Narcia Kensing

Nachtschwarze Sonne


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      Narcia Kensing

      Nachtschwarze Sonne

      Undying Blood 2

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       Verlagslogo

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Kapitel eins

       Kapitel zwei

       Kapitel drei

       Kapitel vier

       Kapitel fünf

       Kapitel sechs

       Kapitel sieben

       Kapitel acht

       Kapitel neun

       Kapitel zehn

       Kapitel elf

       Kapitel zwölf

       Kapitel dreizehn

       Kapitel vierzehn

       Kapitel fünfzehn

       Kapitel sechzehn

       Kapitel siebzehn

       Hinweis an den Leser

       Weitere Werke der Autorin

       Impressum neobooks

      Kapitel eins

       Holly

      

      Es ist so windig, dass ich die Augen kaum öffnen kann. Meine Haare wirbeln um meinen Kopf und peitschen mir ins Gesicht. Ich gehe gebeugt, den Kopf gesenkt, damit der Wind mich nicht umstößt. Bis auf meine Füße, die in zerschlissenen gelben Schlappen stecken, sehe ich nichts. Ich gehe auf glattem grauen Betonboden.

      Neals Griff um meine rechte Hand ist fest. Nicht grob, eher Trost spendend. Ich sehe ihn nicht, weiß aber, dass er da ist. Durch den ohrenbetäubenden Lärm der Rotorblätter kann ich nicht hören, ob er mit mir spricht. Er zieht mich hinter sich her, als wüsste er genau, wohin wir gehen müssen. Ich folge ihm blind.

      Shelly, das blonde Mädchen, das ich aus dem Quartier der Acrai gerettet habe, ist vor uns aus dem Bauch des Helikopters ausgestiegen. Eine Frau im schwarzen Anzug hat sie weggeführt. Das Mädchen hat den gesamten unruhigen Flug über aus dem Fenster gesehen, in den Nachthimmel hinein. Es ist stockdunkel und ich bezweifle, dass sie etwas erkennen konnte. Sie hat kein Wort gesprochen, genau wie ich. Mit gesenkten Kopf saß ich zwischen ihr und Neal und hoffte, der Flug würde rasch ein Ende nehmen. Nicht, weil ich Angst gehabt hätte, obwohl mich bis vor wenigen Tagen sogar die Fahrt in einem Auto an den Rand der Selbstbeherrschung getrieben hatte. Nein, ich fühle nichts, mein Innerstes ist leer. Ich hatte bloß gehofft, die Obersten würden mich zurück nach Hause bringen. Endlich Ordnung, Struktur, Disziplin und - Vergessen. Ja, tief in mir drin ist das mein sehnlichster Wunsch. Aber ich habe nicht ernsthaft daran geglaubt, dass ich alsbald Carl und Candice wiedersehen würde, die sicherlich krank vor Sorge sind.

      Meine Befürchtungen haben sich leider bewahrheitet, denn ich befinde mich schon wieder in einer mir völlig fremden Umgebung. Obwohl es tiefste Nacht ist und meine Augen tränen, kann ich mit absoluter Sicherheit behaupten, nie zuvor hier gewesen zu sein. Das ist nicht Manhattan, auch nicht Jersey City.

      Ich stolpere noch immer hinter Neal her. Ich hebe erst den Blick, als er plötzlich stehen bleibt. Vor uns ist ein mehr als drei oder vier Yards hohes Metalltor, rechts und links gesäumt von einer Betonmauer, an deren oberem Ende spiralförmig darauf angebrachter Stacheldraht glitzert. Einer der Männer zieht etwas hervor, das im Dunkeln wie eine Karte aussieht, etwa so groß wie die Individuenausweise. Er steckt die Karte in ein Gerät, woraufhin eine grüne Lampe aufleuchtet. Alles geht so schnell, dass ich seinen Bewegungen kaum folgen kann.

      Eine Hälfte des Flügeltors schwingt lautlos auf. Allmählich lassen Lärm und Wind hinter mir nach. Der Pilot des Hubschraubers hat den Motor abgestellt. Wir treten durch das Tor, das hinter uns mit einem leisen metallischen Geräusch wieder ins Schloss fällt. Was ich jetzt sehe, kitzelt etwas in der Leere meiner Seele wach, aber es ist kein angenehmes Gefühl. Eher so, als hätte ich etwas Schlechtes gegessen. Tiefes Unbehagen, gepaart mit einem Anflug von Ehrfurcht. Grelles weißes Licht, das sich trichterförmig von mehreren, in regelmäßigen Abständen aufgestellten Laternen ausgehend auf den Boden ergießt, scheint auf uns herab.

      Die glatte graue Straße, auf der wir gehen, führt strikt geradeaus. Wir passieren Kreuzungen, andere Straßen zweigen in akkuratem rechten Winkel von dieser ab. Am Wegrand stehen flache schmucklose Gebäude, manche nur mit einem Stockwerk, andere mit zwei oder drei. Sie sehen alle ähnlich aus: graue hässliche Betonquader mit winzigen Fenstern, die das Mauerwerk durchbrechen. Wir gehen immer weiter, aber meine Umgebung ändert sich nicht. Alles sieht gleich aus, als kämen wir überhaupt nicht voran.

      Neben mir geht Neal. Sein Gesicht ist verkniffen, seine Augen zucken wachsam von rechts nach links. Seine Hand ist warm und ich spüre die Zuversicht, die er ausstrahlt. Er macht nicht den Eindruck, als wäre die Umgebung neu für ihn.

      Vor uns geht eine Frau, die den Arm um Shellys Schultern gelegt hat. Das Mädchen dreht sich immer wieder zu mir um. Ich würde sie gerne anlächeln, aber ich kann einfach nicht. Es ist, als seien meine Mundwinkel festgeklebt. Auch sie verzieht keine Miene. Sie sieht mich einfach nur an, sekundenlang, ehe sie sich wieder umdreht. Ein Schauder läuft mir den Rücken herunter. Die Haare der Frau, die Shelly zum Weitergehen antreibt, sind ebenso schwarz wie ihr Anzug. Ihre Silhouette hebt sich kaum von der stockfinsteren Nacht ab. Ich sehe sie nur, wenn sie in den Lichtschein einer Laterne tritt.

      Ganz vorne gehen zwei Männer. Sie haben ebenfalls mit uns im Helikopter gesessen. Niemand spricht ein Wort. Unsere Schritte sind das einzige Geräusch, das ich wahrnehme, sie hallen von den bedrohlich aufragenden Wänden der hässlichen Häuser wider.

      Endlich erreichen wir einen Ort, der anders aussieht. Es ist ein quadratischer Platz, der mit glatten Steinplatten ausgelegt ist und mindestens dreißig Yards an jeder Seite misst. Ein Gebäudekomplex erstreckt sich an drei Seiten um den Platz herum. Hier sehe ich zum ersten Mal Lichter hinter den Fenstern. Drei Stockwerke ragen über uns auf, auf dem flachen Dach gibt es an jeder Ecke einen Fahnenmast, an dem eine Flagge weht - ein schwarzer siebenzackiger