Carola Käpernick

Milly con Carne


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für Ben mitbringen könnte. Mich hat sie leider nicht gefragt. Ich hätte ihr zu einem Paket Gummihandschuhe geraten. Es gab kaum ein Treffen, an dem Ben keine anhatte. Scheinbar war er der Latex-Typ. Zum Glück kam Tamara vorbei und half Maria beim Überlegen.

      „Mon Cherrie geht immer. Wenn ich nicht weiß, was ich mitbringen soll, kaufe ich Schokolade.“

      „Ja, aber da ist Alkohol drin.“

      „Na und? Glaubst du, ihr spült euer Grillfleisch mit Limo nach?“

      „Und wenn er keinen Alkohol mag?“

      „Dann verschenkt er sie weiter. Achte also besser auf das Haltbarkeitsdatum.“

      „Du nun wieder. Nein, ich würde gerne was ohne Alkohol schenken.“

      „Dann kauf doch Pralinen ohne Alkohol!“

      „Ok, ich würde auch gerne was Kreativeres als Pralinen mitbringen. Weißt du, wie wir im Geschäft die Augen verdrehen, wenn unsere Kunden uns mit Merci überhäufen?“

      „Eine Flasche Wein?“ Tamara gab nicht auf.

      „Ohne Alkohol!“

      „Sorry, ich vergaß. Aber kannst du dir echt nicht vorstellen, dass es Menschen gibt, die anders wie dein Lukas, Spaß am Leben haben und nicht gleich Alkoholiker werden, wenn sie mal ein Glas Wein trinken?“

      „Natürlich kann ich mir das vorstellen. Und Lukas hat mit Sicherheit seine Fehler, aber er hat meine Sensibilität geschärft für dieses Thema. Ich möchte niemanden in Verlegenheit bringen oder den Eindruck erwecken, dass sich Jemand rechtfertigen muss, weil er keinen Alkohol trinkt. Wenn ich Ben besser kenne, hat sich das Problem dann ja erledigt.“

      „Oh, du willst ihn besser kennenlernen. Milly, was sagst du denn dazu, wenn dieser Tierquäler sich dein Frauchen krallt?“

      „Er ist kein Tierquäler. Er hilft Tieren. Und du brauchst mir nicht erzählen, dass du als Krankenschwester nicht auch deinen Patienten mal wehtun musst.“

      „Ist ja schon gut.“ Tamara lachte.

      „Ist es nicht. Ich hab immer noch kein Geschenk für ihn. Es kommt sogar noch viel viel schlimmer, ich hab nicht mal eine Idee für ein Geschenk. Und du bist mir keine Hilfe, liebe Tamara!“

      „Sollen wir Bianca anrufen?“

      „Anrufen? Nee, besser herbestellen und sie kann das Abendessen mitbringen.“

      Tamara, die zum Dramatisieren neigt, spricht Bianca schnell eine Sprachnachricht ein. „Liebe Bianca, bin bei Maria, die braucht unbedingt unsere Hilfe. Komm so schnell du kannst! Achja, und bring Essen mit! Tamara uhuunndddd…“ „Maria.“

      Die beiden Freundinnen nicken sich zu und widmen sich mir. Nicht, dass sich das Problem mit der Geschenkidee gelöst hat, wenn Bianca eintrudelt. Sie hasst es nämlich, wenn sie dann zu spät kommt und vor allem soll sie nicht denken, dass sie nur zum Essenmitbringen ausgenutzt wird.

      Ich genieße die Streicheleinheiten und recke und strecke mich. Tamara kontrolliert immer mal ihr Handy. Nach ein paar Minuten wird angezeigt, dass Bianca die Nachricht abgehört hat. Dass keine Antwort kommt, heißt natürlich, dass sie auf dem Weg ist.

       Mädelsabend

      Dingdongdingdongdingdingdong! Bianca klingelt Sturm, als sie erscheint. Wie von der Tarantel gestochen, springe ich auf und belle wie verrückt. Ich schlage sonst nicht unbedingt an, aber wenn es Sturm klingelt, kann ich einfach nicht anders. Bianca weiß das und sie liebt mein Spektakel, wenn sie ankommt und ich sie dann aufgeregt begrüße. Das wissen hier alle Anwesenden, trotzdem kann Maria sich eine Belehrung nicht verkneifen. Irgendwie denkt sie immer, dass die Nachbarn von mir genervt sein könnten. Dabei sind die Nachbarn und ich eine eingeschworene beziehungsweise verschworene Gemeinschaft. Die stecken mir nämlich heimlich Leckerli zu und sagen immer: „Wenn Milly bellt, wissen wir wenigstens, dass es ihr gut geht.“ Ja, so sind sie die Nachbarn. Und Maria ist eben anders. Am Ende sind alle gut so, wie sie sind.

      Bianca duftet verboten gut nach Dönerbude. Am liebsten würde ich sie auffressen. Das lassen Bianca und Maria aber nicht zu. Sie schieben mich zur Seite und fallen sich alle um den Hals.

      „Du bist meine Rettung!“, ruft Maria und gibt ihrer zweiten besten Freundin einen dicken Kuss auf die Wange. Bianca tut es ihr gleich. Mir geht das Herz auf, wenn ich die drei so erlebe. Wir stürmen erstmal alle in die Küche. Solange der Duft von Essen in der Luft liegt, klebe ich an den Mädels, bis sie mir etwas abgeben oder mein Futter fürs Abendessen richten. Heute hab ich richtig Glück. Bianca hat in einer kleinen Styroporschachtel etwas Dönerfleisch extra für mich mitgebracht, das Tamara mir direkt runter stellt. Maria mag das zwar nicht so, wegen der Futterexperimente, die sie ja machen soll. Aber ehe das Jemand von den anderen beiden erfährt, hab ich die Köstlichkeiten schon einverleibt und rülpse laut vernehmlich. Nicht sehr damenhaft, das muss ich zugeben, aber Maria und ihre Freundinnen amüsiert es. Sie lachen laut und Tamara knuddelt mich. „Milly con Carne“, nennt sie mich nach dem Essen immer. Und ich liebe das. Nicht nur, weil dieser Name mit einer freudigen Erinnerung an Fleisch verbunden ist, sondern auch, weil ich weiß, dass die drei Freundinnen scheinbar alles, was auf „con Carne“ endet, zum Fressen gern haben, wie sie beteuern.

      Nach dem Essen klappt Bianca das Sofa im Wohnzimmer aus und wir machen es uns dort gemütlich. Maria legt eine CD ein und eine bleierne Müdigkeit macht sich über uns alle her. Ich hab Glück, denn auf meine Ideen legen meine drei Herzdamen keinen Wert und ich schnarche zufrieden und satt vor mich hin. Nur im Halbschlaf höre ich das Gemurmel über Geschenke, Grillfest und Ben.

      Tamara kommt mit klassischen Ideen wie CD, Parfüm oder Bücher. Maria hat natürlich gegen alles ihre Einwände. Bei der CD ist es der Musikgeschmack, den sie nicht kennt, bei Büchern das Gleiche ohne Musik und Parfüm – das schenkt man doch keinem, den man nicht kennt, außer der stinkt wie ein Iltis. Und das tut Ben ja nicht. Tut er doch, nur Maria mit ihrer Grobolfaktorik merkt das ja nicht. Und ich lass sie besser in ihrem Glauben. Schließlich soll ich ja einen Job erfüllen und dem Ziel komme ich nicht näher, wenn ich mein einsames Frauchen auf die tiefergehenden Nuancen in der Aromatik von potentiellen Kandidaten hinweise. Bei Ben wären das Details wie ein permanenter unterschwelliger Geruch nach Desinfektionsmitteln und Puder. Letzteres liegt sicher an seiner zweifelhaften Vorliebe für Gummihandschuhe, und bringt mich immer zum Niesen.

      „Kinokarten!“, Bianca schreit ihre Idee förmlich heraus und ich schrecke kläffend hoch. „Mädels müsst ihr mich so erschrecken?“, denke ich und kann das Entweichen einer Dönerflatulenz nicht unterdrücken. Prompt rümpfen die Freundinnen die Nase. Sogar Bianca vergisst für einen kurzen Moment, sich selbst in ihrem Geistesblitz anzustrahlen und wird etwas grün im Gesicht. Tamara, die sich schuldig fühlt, tut allerdings so, als wenn sie nichts merkt. Maria öffnet das Fenster. Als sie zurück zum Sofa kommt, sagt sie: „Bianca, das ist perfekt. Ich hole so eine Kinobox mit Popcorn und so Zeugs darin.“

      „Genau und dann kannst du sogar noch ins Kino mitgehen.“ Tamara, ich liebe sie für ihre praktische Veranlagung. Diese Idee hat nur einen Haken. Nämlich mich. Ich bin ungern alleine zu Hause und schon gar nicht abends. Und dass Ben und Maria sich eine Kindervorstellung anschauen, ist nicht anzunehmen. Ich miepe kurz auf, was mein Frauchen aber gleich missversteht. Sie drückt Tamara eine Kacktüte in die Hand und schickt uns vor die Tür. „Du hast ihr das Fleisch gegeben, du sammelst es wieder weg. Nimm dir Feuchttücher mit, falls sie Durchfall hat.“ Tamara verdreht die Augen und sagt zu mir: „Komm Milly, draußen kannst du soviel pupsen wie du willst. Und ein Spaziergang macht mich auch wieder fit.“ Flüsternd fügt sie noch hinzu: „Wir bringen Eis mit.“ Oh ja, das bedeutet nämlich, dass wir zu Luigis Gelateria gehen. Luigi hat Eis für Hunde im Angebot und ich liebe es. Aber vorher drehen wir eine Runde durch den Park.

      Mit dem Eis müssen wir dann ziemlich schnell heim laufen, damit es nicht komplett geschmolzen ist, wenn wir zu Hause ankommen. Bianca und Maria freuen sich total, dass Tamara ihnen jeweils einen Erdbeerbecher mitgebracht