinken. Was mache ich dann? An einem kleinen See steige ich vom Rad, schaue ratlos in das grün-blaue Wasser. Ein Frosch quakt. Und plötzlich verwandelt sich der Frosch in einen Prinzen. Wie im Märchen. Aber nein, der Prinz will mich nicht küssen. Immerhin haben wir Corona. Das heißt, er hat es nicht und ich habe es auch nicht. Aber die Welt hat es. Und da wir in der Welt leben, müssen wir uns nach ihren Regeln richten. Kein Kuss, sondern ein Gespräch. Mit Abstand, selbstverständlich. „Nach den Schubladen und Fenstern“, beantwortet der Prinz meine stumme Frage, „schreibst du einfach weiter. Nein, nicht an deinem Roman. Der kann warten. Bis wann? Weiß ich’s? Nun guck nicht so deprimiert. Es gibt Schlimmeres als einen wartenden Roman.“ „Und was soll ich deiner Meinung nach schreiben?“, frage ich mit ätzender Schärfe in der Stimme, weil er Recht hat, was ich aber nicht gerne zugebe. Der Prinz lacht. Was Lustiges natürlich. Weil das Leben schon traurig genug ist. Spöttisch zwinkert er mit dem linken Auge, ehe er fortfährt: „Du meinst, in diesen Corona-Zeiten gibt es nichts Lustiges? Das glaubst du doch selbst nicht. Denk nur mal an…“ Mit rasender Geschwindigkeit zählt er so vieles auf, das in seinen Augen lustig ist, dass ich beim Zuhören kaum mitkomme. Zu meiner Verwunderung laufen mir bald die Tränen aus den Augen. „Na also“, sagt der Prinz hochbefriedigt, der meine Tränen offenbar für Lachtränen hält, „geht doch. Und nun fahr nach Hause und mach dich an die Arbeit. Möglichst heute noch. Ich möchte meine Zeit nicht umsonst an dich verschwendet haben. Und übrigens – die Schubladen und Fenster können warten.“ „Eigentlich“, sage ich, weil ich gern das letzte Wort habe, „eigentlich ist diese Corona-Zeit aber nicht lustig. Das ist auch dir hoffentlich klar, du Froschkönig du?“

      Er freut sich, dass ich ihn vom Prinz zum König befördert habe, nickt mir zu und behauptet, dass „eigentlich nicht lustig“ schon das Lachen in sich verbirgt. „Lacher“, fügt er hinzu, „Lacher gibt’s immer, vom Trottel bis zum Teufel.“ Ich runzle die Stirn. Den Satz hat er von Wilhelm Busch geklaut. „Na und?“ Er lacht und kehrt zurück in den See. Als Frosch. Nicht als Prinz. Sonst hätte ich ihn ja gerettet. Immerhin bin