Patricia Sveden

Miss Claires sinnliche Versuchung


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inzwischen zwanzig Jahre alt und harte körperliche Arbeit gewöhnt. Seit er in etwa vierzehn Jahre alt gewesen war, hatte er mitgeholfen, seine Mutter und seine jüngeren Geschwister zu versorgen. Sein Vater war damals leider an einer schweren Lungenkrankheit gestorben, und seither hatte Greg die Rolle des Versorgers übernommen. Seit einiger Zeit waren alle seine Geschwister groß genug, sodass seine Mutter nun auch wieder selbst ihrer Tätigkeit als Schneiderin ein wenig nachgehen konnte, und Greg somit endlich sein Elternhaus hatte verlassen dürfen, um sein eigenes Leben zu leben. Nach wie vor sendete er seiner Mutter aber monatlich einen Teil seines Lohnes, um es ihr weiterhin leichter zu machen und sie zu unterstützen. Deshalb arbeitete er hier nun seit einigen Monaten fleißig für Lord Fortescue, der wirklich außerordentlich großzügige Gehälter bezahlte und die Arbeitsbedingungen mehr als fair waren. Außerdem hatte Greg ein Herz für Tiere und konnte besonders mit Pferden sehr gut umgehen. Es war insgesamt betrachtet der beste Job, den er jemals hatte.

      Und den durfte er wegen der attraktiven Tochter des Hauses keinesfalls aufs Spiel setzen. Und ja, er musste sich eingestehen, Miss Claire mehr als attraktiv zu finden. Er kannte sie zwar so gut wie gar nicht. Sie hatte aber etwas an sich, das ihn anzog, das ihn aus der Ruhe brachte und neugierig machte. Am liebsten hätte er sich ausführlicher mit ihr unterhalten. Er durfte es aber nicht. Er hätte sie zuvor nicht einmal ansprechen dürfen. Ihm, als absoluten Neuling und von unterstem Rang des Personals, war es strengstens untersagt, die Herren des Hauses anzublicken, geschweige denn anzusprechen. Er würde nur sprechen dürften, wenn er dazu aufgefordert wurde. Zuvor hatte er im Stall aber Miss Claire aus freien Stücken angeredet. Hoffentlich hatte es keiner gesehen. Und hoffentlich würde diese Zofe dichthalten. Greg hatte aber nicht widerstehen können. Außerdem wäre es unhöflich gewesen, da er davon überzeugt gewesen war, dass diese beiden stallfremden Damen keine Ahnung hatten, wo sich das Putzzeug befand. Abgesehen davon hätte es Miss Claire gar nicht selbst erreichen können. Sie war tatsächlich mehr als einen Kopf kleiner als er. Was Greg aber irgendwie niedlich fand. Er bekam dadurch das Gefühl, sie beschützen zu wollen.

      Doch all seine Empfindungen, auch wenn er sie sich selbst gegenüber eingestehen konnte, waren nichtig. Niemals würde ein Mädchen, wie sie, ihn wirklich zur Kenntnis nehmen können. Sie war bestimmt anderes gewohnt und würde sich niemals mit dem untersten Abschaum, wie ihm, abgeben dürfen. Selbst wenn sie es wollte. Und Greg hatte erstaunlicherweise das Gefühl, dass sie es wollte. Auch wenn sie absolut behütet und unschuldig sein musste, er hatte ihre Blicke auf ihm gespürt, als er ihr den Eimer mit dem Putzzeug vom Regal geholt hatte. Ihre Blicke waren heiß auf seiner Haut zu spüren gewesen und er musste zugeben, dass ihn das ein wenig erregt hatte. Deshalb war er schleunigst zu seiner Arbeit zurückgekehrt, um das schnell zu beenden. Denn es hatte keinen Zweck. Es konnte da keine Zukunft geben. Und er wollte wegen einer Dummheit keinesfalls seinen Job verlieren, das wäre der Ruin für ihn und seine Familie.

      7. Kapitel

      Als Bella und Claire mit dem Putzen der Stute endlich fertig waren, kam auch schon der Stallmeister zu ihnen zurück. Er hob Claire ihren Sattel auf Wendy und legte der Stute das richtige Zaumzeug an.

      Dann verkündete er: „Ihre Mutter wartet bereits draußen vor dem Stall. Einem gelungenen Ausritt steht nun nichts mehr im Wege.“

      Ralph öffnete Wendys Boxtüre und Claire führte die Stute geschickt heraus. Sie warf noch einen letzten Blick in Richtung der Sattelkammer, in der Hoffnung, ihn noch einmal sehen zu können. Doch natürlich stand er nicht in der Türe und blickte ihr nach, was hatte sie sich nur dabei gedacht. Claire schüttelte unmerklich über sich selbst den Kopf und ging weiter. Draußen saß ihre Mutter bereits auf dem Pferd und lächelte ihre Tochter fröhlich an. Mutter liebte das Reiten genauso sehr wie sie selbst, man konnte es an ihrem Strahlen erkennen.

      „Wollen wir?“, fragte Mutter fröhlich.

      Claire ließ sich von Ralph in den Sattel helfen. Dummerweise war Claire noch gezwungen, den Damensattel zu benutzen, um ihr kostbarstes Gut, ihre Jungfräulichkeit zu schützen. Claire fand das einfach nur absurd und unangenehm. Denn wenn keiner zusah und sie ganz alleine ausritt, saß sie stets ganz normal und wie ein Mann im Sattel. Erst dann konnte sie das Reiten so richtig genießen. Aber nun, war sie ja nicht alleine, und musste dieses Theater um ihre Jungfräulichkeit mitmachen. Geradezu lächerlich fand sie das.

      Als sie endlich auf Wendy saß, gingen sie los. Claire wandte sich noch einmal um, und erblickte ihn. Er stand an den Rahmen der Stalltüre gelehnt und hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Er sah sie an. So offen und interessiert wie noch nie. Dennoch hatte Claire den Eindruck, dass er versuchte, etwas zu verbergen. Sie konnte sein Interesse aber erkennen. Heiße Glut erfasste sie und sie wünschte sich in diesem Augenblick, dass er es wäre, der nun auf einem Pferd neben ihr her ritt. Sie wollte mit ihm gemeinsam von hier fortreiten. Wieder schoss ihr das Blut in die Wangen und sie wandte schnell ihren Blick ab. Was war das nur? Warum sehnte sie sich derart stark nach diesem Mann. Sie kannte ihn doch gar nicht. Hoffentlich hatte keiner ihr Erröten gesehen. Wobei es durchaus auch aufgrund des warmen Sonnenscheins sein könnte.

      Claire bemühte sich, nun nicht mehr an ihn zu denken und sich voll und ganz auf das Reiten und ihre geliebte Stute unter ihr zu konzentrieren. Mutter schien neben ihr ebenfalls ihren eigenen Gedanken nachzuhängen und im Augenblick in ihrer eigenen Welt zu sein. Wenigstens musste sich Claire dadurch im Augenblick nicht auch noch bemühen, sich auf ein Gespräch zu konzentrieren.

      Nach dem Ausritt hielten Mutter und Tochter, wie üblich, vor dem Hauptgebäude an, und zwei junge Männer aus der Dienerschaft führten die beiden verschwitzten Pferde zurück zu den Stallungen. Auch die beiden Damen waren nun durstig und erschöpft und freuten sich auf eine kleine Stärkung und Erfrischung.

      Der Ausritt war sehr schön gewesen, wenn auch nicht so befreiend und befriedigend, wie wenn Claire alleine und selbstständig über die großen Wiesen des Familienareals galoppiert wäre. Das würde sie wohl ein anderes Mal wieder tun müssen. Heute war es ihr ja lediglich um eine Begegnung mit dem jungen Stallburschen gegangen, die tatsächlich stattgefunden hatte. Doch war Claire damit zufrieden? Einerseits ja, andererseits nein. Sie wollte immer noch mehr, auch wenn sie nicht wirklich wusste, was sie wollte. Sie kannte sich mit jungen Männern und solchen Gefühlen überhaupt nicht aus. Sie konnte nur erkennen, dass sie aus unerfindlichen Gründen bei ihm sein wollte, ihm nahe sein wollte. Wozu das dienlich wäre, wusste sie selbst nicht. Aber sie wollte es.

      Nach einem stärkenden Lunch mit ihrer Mutter, ihr Vater war immer noch mit seinen geschäftlichen Terminen beschäftigt, verbrachte Claire den restlichen Nachmittag in ihrem Zimmer. Für zwei Stunden kam Mrs. Michaels zu ihr, um mit ihr weiter die Geschichte Englands zu erörtern. Erstaunlicherweise gelang es Claire, sich recht gut darauf zu konzentrieren. Sie war jedenfalls innerlich aufgeräumter, als noch am Vortag. Dennoch war die gewohnte innere Ruhe nicht wieder vollständig hergestellt. Ein Teil von ihr wollte immer noch einfach nur zurück zum Pferdestall, um weiter diesen Stallburschen anzustarren oder mit ihm reden zu können - Claire wusste es nicht genau.

      Der Nachmittag verging und es wurde Abend. Das Abendmahl nahm sie mit beiden Eltern gemeinsam ein, wenn auch alle an diesem Tag recht schweigsam waren. Vater dachte vermutlich immer noch über seine Geschäfte nach, Mutter war offenbar in ihre ganz eigenen Träumereien versunken, und Claire, Claire konnte nur an ihn denken und wie sie ihn so bald wie möglich wiedersehen konnte. Doch wofür eigentlich? Was sollte es bringen, wohin sollte das führen? Sie würde wohl kaum eine Freundschaft mit einem Angestellten unterhalten dürfen. Das wäre unvorstellbar.

      Claire überlegte, ihre Eltern darauf anzusprechen, ließ es dann aber lieber bleiben. Nicht, dass der junge Mann ihretwegen womöglich noch Ärger bekam.

      Vielleicht könnte sie aber gemeinsam mit ihren Eltern einen Weg finden, wie sie selbst öfters die Stallungen aufsuchen konnte. Vielleicht würde sich ihr Vater einverstanden erklären, dass sie von nun an selbst die Pflege ihrer Stute, vor einem Ausritt, übernehmen dürfte. Immerhin würde sie bald achtzehn Jahre alt werden und war somit beinahe erwachsen. Einen Versuch war es wert.

      „Vater, darf ich dich bitte etwas fragen?“

      Ihr Vater schien vollkommen aus seinen Gedanken gerissen und antwortete,