verstehe. Ihr wisst nur leider nicht, was Euch da entgeht.“ Er deutete seinen Körper hinab und musste sich dazu zwingen, auf Höhe seiner Männlichkeit keine demonstrative Pause einzulegen.
Die blauen Augen folgten seiner Bewegung und tatsächlich, jetzt lächelte sie. Ganz eindeutig.
„Ihr habt in der Tat einen sehr anregenden Körper, Admiral, aber es ist nicht Euer Körper, der mir nicht gefällt.“ Ihr Blick kehrte in sein Gesicht zurück. „Soll ich weiterreden?“
„Nur zu, tut Euch keinen Zwang an.“ Wenn’s unbedingt sein muss.
„Es ist Eure Arroganz – diese Überheblichkeit, mit der Ihr Frauen gegenübertretet, die Euch Eurer Meinung nach zu Füßen liegen müssten, es vermutlich aber nicht tun. Zumindest nicht jene, die mit ausreichend Verstand gesegnet sind, um zu erkennen, dass Ihr ein Scharlatan seid. Ihr lockt die Mädchen in Euer Bett, vergnügt Euch mit ihnen und würdigt dabei nicht einen Herzschlag lang, was sie, abgesehen von einem begehrenswerten Körper, sonst noch sind.“ Mit einer eleganten Handbewegung strich sie sich die Silbersträhne aus dem Gesicht, die ihr aus dem Zopf gerutscht war.
„Und dabei ist es nicht einmal das, was mich dazu bewegt, Euer Angebot auszuschlagen. Viele von uns Elfen sehen es als eine Bereicherung, bei verschiedenen Männern oder Frauen zu liegen und die Vorzüge körperlicher Liebe zu genießen, doch bleiben wir dabei meist unter unseresgleichen. Es verträgt sich nicht gut, wenn sich Menschen und Elfen lieben. Wir sind zu verschieden. Darum zweifle ich auch daran, dass ein Mann wie Ihr meine Bedürfnisse erkennen und stillen könnte.“
Irgendwie hatte Tauron den Faden verloren, aber er war sich ziemlich sicher, dass das da gerade keine Liebeserklärung gewesen war. Wäre er nicht so verdammt hartnäckig, würde es ihm jetzt zu dumm werden. An dieser Frau konnte man sich echt die Zähne ausbeißen. Aber irgendwie … er glaubte ihr nicht. Noch immer nicht. Da war ein winziger Funke in diesen kalten, klaren Augen. Irgendetwas darin schien ihm zuzuflüstern, dass noch nicht aller Tage Abend war.
„Eure Entscheidung“, entschied er sich fürs Erste zu einem taktischen Rückzug und drückte sich vom Mast ab. Schließlich musste er sein Gesicht wahren und außerdem hatte er noch ein hartes Wortgefecht mit Chara auszutragen.
„Ich hoffe, ich habe Euch mit meiner Erklärung nicht in Verlegenheit gebracht“, bemerkte Siralen.
Nein, gaaar nicht. „Nop. Jeder wie er will. Und vielleicht wollt Ihr ja noch.“ Er schnalzte mit der Zunge und sprang pfeifend die Treppe zum Hauptdeck hinab.
Roella hatte ihn gewarnt. Sie hatte ihm mehr als einmal gesagt, er solle sich lieber eine der Piratinnen als Betthäschen suchen. Die wussten, worum es ging. Aber Roella hatte nicht viel für Elfen übrig. Dafür war sie kaum zu halten, wenn ihr ein hübscher Männerarsch ins Gehege kam. Tauron war sich sicher, würde der Vizeadmirälin eines der Spitzohren gefallen, würde sie sich ebenso wenig zurückhalten wie er. Also nahm er ihre Ratschläge diesbezüglich nicht ganz so ernst.
„Hol mir mal einer die Flok hoch!“, brüllte er etwas ungehalten durch die Luke ins Unterdeck. „Ich erwarte sie in meiner Kajüte.“
„Aye, Admiral!“, drang es dumpf aus den Mannschaftsunterkünften, und Tauron machte, dass er in die Kapitänskajüte kam. Dabei ignorierte er beharrlich, dass Siralen ihm hinterherblickte.
Siralen starrte auf die verschlossene Tür der Steuermannskajüte, durch die Tauron gerade zu seinem Quartier verschwunden war. Sie hätte gerne die schützenden vier Wände ihrer Kajüte aufgesucht und das Landeprotokoll fertiggestellt. Sie musste es dem Brigadier der Landstreitkräfte so bald wie möglich aushändigen, damit sich die Truppen bei einer möglichen Entdeckung von Neuland auf den geplanten Ablauf vorbereiten konnten. Doch eine seltsame innere Regung hielt sie am Hauptdeck fest.
Äußerlich war sie so ruhig wie Baum und Tier in der Stille des nächtlichen Waldes. Innerlich brachte das Bild des Admirals ihr Herz dazu, lauter zu schlagen und ihr Blut, schneller zu fließen. Gewiss war es dieser Druck, der seit Beginn dieser Mission auf ihr lastete – diese Verantwortung. So viel stand auf dem Spiel, so vieles lag im Argen, weil es nahezu unmöglich schien, die Kontrolle über vierzigtausend Männer und Frauen zu wahren, denen man im Grunde nichts Genaues über ihr weiteres Schicksal anvertrauen konnte.
Lucretia wurde zusehends krank, schien innerlich zu verfallen. Am Morgen nach Stowokors Bestattung war die Magierin zum Frühstück in der Messe erschienen und hatte zusammenhanglos dahergeredet. Sie hätte eine Stimme in ihren Träumen gehört, deren Botschaft sich stetig wiederholte – irgendetwas im Sinne von er wäre verloren. Danach hatte sie sich in ihrer Kajüte verkrochen. Chara hatte auf diese Tatsache unerwartet gelassen reagiert. Beinahe schien es, als hätte die Assassinin mit der Akademiemagierin abgeschlossen. Es passte zu Chara. Sie hatte ihre Ziele, und wer auf dem Weg dorthin nicht mithielt, war eben draußen. Ein kleiner Teil in Siralen konnte diese Haltung sogar nachvollziehen. Nur wenn man eine gewisse Härte an den Tag legte, würde man hier vorankommen. Ein anderer Teil verurteilte Charas rigoroses Vorgehen aufs Schärfste. Das konnte früher oder später dem gesamten Expeditionskommando zum Verhängnis werden. Ahrsa Kasai hatte nicht ganz unrecht, wenn er Chara kritisierte. Und Lucretia? Bei allem Verständnis für ihren Kummer … dass sich die Magierin derart gehen ließ, nahm selbst Siralen ihr übel.
Chara hatte ihr mitgeteilt, dass es aller Wahrscheinlichkeit nach mehr als nur einen Verräter in der Flotte gab. Wieso sie das annahm, darüber hatte sie nicht gesprochen. Überhaupt sprach sie so gut wie nie über die Quellen ihrer Informationen. Nun hatten sie also das Problem mit den Verrätern, ein nicht einsatzfähiges Kommandomitglied und ein stetes Näherrücken des Großen Abgrundes, von dem niemand wusste, wie man ihn überwinden konnte. All das machte Siralen müde und … ja, es machte sie auch einsam. Wäre Darcean nicht hier, sie hätte wohl längst die Nerven verloren.
Hier war sie nun und fühlte sich verloren. Und wäre es in ihren Augen nicht denkbar undenkbar, dann hätte sie Taurons Einladung angenommen und kurzerhand all ihre Hüllen fallen gelassen – nur, um ihre Sorgen für einen Augenblick zu vergessen. Aber er war ein Mensch!
Sie wollte sich gerade zurückziehen, da tauchte Chara auf und betrat mit ihrem tätowierten Anhang das Hauptdeck. Mit einem knappen Nicken nahm sie Siralens Gegenwart zur Kenntnis, bevor sie rasanten Schritts auf das Steuermannsquartier zuhielt.
Sie riss die Tür auf, querte das Quartier, riss die nächste Tür auf und war auch schon drauf und dran, die Kapitänskajüte zu betreten.
„He!“, vernahm Siralen Taurons verärgerte Stimme. „Hast wohl noch nie was von Anklopfen gehört, Schätzchen?“
„Wieso soll ich klopfen, wenn du sowieso mit mir rechnest?“
Es krachte, als Chara schwungvoll die Tür zuschlug und in der Kapitänskajüte verschwand.
Die Sonne trieb blutrot in die Tiefen des Ozeans und verschwand. Es wurde dämmrig am Hauptdeck. „Du hast den Zauberkundigen aufgetragen, meine Leute zu überwachen, verflucht noch eins!“, drang Taurons verärgerte Stimme nach draußen. „Denkst du, die lassen das mit sich machen?“
Leider verstand Siralen Chara nicht, die in normaler Lautstärke sprach.
„Kasai sagt, dass die Magier die Vizeadmiräle unterstützen wollen. Das ist ein Witz.“ Wieder Tauron. „Als würden die Piraten irgendeine Unterstützung brauchen. Wenn du mich fragst, riecht das verdammt nach einem deiner Assassinen-Spielchen.“
Charas Stimme ging dazwischen. Kurz darauf redete wieder der Admiral.
„Dann kam der Befehl nicht von dir?“
Die Tür ging auf und Chara und ihr Anhang traten aufs Hauptdeck.
„Nein, Tauron, ich weiß nichts von irgendeiner Überwachung.“
Taurons Gestalt schälte sich hinter ihr aus der Kajüte. „Wir hätten auf jeden Fall ein Problem, wenn doch.“
„Sieht ganz danach aus, als hätte Kasai genau das beabsichtigt. Er zielt darauf ab, die Seefahrer gegen mich aufzubringen.“ Sie fuhr sich durch ihr Haar. „Verfluchter,