S. N. Stone

Menschenseelen Teil 4 - Ker -


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      „Süße, es ist nicht so, wie du denkst. Weißt du, ich brauche das. Du bist mein Fels in der Brandung, die anderen sind nur Vergnügen. Mit dir will ich eine Familie gründen.“

      „Die anderen?!“, schrie sie ihm entgegen. „Und ich bin dein Fels? Ich will nicht dein Fels sein, der dir die Wäsche macht und dich bekocht, die Kinder hütet und putzt, während du irgendwo eine Mareike oder Silvia oder Stefanie vögelst!“

      „Nun hab dich doch nicht so.“

      „Ich werde dir gleich zeigen, wie ich mich habe.“

      „Du reagierst total über. Sie sind bedeutungslos für mich. Jenna, Liebling, du bist die Frau meines Lebens.“

      Jenna beugte sich zu ihm herunter und er lächelte sie an. „Siehst du meine Kleine, geht doch.“

      Sie näherte sich seinen Lippen, dann stützte sie sich auf seinem gebrochenen Arm ab. Er schrie auf.

      Anstelle ihn zu küssen, flüsterte sie ihm ins Ohr: „Fick dich du Idiot.“

      Jen richtete sich auf, drehte sich um und verließ das Zimmer.

      „Du“, sie kam auf ihn zu und ihre Augen loderten vor Zorn, „fährst jetzt hinter mir her zu meinen Eltern. Während ich meine Sachen packe, legst du dich hin und schläfst. Wenn du ausgeschlafen hast, fahren wir nach Berlin. Und ich will nichts hören, kein Kommentar, keinen blöden Spruch, gar nichts!“

      Sie rauschte an ihm vorbei.

      Auf dem Parkplatz holte er sie ein.

      „Ich bin nicht schadenfroh“, sagte er.

      Nein, man konnte ihm vieles nachsagen, aber schadenfroh war er wirklich nicht.

      „Um ehrlich zu sein, hättest du ihm noch ein wenig mehr wehtun können“, gab Jen zu.

      „Hatte ich vor, aber die Verkehrslage ließ es nicht zu. Und was anderes hatte ich nicht in petto, mir waren die Ideen ausgegangen.“

      Naja, sein Versprechen hatte er gehalten, er hatte Sascha nicht getötet. Jenna fand es gerade gar nicht so schlecht jemanden an der Seite zu haben, der ziemlich mächtig war.

      4. Kapitel

       Jaten hatte sich den Hilfstruppen des Arminius angeschlossen, als er erfahren hatte, dass Publius Quinctilius Varus von Kaiser Augustus als neuer Oberbefehlshaber nach Germanien geschickt werden würde. Arminius sollte ihn begleiten und Jaten fand einfach Gefallen daran, zu sehen, was sich aus dieser Situation herausholen ließ.

       Ciara hatte ihren Unmut darüber kundgetan. Am wenigsten gefiel ihr die Tatsache, dass sie von ihrem Zwillingsbruder getrennt sein würde, aber es war ihm egal. Sie nahm auch keine Rücksicht auf ihn, wenn ihr etwas in den Sinn kam.

       Jaten mochte Germanien mit seinem rauen, unwirklichen Klima und seiner Einfachheit.

       Für die römischen Legionen war es wie eine andere Welt, in der sie sich nur schlecht zurechtfanden. Waren sie es gewöhnt in steinernen Häusern, mit Fußbodenheizung und fließendem Wasser, mit öffentlichen Bädern, Märkten, Theatern, Sitte und Ordnung zu leben, so trafen sie im Land der Barbaren auf Einfachheit, Derbheit und vor allem auf schlechtes Wetter und dichte Wälder.

       20 Jahre römische Herrschaft hatten in Germanien nicht viel verändern können. Die unzähligen unterschiedlichen Stämme bekriegten sich nach wie vor und die Bevölkerung tat sich schwer die römischen Sitten anzunehmen und verzichtete überwiegend darauf. Sie hatten nicht einmal ein Schriftbild und galten weiterhin als unzivilisiert.

       Für Arminius war es kein fremdes Land und das machte es für Jaten so interessant an seiner Seite zu reiten. Als Sohn eines Cheruskerfürsten war er mit zehn Jahren als Geisel nach Rom gebracht und dort zum römischen Offizier ausgebildet worden. Diese Art der Geiselnahme war nicht ungewöhnlich, so sorgte man für das Wohlverhalten der Väter im fernen Land und zog romtreue Gefolgsleute heran, die irgendwann in die Heimat zurückgeschickt wurden, und die Romanisierung vorantrieben. Sie wurden häufig in den Auxiliartruppen, den Hilfstruppen, eingesetzt, und kämpften an der Seite der Legionen im eigenen Land. Sie bekämpften die unterschiedlichen Feinde Roms mit ihren eigenen Taktiken.

       Arminius hatte sich militärisch bewiesen und war sogar in den Ritterstand erhoben worden, als erster cheruskischer Adliger.

       Jaten selbst kannte sich natürlich ebenso hervorragend mit dem römischen Militärwesen aus. Germanien war ihm nicht unbekannt, nichts war ihm wirklich unbekannt und er war anpassungsfähig. Während ihrer Reise in die Heimat der Barbaren beobachtete er den Kommandanten bewusst und hörte genau zu.

       In Vetera angekommen, kam Varus seiner Aufgabe nach, die römische Verwaltung und das Recht durchzusetzen und das Gebiet zu organisieren. Jaten betrachtete sein Vorgehen skeptisch. Der Oberkommandeur hatte offensichtlich kein Gefühl für das Volk der Germanen. Er behandelte sie wie Unterworfene, erhob extrem hohe Steuern und setzte sich über ihre religiöse Ordnung hinweg, indem er durch Anwendung der Todesstrafe Recht sprach. Entscheidungen über Leben und Tod waren aber nur den Göttern vorbehalten. Auch konnten sie den hohen Forderungen nicht entsprechen, sie waren Selbstversorger und hatten nicht viel.

       Es fehlte ihm an Einfühlungsvermögen und für Jaten war klar, dass er auf einem Pulverfass saß.

       Es gab sehr wohl auch Stämme, die sich prorömisch verhielten, aus Angst vor den imposanten Streitmächten, oder, weil sie sich einen Vorteil versprachen.

       In diesen Konflikten sah Jaten großes Potenzial. Er hoffte auf Arminius, hoffte darauf, dass dessen Herz für sein Volk heftiger schlug, als für das Volk, das ihn aus seiner Heimat gestohlen hatte.

       Dass dem nicht so war, erkannte er, als er Zeuge eines Gesprächs seines Kommandeurs mit dessen Vater wurde.

       Obwohl die Cherusker das Bündnis mit Rom eingegangen waren, war Segimer ein Gegner des Abkommens. Er tat sein Missfallen kund. Arminius hingegen beteuerte, versuchte seinen Vater geradezu zu überzeugen, dass Rom Fortschritt und Frieden bringen würde.

       Diese Einstellung machte es Arminius nach Segimers Tod umso schwerer seinen Anspruch auf dessen Nachfolge geltend zu machen.

       Für Jaten war die Zeit gekommen etwas zu unternehmen, zumal Ciara nun bereits fast zwei Jahre ohne ihn war, aber was bedeutete schon Zeit.

       Als Varus sich mit fünf Legionen und den Hilfstruppen im Frühsommer auf den Weg die Lippia entlang zum Sommerlager machte, reagierte Jaten. Er beseitigte Arminius. Er tötete ihn nicht, sondern gab ihm eine neue Identität ein und schickte ihn zu den Braketen, wo man ihn nicht erkennen würde. Er selbst nahm das Aussehen des Cheruskerfürsten an und seinen Platz ein.

       In Mogonaticum ließ Varus zwei Legionen zurück, sodass sie mit der 17, 18. und 19. Legion das Lager erreichten.

       Jaten suchte die Nähe zu Varus bewusst. Der Oberbefehlshaber hatte Arminius bereits vertraut, Jaten sorgte dafür, dass dieses Vertrauen gefestigt wurde und tiefer ging, ja sogar ein freundschaftliches Verhältnis entstand. Bald war er regelmäßig Gast an der Tafel des römischen Oberkommandeurs. Eine Rolle zu spielen fiel ihm nie schwer, barg aber auch Gefahren, er musste stets wachsam sein.

       Jaten arbeitete verbissen an seinem Plan. Er nahm die Aufgabe als Cheruskerfürst wahr, um unter den einheimischen Verbündete zu gewinnen.

       Er rief die Stämme Germaniens zusammen, um sie gegen Rom zu vereinigen.