Marianne Le Soleil Levant

Gottes wundersame Faktorei - Fünfter Teil: Die Königin


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Aber der Messias bin ich nicht, weil es ...

      Gott: Dazu müsstest du deine Wiederkunft ...

      Jesus: Nur dann?

      Gott: Das Mädchen muss einspringen.

      Petruzs: Sie ist die Richtige.

      Jesus: Wer bin ich dann? Bin ich dann nicht mehr dein Sohn.

      Gott: Irgendwie nicht. Jedenfalls nicht der als solcher die Erlösung bringende.

      Jesus: Aber es hat mich gegeben. Als historische Person bin ich verbürgt.

      Petrus: Löschen würde wirklich die Klarheit nicht steigern. Du erinnerst dich an die Probleme mit den historischen Verzerrungen durch unterbrochene Kausalitäten und fehlende Korrespondenzen.

      Gott: Ein Irrer mehr oder weniger.

      Petrus: Als dein Sohn mit Abstand der bekannteste und einflussreichste Irre.

      Jesus: Du kommst nicht aus.

      Gott: Es wurde nur zur Diskussion gestellt, ob das wirklich mein Wille als Teil der Schöpfung ist, oder vielmehr die Idee der jeweils betroffenen Zugpferde und ihrer Anhänger.

      Jesus: Bin ich ein Nutzfahrzeug?

      Gott: Fragen wir das Mädchen.

      Rocio: Den eigenen Sohn an's Kreuz nageln zu lassen zur Vergebung der Sünden der Menschheit, ist doch auch seltsam. Findest du das nicht? Ich meine, man hätte auch einfach sagen können: Hier das ist mein Sohn. Folgt ihm.

      Gott: Also man muss schon etwas vorweisen können, sonst interessiert das niemanden.

      Rocio: Hat doch Wunder vollbracht.

      Gott: Es ging um den Beweis, den Tod überwinden zu können. So ungefähr.

      Rocio: Dazu der ganze Zirkus mit Verurteilung und dann das Hinziehen bei der Barnabas Verarsche, obwohl sich vorher schon keiner die Finger schmutzig machen wollte. Judas, die arme Sau, wird nicht mehr froh. Man fragt sich schon, ob man da nicht Alternativen gehabt hätte.

      Gott: Man muss auch 'was zu erzählen haben. Die Passion Christi ist voller verborgener Botschaften.

      Rocio: Die Sünden der Menschheit ohne Opfer vergeben, ließ sich nicht machen?

      Gott: Das hätten die Leute damals nicht kapiert. Wie soll das gehen? Musste immer ein Opfer herhalten. Keine Experimente.

      Rocio: Menschenopfer. Den eigenen Sohn.

      Gott: Sollte ein Liebesbeweis sein. Schreiben die immer. Gab's seit Isaak.

      Rocio: Stimmt es denn nicht?

      Gott: Jesus hat das gemacht, damit die Schrift erfüllt würde.

      Rocio: Das soll heißen, die Hirngespinste der Menschen. Die aber Teil von dir sind.

      Gott: Es ist so passiert. Sie wollten es so. Es hat funktioniert.

      Rocio: Ich sage nur, es ist seltsam.

      Gott: Den eigenen Sohn so zu quälen?

      Rocio: Eigentlich die ganze Geschichte. Wenn man sich überlegt, dass es mit einer unbefleckten Schwangerschaft losging. Bis zu so einem Ende.

      Gott: Kein Ende. Er bleibt bis ans Ende der Zeit. Wenn's wirklich funktioniert.

      Rocio: Und er hat es die ganze Zeit gewusst?

      Gott: Seltsam.

      86 Die Aufmischung der Schöpfung

      Im Labor

      Petrus: Ihr werdet noch eine Familie Gründen. Das hätte uns noch gefehlt.

      Rocio: Ich bin nicht der Typ.

      Petrus: Schon wieder dieses abweisende. Jede Frau will doch mit ihrem Traummann Kinder bekommen und eine Familie gründen.

      Rocio: Natürlich nicht.

      Petrus: Natürlich?

      Rocio: Ich bin seine persönliche Assistentin. Deshalb werde ich ihn bestimmt nicht heiraten. Ich hatte das nie vor.

      Petrus: Es könnte eine Lösung sein. Propheten-Dynastie. Bräuchten wir uns wenigstens darüber nicht immer wieder den Kopf zu zerbrechen.

      Rocio: Ich soll die Gebärmaschine für euren Prophetennachwuchs machen?

      Petrus: Du könntest auch als Schwester auftreten.

      Rocio: Schwester?

      Petrus: Jüngere Schwester. Durch Adoption, oder so.

      Rocio: Ich dachte Gott schafft Kinder aus dem Nichts nur durch sein Wort.

      Petrus: Wenn er dich als Tochter annimmt.

      Rocio: Macht man doch heute so: Unbekannte Tochter ...

      Petrus: Er ist doch allwissend. Kann doch keine Tochter auftauchen, von der er nicht weiß.

      Rocio: Seltsam verschollen geglaubte Tochter, an die er täglich dachte, welche aber seltsam verschwunden war, taucht in einer U-Bahn auf.

      Petrus: Und wird Praktikantin.

      Rocio: Ein Unbekannter steckt ihr eine Visitenkarte zu.

      Petrus: Ein Erzengel hat dein Potential erspürt.

      Rocio: Quatsch, das hab' ich mir ausgedacht.

      Petrus: Wie bist du zu uns gekommen?

      Rocio: Du erinnerst dich, dass das irdische Dasein laut Einstellungsbedingungen abgelegt sein muss.

      Petrus: Du hast dich nicht vor den Zug geworfen. Wir honorieren das nicht.

      Rocio: Nein. Ich ging hinaus und sah die Sonne.

      Petrus: Ja.

      Rocio: Plötzlich ... und dann war alles wieder normal.

      Petrus: Aha.

      Rocio: Ich bin nochmal hingegangen. Aber es war alles normal.

      Petrus: Ja.

      Rocio: Dann blieb ich eine Nacht an einem einsamen See. Ich wartete auf den Sonnenaufgang.

      Petrus: Ja.

      Rocio: Du hast mir erzählt, dass es normalerweise drei Termine braucht.

      Petrus: Wann soll er dich gezeugt haben?

      Rocio: Heiraten wäre einfacher?

      Petrus: Wenn du eine andere Partnerkonstellation weißt, euch gleichstellt.

      Rocio: Geschäftsführende Teilhaberin.

      Petrus: Ich meinte wirklich nur gleichgestellt.

      Rocio: Ich heirate ihn. Aber keine Kinder.

      Petrus: Wir brauchen eine Mutter-Figur.

      Maria: Soll sie meine Nachfolgerin werden?

      Petrus: Sie will keine Kinder.

      Maria: Mich hat man auch nicht gefragt.

      Rocio: Da solltest du auf meiner Seite sein.

      Maria: Bin ich sowieso. Meint Jesus auch, er könne alles bestimmen?

      Rocio: Manchmal.

      Maria: Denkst du, du könntest die Mutter der Menschheit sein? Sie aufziehen und das Leben lehren?

      Rocio: Eine Mutter gibt es schon. Dein Sohn ist ein Lehrer.

      Maria: Ach, behauptet er das?

      Rocio: Ich lehre mit dem Herzen und der Kraft einer Frau.