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die innerhalb eines Stützfelds auftreten, bewirken bei korrektem Sitz der Prothese keine Lageveränderung des Zahnersatzes. Außerhalb dieses Polygons einwirkende Kräfte können demgegenüber entweder zu einer körperlichen Verschiebung (Translation) oder zu einer Drehung (Rotation) der Prothese um eine Achse (Kippung) führen. Die bei einer Rotation entstehende Drehachse ist immer mit einer der Stützlinien identisch. Daraus folgt, dass Stützlinien als äußere Begrenzung eines Abstützungspolygons potentielle Rotationsachsen darstellen. Damit abhebelnde Kräfte nicht schon beim Kauen auftreten, sollte in einem Kieferabschnitt die gemittelte Verbindungslinie der okklusalen Kontakte (die sog. Belastungslinie) möglichst innerhalb des Stützfelds oder an dessen Grenze (d. h. auf der Stützlinie) liegen. Abhängig vom Zahnbestand ist es jedoch oftmals nicht zu vermeiden, dass sich bestimmte okklusale Belastungsabschnitte der Modellgussprothese außerhalb des Abstützungspolygons befinden. Dies ist bei frontalen Schaltprothesen (Schließungsprothesen) sowie bei uni- und bilateralen Freiendprothesen der Fall (vgl. Kap. 32.2.1).

      Abb. 32-11 Als Stützlinie wird die Verbindung zweier okklusaler Auflagen einer Modellgussprothese bezeichnet.

      Abb. 32-12 Parodontales Stützfeld oder Abstützungspolygon.

      32.5.1.1 Hebel- und Widerstandsarm, Kippmeider

      Bei Belastung der jenseits des Stützfelds befindlichen Ersatzzähne (Abbeißen, Kauen) entsteht zwischen der als Rotationsachse wirkenden Stützlinie und dem Kraftangriffspunkt ein Hebelarm (Kraftarm). Dieser verursacht eine Lageveränderung (Rotation) der Prothese, sofern nicht ein möglichst großer Widerstandsarm (Lastarm) vorhanden ist, der dem Hebelarm entgegenwirkt. Ein Widerstandsarm ist definiert als der Abstand zwischen der als potentielle Rotationsachse wirkenden Stützlinie und den Retentionselementen, die am weitesten von dieser Achse entfernt liegen. Letztere befinden sich bei Freiendprothesen mesial, bei frontalen Schaltprothesen distal. Bei Druck auf die Prothesensättel des Hebelarms wirken dabei die retentiven Klammerarme des Widerstandsarms der Rotationsbewegung entgegen, sie agieren als Kippmeider. Bei abziehenden Kräften am Hebelarm wirken die Auflagen der Klammern, die bezogen auf die Rotationsachse auf der Seite des Widerstandsarms liegen, als Kippmeider und verhindern ein Abkippen des Prothesensattels von seiner Unterlage.

      32.5.1.2 Verkürzung des Hebelarmes

      Bei frontalen Schaltlücken sind praktisch keine Möglichkeiten vorhanden, die Länge des Hebelarms zu beeinflussen, da die Stellung der Frontzähne durch die Funktion und Ästhetik vorgegeben ist (Abb. 32-13). Im Falle von bilateral verkürzten Zahnreihen hingegen lässt sich der Hebelarm in einem bestimmten Ausmaß kürzer gestalten, beispielsweise dadurch, dass die Zähne nur bis zum ersten Molaren ersetzt werden (Abb. 32-14). Zusätzlich wird die Statik dadurch verbessert, dass neben der Gestaltung eines stabilen großen Verbinders und der Wahl retentiver Klammern die Prothesensättel so weit wie möglich extendiert werden (Schneeschuhprinzip) und am endständigen Pfeilerzahn eine sattelferne Auflage angelegt wird.

      Abb. 32-13 Hebelarm (H) und Widerstandsarm (W) bei frontaler Schaltlücke. Bei vorhandenem Seitenzahnbestand wird ein langer Widerstandsarm erzielt, während der Hebelarm nur gering ausgeprägt ist. Grau: Ersatzzähne.

      Abb. 35-14 Hebel- und Widerstandsarm bei bilateralem Freiende. Je stärker das Freiende ausgeprägt ist, d. h. je mehr Zähne im posterioren Bereich verloren gegangen sind, umso länger wird der Hebelarm und umso kürzer der Widerstandsarm. Grau: Ersatzzähne.

       32.5.2 Ästhetische Grundlagen für Teilprothesen

      32.5.2.1 Angleichung der Prothesenzähne und individuellen Verblendung bei kombiniertem Zahnersatz

      Die in eine Teilprothese zu integrierenden Prothesenzähne müssen hinsichtlich Form und Farbe dem Restgebiss angeglichen werden. Dies setzt ein individuelles Nachkonturieren der Fabrikzähne voraus. Je nach Art des Materials müssen Kunststoff oder Keramik nach dem Beschleifen wieder aufpoliert bzw. nochmals gebrannt werden. Die farbliche Angleichung von Prothesenzähnen an das Restgebiss oder an eine bereits vorhandene Verblendung stellt aufgrund der unterschiedlichen Materialien und der limitierten Individualisierungsmöglichkeiten ein besonderes Problem dar. Prothesenzähne aus Keramik können nur oberflächlich bemalt und umgebrannt werden, was nur eingeschränkte Veränderungen zulässt. Bei Prothesenzähnen aus Kunststoff besteht die Möglichkeit, diese zu reduzieren und mit z. B. lichthärtendem Kompositkunststoff individuell zu ergänzen. Dies setzt den Einsatz von entsprechenden Verbundsystemen (z. B. Dentacolor Connector, Kulzer, D-Hanau) zwischen PMMA-Zähnen und Kompositverblendung voraus.

      Das Einfügen von Verblendungen in die Zahnreihe führt in den meisten Fällen, so z. B. bei einer Außenkonuskrone, zu einer Überkonturierung. Nur bei einer ausreichenden Zahnreduktion sowie einer grazilen Gerüstgestaltung können solche Verblendungen in Form und Farbe dem Restgebiss bzw. den Prothesenzähnen optimal angepasst werden.

      32.5.2.2 Die Position von Halteklammern im sichtbaren Bereich

      Die Klammer als Halteelement stellt aufgrund ihrer material- und formbedingten Größe im Frontzahnbereich ein ästhetisches Problem dar. In Fällen, in denen sich eine Klammer nicht vermeiden lässt, muss in der Planungsphase eine verkürzte Gestaltung des sichtbaren Klammerarms in Erwägung gezogen werden. Konzepte wie z. B. das Rotationsgerüst (Böning 2019, Jacobsen und Krol 1982) erlauben in bestimmten Situationen den vollständigen Verzicht auf Klammern im Frontzahnbereich bzw. deren Reduzierung oder Verlegung in die Interdentalbereiche der Haltezähne (Abb. 32-15 und 32-16). Der Halt der Teilprothese wird im Frontzahnbereich durch die unter sich gehenden Approximalflächen (ohne Klammern) und im Seitenzahnbereich mit Hilfe von Klammern erreicht. Das gleiche Prinzip lässt sich auch für Schaltlücken im Seitenzahnbereich anwenden; auf diese Weise kann auf Klammern im Prämolarenbereich verzichtet werden.

      Abb. 32-15 Das Prinzip der Rotationsprothese. Startposition beim Eingliedern.

      Abb. 32-16 Rotationsprothese eingegliedert.

      Als Grundregel gilt: Klammern sollen so unauffällig wie möglich positioniert werden. Dies ist bereits in der ersten Planungsphase am Situationsmodell zu berücksichtigen. Hat man bei den relativ elastischen handgebogenen Klammern kaum Möglichkeiten einer Modifikation hinsichtlich ihres Verlaufs oder ihrer Form, so bieten sich bei Gussklammern häufig günstigere Alternativen an. Es ist aus ästhetischen Gründen sinnvoll, bukkale Klammerarme im sichtbaren Bereich immer von distal zu führen, da somit der weit koronal gelegene Klammeroberarm im der Sichtbarkeit abgewandten Approximalraum positioniert wird. Bei Umklammerungen von Oberkiefer-Frontzähnen mit gegossenen E-Klammern kann der Retentionsarm