Linda V. Kasten

Himmelsfrost


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und besten Waffenschmiede in ganz Elianya. Wind und Eiswächter hatten ein enges Verhältnis, was die Produktion und den Transport von Waffen sowie das Ausbilden von Soldaten anbelangte. Beide Königreiche hatten die Vorsätze, dass nicht nur Disziplin und Härte einen guten Wächter ausmachten, sondern auch Präzession, Eleganz und Güte. Die Wurzeln der jahrhundertelangen Zusammenarbeit stammten aus der Zeit der großen Kriege und hatten bis zum heutigen Tage überdauert. Die Klingen der Windwächter waren präzise und sehr fein gearbeitet und deshalb auch unglaublich leicht. Sie lagen gut in der Hand und passten sich perfekt den Bewegungen seines Trägers an. Jede Klinge war mit aussagekräftigen und liebevoll eingearbeiteten Symbolen verziert, sodass keine Klinge einer anderen glich. Viele ihrer Schwerter waren aus Mondsilber gefertigt und deshalb besonders kostbar. Die Windwächter waren das einzige Königreich, das sich mit der Verarbeitung von Mondsilber zu Waffen verstand. Zwar arbeiteten auch die anderen Königreiche damit, jedoch wurde das kostbare Material meistens zu Schmuck verarbeitet, so wie der Anhänger meiner Mutter, den ich um den Hals trug.

      Meine Finger glitten wie von selbst zu der Kette und ein eigenartiges Kribbeln breitete sich in meinem Körper aus.

      »Kommt weiter.«, riss mich Alice aus meinen Gedanken als sie nach meiner Hand griff und mich weiter die Straße entlang zog. Wir erreichten den großen Marktplatz und ich blieb erneut stehen, um mir alles anzuschauen. Der Brunnen, den ich gestern Abend bereits bewundert hatte, glitzerte im Sonnenlicht und die gefrorenen Wasserfontänen wirkten umso imposanter. Alice und Eric zeigten mir die verschiedenen Marktstände für Obst, Gemüse, Fleisch, Waffen, Schmuck und allem Möglichen anderen Krimskrams. Anders als am Abend zuvor herrschte hier ein geschäftiges Treiben. Die Stände mit ihren vielfältigen Angeboten bildeten einen bunten Kontrast zum Rest der verschneiten Landschaft. Cora hatte Recht: Die meisten Männer und Frauen waren in weiß-blaue Farben gekleidet, weshalb mir eine Frau in einem roten Umhang besonders ins Auge viel. Alice schien meinem Blick zu folgen und nickte in ihre Richtung. »Das ist die Tochter des Metzgers. Man munkelt, dass das meiste Fleisch, das er verkauft, von ihr geschossen wird.«

      Ich zog eine Augenbraue in die Höhe. »Die Frau mit dem blutroten Umhang ist also die Tochter des Metzgers, ja?«

      Alice zuckte mit den Schultern. »Ich weiß, noch theatralischer geht es nicht.«

      »Alice mag sie nicht.«, klärte mich Eric auf.

      »Pff.«, schnaubte diese. »Es ist nicht mein Problem, wenn sie dich in ihren Charme eingewickelt hat und du ihr wahres Ich nicht siehst.«

      Jetzt war Eric, der schnaubte. »Niemand hat mich mit irgendwas eingewickelt.«

      Ich musterte die beiden neugierig. Eric mit seinem blondem, ein wenig verstrubbeltem Haar und seinen karamellbraunen Augen und Alice mit ihrem hellbraunen Dutt und den vor Energie sprühenden, grünen Augen. Die beiden würden ein interessantes Paar abgeben. Nach unserer ersten Begegnung war ich auch davon ausgegangen, jedoch war ich mir nun nicht mehr so sicher.

      Als Eric ein Stück vorausgegangen war, beugte ich mich vertraulich zu Alice. »Sag mal, ihr zwei, seid ihr… «

      Alice unterbrach mich hastig. »Was? Nein. Wir doch nicht.« Sie lachte nervös und ich konnte nicht anders als ihr einen skeptischen Blick zuzuwerfen, doch sie schaute verlegen auf den Boden. Ich hätte nicht gedacht, dass man eine Person wie Alice schnell in Verlegenheit bringen konnte. »Wir sind nur Freunde. Beste Freunde. Seit wir klein waren. Er ist fast wie mein… naja du weißt schon, wir kennen uns auf jeden Fall schon ewig.«

      Ich nickte skeptisch. »Verstehe.«

      »Wieso?«, sie hob den Kopf und musterte mich. »Hast du etwa Interesse?«

      »Was?!«, jetzt war ich diejenige, die bestürzt auflachte. »Oh nein, keine Sorge. Ich war nur neugierig. Ihr zwei geht so vertraut miteinander um, da dachte ich… naja du weißt schon.«

      Alice lachte und vielleicht bildete ich mir das auch nur ein, aber es klang fast schon erleichtert.

      »Ich ärger dich doch nur Skyler. Du hast im Moment bestimmt wichtigere Sorgen als Jungs.«

      Halbherzig stimmte ich in ihr Lachen mit ein. »Da hast du recht.«

      Eric war einige Meter vor uns stehengeblieben und wartete, bis wir zu ihm aufgeschlossen hatten. »Worüber lacht ihr?«, fragte er.

      »Dich.«, antworte Alice wie aus der Pistole geschossen und ich warf ihr einen überraschten Blick zu.

      Eric verdrehte die Augen. »Sehr komisch, Alice.«

      In den nächsten Stunden zeigten die zwei mir alles Mögliche in der Stadt. Trotz des Schnees und der Kälte war es in den Straßen angenehm windgeschützt. Die Häuser waren Seite an Seite gebaut und größere Plätze oder Straßen waren von Tannen gesäumt, um den kalten Wind abzuhalten. Vor vielen Häusern stapelten sich Brennholzscheite und ein angenehmer Geruch von Tannennadeln und Kaminfeuer zog durch die Straßen. Als wir an einem kleinen Kaffee vorbeikamen, blieben die beiden stehen und Eric schlug vor eine Pause zu machen. Ich stimmte erleichtert zu. In meinen Beinen spürte ich noch die Nachwirkung der langen Reise und langsam aber sicher begann die Kälte unter meinen dicken Umhang zu kriechen und meine Finger waren taub vor Kälte.

      Als wir den kleinen Laden betraten, schlug mir auf der Stelle der Geruch von Gebäck und Kaffee entgegen. Ich wusste, dass Cora Kaffee liebte, wir uns in Nebelhöhe den Luxus dieses Getränks jedoch nur selten leisten konnten.

      Alice und Eric nahmen ihre Umhänge ab und hängten sie an einen Haken neben der Tür. Ich tat es ihnen gleich und folgte ihnen zu einem kleinen Tisch in der Mitte des Lokals. Als die Besitzerin, eine kleine, ältere Dame uns sah, kam sie auf der Stelle auf uns zugeeilt.

      »Ihr seid es schon wieder! Und ihr habt… oh.«, sie hielt inne und musterte mich neugierig. »Es ist mir eine Ehre, Prinzessin.«, sie machte einen kleinen Knicks.

      »Oh, ähm, nicht doch.« Ich merkte, wie mir das Blut in die Wangen schoss. Es hatte mir wahrlich besser gefallen, als die Leute noch nicht wussten, wer ich war, doch hier schien mich jedermann sofort zu erkennen.

      »Nicht so bescheiden.« Die alte Dame tätschelte meine kalte Hand. »Du solltest stolz sein. Schließlich bist du die zukünftige Königin des Eises.«

      »Ach ich…«

      Alice unterbrach mich, indem sie mir einen Tritt unter dem Tisch verpasste und ich hielt verwirrt inne und warf ihr einen fragenden Blick zu.

      Scheinbar zufrieden, dass ich ihr nicht widersprach, klatschte die alte Dame in die Hände. »Das Übliche schätze ich mal?« Dies war vermutlich nur eine theoretische Frage, denn sie ließ Eric und Alice keine Zeit, um zu antworten. »Und da ihr königlichen Besuch mitgebracht habt, geht euer Besuch heute aufs Haus.«

      Fröhlich vor sich hin pfeifend ging sie zurück hinter die Theke und ich rieb mir das Schienbein.

      »Wenn du dir eins merken solltest, dann, dass du niemals mit Mrs. Lowbuck diskutieren solltest. Das führt nur zu unnötigem Stress und am Ende gewinnt sowieso sie.«

      »Außerdem hören es die Leute nicht besonders gerne, wenn die plötzlich zurückgekehrte Prinzessin überhaupt nichts mit dem Königshaus zu tun haben möchte.«, fügte Eric hinzu.

      Ich verzog verzweifelt das Gesicht. »Aber das ist nur die Wahrheit. Ich weiß seit knapp fünf Tagen, dass meine Eltern König und Königin des Eises waren. Das Einzige was ich möchte, ist…«

      Ich hielt inne. Ich kannte die beiden praktisch kaum.

      »Das Einzige, was du willst, ist herauszufinden, was damals passiert ist?«, beendete Alice meinen Satz. Ich nickte.

      Sie verzog mitleidig das Gesicht. »Das ist verständlich, doch du solltest das nicht so an die große Glocke hängen.«

      »Alice hat recht.«, stimmte Eric ihr zu. »Die Menschen warten seit Jahren auf jemanden, der ihnen die Hoffnung auf eine bessere Zukunft zurückbringt. Es gab seid langer Zeit keine richtige Königin des Eises mehr und es steht nicht gut um unser Königreich. Nahrungsmittel werden knapp. Wie du dir denken kannst, ist es schwer, ohne