Salvatore Algieri

Die Katzen des Sallust


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übernommen.

       4. Die Gärten

      Mit dem Geld, das er aus der Provinz Numidien mitgebracht hatte, kaufte Sallust sich eine direkt außerhalb der damaligen römischen Stadtmauern gelegene Gartenanlage. Vor ihm hatten die Gärten sehr wahrscheinlich Julius Caesar gehört,34 der sie aber, wie man weiß, nicht lange genießen konnte.

      Sallust hatte keine eigenen Söhne und adoptierte deshalb einen Neffen seiner Schwester, der seinen Namen annahm und sich von nun an Gaius Sallustius Crispus nannte. Diesem Adoptivsohn, der später als Freund und Berater des Augustus bekannt wurde und von Tacitus als enorm reich und Luxus liebend beschrieben wird, vermachte Sallust die Gärten nach seinem Tod.35 Sallust II. hatte ebenfalls keine Söhne und adoptierte den Sohn von Lucius Passienus Rufus, der daraufhin den Namen Gaius Sallustius Crispus Passienus trug. Dieser Sallust III. heiratete in zweiter Ehe Agrippina, die aus einer früheren Verbindung ihren Sohn Nero mitbrachte. Als Passienus starb – man sagt, er wurde von seiner Frau vergiftet – erbte Agrippina seinen Besitz. Als diese im Jahre 59 n. Chr. von ihrem Sohn Nero ermordet wurde, gerieten die Gärten wahrscheinlich unter kaiserliche Verwaltung.36 Die Kaiser entwickelten die Gärten weiter und verschönerten sie mit Prachtbauten; dennoch waren sie nach wie vor als Horti Sallustiani, die Gärten des Sallust, bekannt. Das Wort horti bezeichnete damals eine mehr oder weniger luxuriöse Villa außerhalb der Stadtmauer, die von Nebengebäuden, kleinen Tempeln und großzügigen Bepflanzungen umgeben war (im modernen Italienischen sind orti dagegen eher kleine Gemüsegärten). Für viele Kaiser waren die Horti ein beliebter Aufenthaltsort: Nero kam nach seinen nächtlichen Streifzügen bei der Ponte Milvio37, wo er seine Späße trieb, hierher; verständlicherweise wollte er seine Abenteuer vor seinem neugierigen Hofstaat verheimlichen:

      ….er hatte sich zur Gewohnheit gemacht, Leute, die von einem Essen kamen, zu verprügeln und sie, wenn sie sich zur Wehr setzten, zu verwunden und in die Kloaken zu werfen; er pflegte auch, Läden aufzubrechen und auszurauben.38

      Vespasian wohnte lieber in den Horti als in seinem Palast auf dem Palatin: Das unbewachte Haus stand stets offen für jeden, der ihn sehen wollte, und er empfing seine Freunde dort sogar frühmorgens im Bett.39

      Auch andere berühmte Gärten, beispielsweise die von Lucullus, erfuhren das gleiche Schicksal: Sie waren einfach zu schön, um nicht die Gier der kaiserlichen Familien zu wecken. Messalina, die Ehefrau des Kaisers Claudius, intrigierte gegen den damaligen Besitzer der Lukullischen Gärten, Valerius Asiaticus, und ließ ihn zum Tode verurteilen, um in den Besitz seiner Gärten zu gelangen.40 Obwohl die Gebäudereste und Skulpturen, die aus den Gärten des Sallust ausgegraben wurden, in Wirklichkeit zum Großteil aus der Zeit von Sallusts Erben und aus der Kaiserzeit stammen, behielten die Gärten den Namen Horti Sallustiani. Da die beiden Erben keine vergleichbaren Spuren in der römischen Geschichte hinterlassen haben, wird der Name immer noch in Verbindung mit dem ursprünglichen Besitzer gebracht.

      Die Gärten spielten nach dem Verfall des römischen Reichs in der Geschichte keine große Rolle mehr, mit Ausnahme vielleicht ihrer Erwähnung bei Prokop über die Zerstörung durch Alarich im Jahr 410 n. Chr. Verfolgt man die kartografische Darstellung Roms über die Jahrhunderte hinweg,41 fällt auf, dass die Horti in der Zeit vor dem 19. Jahrhundert nichts als eine Ansammlung von Gärten waren, in denen verstreut einige Ruinen zu finden waren. Eine besondere Rolle spielte in diesen Gärten der Weinanbau, sodass der gesamte Besitz einer Familie Vigna (Weingarten) genannt wurde. In den Stadtplänen sind meist die Namen der damaligen Besitzer (Vinea Iacobatij, Vinea de Bufalis) verzeichnet, manchmal ist aber auch die Bezeichnung Horti des Sallustius, Salustius oder auch Salustrius zu finden. Man sprach auch von Forum Salustii oder Salusti und das gesamte Tal war auch als Sallustricum 42 oder Salustrico43 bekannt (Abb. 2).

      Mit der Wiederbelebung des Interesses für die Antike in der Renaissance mehren sich die Nachrichten über Funde von antiken Skulpturen in den Horti. Die reichste Ernte scheint in der Villa Ludovisi eingefahren worden zu sein. Der Obelisk, der heute auf der Piazza di Trinità dei Monti steht, war bereits 1544 bekannt. Die Statue des sterbenden Galliers (die heute in den

      Abb. 2 – Stadtplan Bufalini 1551 (1748 von Giambattista Nolli überarbeitet) Die Vorstellungen Bufalinis über die Lage der Horti waren etwas vage (s. 1 und 2). 3. Das Gebäude in der Piazza Sallustio (auch „Nymphaeum“ genannt).

      Musei Capitolini zu sehen ist, (Abb. 27) und die des sich selbst tötenden Galliers mit Frau (die heute im Palazzo Altemps steht) waren schon 1623 Teil der Ludovisi-Sammlung. Auch der Silen mit dem Kind Dionysos (heute im Louvre, Abb. 35) ist bereits seit Ende des 16. Jahrhunderts bekannt. Im 1765 wurden zwei Statuen von sitzenden Nymphen (heute in Göttingen und London zu bewundern) und ein Kandelaber (heute in den Musei Vaticani) im Verospi-Besitz (im Bereich der heutigen Via Sicilia) gefunden.44

      Die Horti befanden sich in einem Tal zwischen zwei Hügeln, dem Pincio und dem Quirinale (der Humanist Andreas Fulvius sprach 1527 von vallis profunda, einem tiefen Tal).45 Sie lagen außerhalb des Perimeters der alten Servianischen Mauern, wurden später jedoch Teil des Stadtgebiets, nachdem die Stadtgrenzen durch die Aurelianischen Mauern erweitert worden waren. Es ist ziemlich sicher, dass die Aurelianischen Mauern die nördliche Grenze der Gärten darstellten, weil viele Gräber unmittelbar außerhalb der Mauern aber nicht innerhalb dieser gefunden wurden. An der Ostseite wurden Gräber östlich der alten Via Salaria, (die nah an der heutigen Via Piave verlief) aber nicht westlich davon. Die südliche Grenze ist nicht so genau zu bestimmen; es könnten die heutigen Via Flavia oder Via Venti Settembre sein. Als westliche Grenze wird oft die heutige Via Veneto betrachtet (Abb. 3). Aber die ursprünglichen Horti waren wahrscheinlich von bescheidenem Ausmaß und erreichten diese Grenzen erst in der hadrianischen Zeit.

      Der Gelehrte Lucio Mauro schrieb 1556:46

      Das Forum und das Haus des Sallust befanden sich in der Nähe der Kirche der Hl. Susanna [in der heutigen Via XX. Settembre], so dass diese Gegend heute Salustrico genannt wird; Sallust besaß hier einen prächtigen Garten, der sich von der Porta Salara bis fast zur Porta Pinciana erstreckte und einen großen Teil dieser Hügel und des Tals belegte.

      Wer heute durch diese Gegend spaziert, merkt von den ursprünglichen Hügeln kaum mehr etwas. Als Rom 1871 zur italienischen Hauptstadt erhoben wurde, setzte ein regelrechter Bauboom ein, in dessen Verlauf das Tal zum größten Teil zugeschüttet und bebaut wurde. Obwohl die Villa Ludovisi ein zentraler Ort dieser Zerstörungswelle war, hat sie uns unzählige

      Abb. 3 – Das Gebiet der Horti Sallustiani

       (Viertel Ludovisi und Sallustiano)

      schwarz: das heutige Rom

      rot: Fundorte und verschwundenes Rom

      1. Fundort des Sallustianischen Obelisken

      2. Fundort der ägyptischer Statuen

      3. Tempel der Venus Erycina?

      4. Fundort des Throns Ludovisi

      5. Terrassen und Säulenhallen

      6. „Nymphaeum“ von Piazza Sallustio

      7. Fundort der Gruppe „Artemis und Iphigenie“?

      8. Fundort der Niobide

      9. Fundort der archaischen Gräber

      10. Tempel der Dea Fortuna?

      11. Palazzo Margherita (vormals Piombino), heute amerikanische Botschaft

      12. Palazzo Grande Ludovisi, heute amerikanische Botschaft

      13.