Claus Beese

Vom Angelkahn zur Motoryacht


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konnten es uns sogar leisten, einige der kleineren Aale auszusortieren und ihnen die Freiheit wiederzugeben. Sollten sie doch in zwei, drei Jahren noch einmal vorbeischauen.

       »Wenn wir uns beeilen, kommen wir mit dem Restwasser noch aus dem Arm heraus« meinte Karl und plötzlich hatte er es sehr eilig. Mir war eigentlich mehr nach einer Mütze voll Schlaf, aber Karl meinte, wenn wir jetzt noch schnell bis zur oberen Schweimündung fahren würden, könnten wir noch ungefähr drei Stunden schlafen, um dann mit der auflaufenden Flut die Weser aufwärts in Richtung Heimat zu fahren. Also gut, er hatte die Erfahrung. Es wurde verdammt knapp. Zwar setzten die Boote noch nicht auf, aber einige male kippten die Außenborder in ihren Halterungen hoch und die Schrauben quirlten im Schlamm. Dann erreichten wir die Mündung und Karl warf die Anker aus. Ich ging wieder längsseits, und Minuten später hallte gewaltiges Schnarchen aus der kleinen Kajüte.

       Draußen auf der Weser zog ein Frachtkahn vorbei, und der besorgte Kapitän schickte seinen Matrosen hinunter in den Maschinenraum, um nachzusehen, ob dieses merkwürdige, rasselnde Geräusch, das er vernahm, wohl einen Maschinenschaden ankündigte.

      Die Motoren heulten im Vollgas, die Boote preschten mit Höchstfahrt durchs Wasser und ganz langsam zog der »Reiher« davon. Karl brauchte sehr lange, um einen Vorsprung von drei Bootslängen herauszuarbeiten, aber er wuchs beständig und mit jedem größeren Frachtschiff, welches uns mit Wellengang begegnete, wurde er noch größer. Während Karl durch die Wellen preschen konnte ohne Gas wegzunehmen, musste ich die Fahrt verlangsamen und den Bug direkt in die Welle drehen, um nicht zu kentern. Und dann musste ich auch noch tanken, während Karl seinen Zehn-Liter-Tank unter der Bank stehen hatte und der Motor seinen Durst über eine entsprechend lange Spritleitung stillen konnte. Nach dem ersten Tankstop fuhr ich den kleinen Spritbehälter am Motor nicht mehr leer und tankte während der Fahrt ohne anzuhalten. Verdammt! Ich musste mir was einfallen lassen, wenn ich den Rest des Tages nicht mit Aale schlachten verbringen wollte. Mein Blick fiel auf die schweren Pflastersteine, die im Bug unter der Bank lagen. Ich blockierte die Steuerpinne und wankte vorsichtig nach vorn. Drei Blöcke stemmte ich hoch und ließ sie über Bord kippen. Der Bug hob sich merklich und ich balancierte zurück zum Heck. Jetzt nahm der »Stichling« gewaltig seine Nase hoch und ich hatte Mühe, den destabilisierten Kahn auf geradem Kurs zu halten. Aber, oh Wunder, er wurde tatsächlich schneller. Mit der Zeit meinte ich sogar, dass Karl seinen Vorsprung nicht weiter hatte ausbauen können. Also war meine Idee gar nicht so schlecht gewesen. Vielleicht konnte ich sie sogar noch verfeinern. Nochmals krabbelte ich nach vorn und warf auch noch die restlichen zwei Steine über Bord.

Bild 175765 - Dieses Bild ist aus diesem Werk.

      Dafür platzierte ich die langen Stangen der Sperrlage so, dass sie nicht mehr über das Heck hinaus ins Wasser hingen und bremsten, sondern jetzt wie ein Bugspriet nach vorn über das Boot hinaus ragten. Weit vornüber geneigt hockte ich jetzt im Boot um dem Fahrtwind keine Angriffsfläche zu bieten. Und dann hatte ich ihn eingeholt. Es war ein verbissenes Ringen um jeden Meter, aber schließlich war ich an Karl vorbei und tanzte wie ein Korken durch seine Bugwelle. Fast hätte es mich umgeworfen, aber ich konnte den »Stichling« gerade noch abfangen, bevor er kenterte. Dann hatte ich ruhiges Fahrwasser, die Weser war hier glatt wie ein Ententeich und machte mir das Fahren leicht. Schimpfend und fluchend versuchte nun auch Karl alles Mögliche, um den »Reiher« schneller zu machen. Aber er hatte schon keine Chance mehr, denn ich setzte bereits im spitzen Winkel zum Überqueren der Fahrrinne an. Schräg vor mir lag die Hafeneinfahrt, und dicht gefolgt von Karl preschte ich darauf zu. Wie waren die Bedingungen doch gleich? Wer als erster am Anleger festgemacht hatte...!? Mit ein bisschen Glück konnte ich es schaffen, als erster meine Bugleine über die Poller zu werfen, denn mich behinderte keine Vorschiffskajüte.

       Der Bootsmann stand mit offenem Mund auf der Veranda des Bootshauses, als wir, zugegebenermaßen etwas unfein, mit viel zu viel Fahrt in den Hafen rauschten und die Sportboote wild zum Tanzen brachten. Ich fuhr jetzt im Stehen, denn ich wusste, dass im stillen Hafenwasser oft Balken und Sträucher schwammen und einen Aufprall auf ein solches Hindernis wäre meinem Boot sicher nicht gut bekommen. Ich wollte zwar das Rennen gewinnen, aber nach Möglichkeit, ohne mein Schiff zu versenken.

      Im letzten Moment hatte ich die Planke gesehen, die genau vor mir im trüben Hafenwasser dümpelte. Ich riss den Motor herum und fuhr ein zentimetergenaues Ausweichmanöver. Jetzt noch um die Pontonecke, und von hinten an den Anleger heran, Außenborder mit Vollgas in den Rückwärtsgang, aufstoppen, nach vorne fallen und die Leine über den Poller – geschafft!

       Aber was machte Karl da? Er hatte dem Balken nicht mehr ausweichen können und das Stück Holz hatte sich prompt zwischen Motor und Schiff verkantet. Der »Reiher« ließ sich nicht mehr steuern und raste ungebremst durch den Hafen. Bevor Karl in irgendeiner Form reagieren konnte, war das Hafenbecken zu Ende, und der Blechkahn jagte mit hässlichem Kreischen und Knirschen polternd die Uferschräge hinauf. Nach einigen Metern auf der unebenen Steinpackung kam der »Reiher« sehr abrupt zum Stehen, und es lupfte den verdutzten Karl vom Achtersitz. Mit einem entsetzten Aufschrei schoss er durch die Luft und landete, nachdem er zielsicher die kleine Luke im Zwischenschott passiert hatte, auf seinen Matratzen in der Vorschiffskajüte. Mit lautem Knall flog der Lukendeckel zu und dann herrschte tiefe Stille.

       »Klappe zu, Affe tot«, murmelte der Bootsmann fassungslos und kratzt sich am Kopf. Wir nahmen die Beine in die Hand, um nach Karl zu schauen und rannten um das Hafenbecken herum. Wir waren heilfroh, als die Luke sich öffnete und ein etwas benommener, aber unverletzter Karl seinen Kopf herausstreckte.

      »Kann mir mal jemand sagen, warum so was immer mir passieren muss?«, schrie er. »Warum immer ich?« Brüllend hieb er mit der Faust auf seinen »Reiher« ein, der eigentlich am allerwenigsten dafür konnte, doch nachdem er sich solchermaßen abreagiert hatte, kletterte er aus dem Boot und besah sich den Schaden. Erleichtert stellten wir fest, dass die Schrammen und Dellen reparabel waren, und da fing auch Karl an zu lachen.

      »Na gut, also werde ich heute Nachmittag Aale schlachten, ausnehmen und räuchern«, sagte er gefasst, um sich dann mit einem gefährlichen Knurren mir zuzuwenden.

      »Aber du, Zwerg, wirst mein Schiff ins Wasser zurückbringen, und zwar, nachdem du es ausgebeult hast«, beendete er drohend seine Ansprache, drehte sich auf dem Absatz um und stiefelte davon in Richtung Bootshaus.

      »Los Zwerg, komm mit, Genever fassen! Den haben wir uns verdient!«

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