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Fett Mascara von Helena Rubenstein.«

      »Ich heule gleich!«

      »Dann verschmiert's! Die langen blonden Haare sind lose zusammen gebunden. Herrenhut von Hilfiger. Die Luft ist geschwängert mit Hugo Deep Red. Nein besser: Mit Herve Leger.«

      Einspruch von Yana: »Frechheit. Riecht blumig. Hugo ist besser.«

      »Also Hugo Deep Red. In der H&M-Tasche Hartmann-Pflaster von der Rolle zum Festbinden von Handgelenken. An Bettgestellen. Ein Fußball aus der HSV-Kollektion ist auch drin.«

      »Ganz gut. Außer der H&M-Tasche. Igitt. Bonus für den versteckten Fußball, wir wollen den Kerlen ja nicht gleich zeigen, dass wir was von der Abseitsregel verstehen. Sie erklären uns Doof-Tussis das doch so gerne. Malus für den HSV, wann lernst du es endlich: St. Pauli Totenkopf-Kollektion. Kiezkicker. Freibeuter der Liga. Und wenn du sie nicht schon für die Schuhe verschwendet hättest: Gürtelschnalle von Hèrmes.«

      »Wie bei den Prolos. Berndinen-Schick.«

      »Leider nein. Todschick.«

      »And now for something completely different. Ich bin dran: Y - von oben!«

      »Miststück. So leicht kriegst du mich nicht, Y ist doch geil. Los geht's: Die kurzen schwarzen Haare sind gepflegt mit Yung Asia. Hut von Yesey. Make-up, ganz wenig Make-up aus der Serie von Yves Rocher für dein schönes, ebenes Gesicht. Betont deine hohen Wangenknochen. Tasche von Yachting, Marina Yachting.

      »Gilt nicht!«

      »Gilt doch. Weil Y so schwer ist.«

      »Die Beine etwas zu kurz, gut kaschiert im Hosenanzug von Yves Saint Laurent.«

      »Unverschämtheit. Meine Beine sind nicht kurz.«

      »Beine sind eine Frage des Maßstabes. Strümpfe von Yvana N.«

      »Gibt es nicht. Erfunden.«

      »Doch. Die haben aber nur Taschen. Ich tausche Marina Yachting gegen Yvana N.. Jetzt aber: Yohji Yamamoto, die Schuhe sind von ihm. Doppelter Bonus für die zwei Y. Schließlich: Lobende Erwähnung für die Gesamterscheinung. Von Yana.«

      »Was ist mit der Unterwäsche? Ich bin es mir wert.«

      »Y-Front-Slip von Jockey?«

      »Herrenslips! Du Schwein!«

      »Kollektion Yogi Löw? Na gut, nehme ich zurück. Also: Y-dildo! (http://schlafzimmer-blog.de/tag/y-dildo/) Neuheit für G-Punkt und PS-Punkt. Noch mal zu mitschreiben: Ich penne so gut wie gar nicht mehr. Habe Flashbacks. Gehe nachts spazieren. Habe eine Bar gefunden.«

      »Passiert mir dauern.«

      »Aber nicht so eine Bar.«

      »Aha, und was ist so eine Bar?«

      »Gemütlich, schön.«

      »Ist keine Bar. Kein Interesse. Bars sind cool oder out.«

      »Ich merke schon. Wird nix mit uns. Wir können Freunde bleiben. Ich geh' noch ein bisschen spazieren. Morgen mehr. Teuerste.«

      »Aber ohne, dass ich dich dauernd anposten muss!«

      »Ohne Post. Ich melde mich. Versprochen.«

       Innen. Heimat. Endlich Nacht.

      »Dasselbe wie gestern? Es hat Ihnen, glaube ich, ganz gut geschmeckt?« Der perfekte Barkeeper, in vollendeter Höflichkeit.

      »Ja, bitte, wie gestern. Werden hier alle Besucher am zweiten Tag zu Stammgästen?«

      »Na ja, Sie sind wohl so etwas wie ein Rekordhalter. Bei allen anderen brauche ich noch eine zweite Bestellung, um mir das Getränk zu merken.«

      »Muss ich mich geehrt fühlen?«

      »Falls Sie das meinen: Ich stehe nicht auf Frauen. Aber bei Ihnen könnte ich eine Ausnahme machen. Geehrt genug?«

      »Ja, ich bin geehrt genug. Bin ich in einer Schwulenbar gelandet?«

      »Ach, immer dasselbe. Kaum fühlen sich die Frauen mal an der Theke wohl, glauben sie, um sie herum wären alle schwul.«

      Ich will widersprechen, er hat aber Recht. Ich lasse es.

      »Ich führe Sie mal in die Heimat-Mannschaft ein: Hier vorn Ruben, Emil, Tomàs, Morris. Da hinten: Luzie, Elli, Claire, Pascal.«

      Er zeigt tatsächlich mit dem Vorstellungsfinger auf jeden einzelnen in der Heimat. Die Angezeigten deuten, jeder für sich, eine kleine Willkommensgeste an. Das Ritual scheint bekannt. Einer beteiligt sich nicht, schaut in sein Glas. Er heißt Morris.

      Der Barkeeper streckt seine Hand hin: »Ich bin Carl, mit C.«

      Automatisch schlage ich ein. Wieso, verflucht, werde ich hier so schnell eingeweiht? »Ich bin Mia, mit M. Würde meine sexuelle Orientierung gerne noch für mich behalten.«

      Carl schaut mir direkt in Augen. Ich schaue genauso zurück: »Erzählst du mit etwas über Ruben, Emil, Pascal, Tomàs, Morris, Luzie, Elli und Claire?«

      »Gegenfrage: Kennst du die etwa alle, Blitzvornamenmerker?«

      »Zurückgegenfrage: Und wenn dem so wäre?«

      »Gegenzurückgegenantwort: Dann bräuchte ich dir ja nichts über sie zu erzählen.«

      »Brilliante Argumentation, höre ich da eine rhetorische Schulung?«

      »Und schon wieder eine Gegenfrage.«

      »Also gut: Ich beherrsche die Mnemotechnik.«

      »Na, dann ist ja alles klar.«

      »Will sagen, ich memoriere den Namen im Stillen oder, wie eben, laut, CARL und schon verankere ich den Namen im Raum oder gleich mit der Person.«

      »Du hörst den Namen nur einmal und merkst ihn dir?«

      »Yes, Mylord.«

      »Ich bin demütig vor so viel Können.« Er verbeugt sich tatsächlich, es klingt nicht ironisch.

      »Ruben hat ein rundes Gesicht, die Rundungen sind wie bei den Frauen von Rubens. Emil hatte eine Brille, wie im Film Emil und die Detektive.« (http://de.wikipedia.org/wiki/Emil_und_die_Detektive_%282001%29)

      Carl steigt ein: »Ich kenne sogar noch die erste Fassung von 1954. (http://de.wikipedia.org/wiki/Emil_und_die_Detektive_%281954%29) Auch da hatte der Emil schon eine Brille.«

      »Bei meiner Technik ist es egal, aus welchem Jahr der Film ist. Hauptsache, ich weiß, welcher Film gemeint ist.«

      »Schon okay. Barkeeper können mit Belehrungen umgehen. Tägliche Übung. Ich weine dann erst später abends ins Kissen. Oder haue drauf, aufs Kissen, meine ich.«

      »Auf Emotionen können wir keine Rücksicht nehmen. Weiter: Pascal hat einen Haufen Seiten vor sich liegen, er programmiert in Pascal und hat gerade alles ausgedruckt.«

      »Wenn Pascal programmiert, stehe ich am Rand der Erde, denn die ist eine Scheibe. Pascal hasst Computer!«

      »Es ist eine Merktechnik, keine-Intuitionsmaschine von der Sorte: Wir raten hier mal die Biografien der Menschheit.«

      »Schon klar, schon klar.«

      »Tomàs ist schwierig. Ich habe einen Thomas aus ihm gemacht, das H rausgenommen und ihm hinter die Ohren geschoben.«

      »Wie bei Onkel Otto. Ach nee, das war ja kein H, das war eine Antenne.«

      »Onkel Otto? Antenne? Du sprichst in Rätseln.« Ich grinse ihn an. Irgendwie freue mich, mit ihm zu reden, ihm meine Technik zu erklären. Er hört so konzentriert zu, das spornt mich an. Onkel Otto werde ich nachher googeln, versprochen.