Ann Bexhill

Mord im Gewächshaus


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dass erstens Betretten verboten sei und zweitens es sich um Eccelstone Redstocke Kürbisse handelte. Augusta musterte die Blüten und schloss aus der Farbe und den kräftigen Trieben, dass dieses Jahr Polly eine echte Herausforderung war. Ihre Kürbisse versprachen von geradezu unnatürlicher Größe zu werden sie musste sich etwas einfallen lassen. Natürlich konnte sie mit den immensen Summen die Polly in ihr Gewächshaus steckte nicht konkurrieren. Allein die Errichtung des Gewächshauses hatte 700 Pfund gekostet aber das war es auch wert. Neidisch bemerkte Augusta einen abgeteilten Raum auf dem Tropenhaus, an der Tür geschrieben stand. Erst ihr zweiter Blick galt dem störenden Element. Ihrem Empfinden nach eindeutig zu melodramatisch das Ganze. Allein mit der Positionierung der Leiche verriet der Mörder einen schlechten Geschmack. Jetzt verstand Miss Eddowes, warum ihre liebste Freundin gesagt hatte, die Tote sei ein halbes Kind. Es war ein junges Mädchen mit blondem, langen Haar mit ausgebreitetem Armen und zu Fäusten geballten Händen. Den schlanken Körper kleidete ein sehr teures Abendkleid aus weißem, Satin das am Halsausschnitt sehr freizügig geschnitten war. Das Gesicht der Toten war stark geschwollen. Grotesk wirkte die verlaufende Schminke gegen die aufgerissenen blauen Augen, die ins Nichts starrten. Die Wimperntusche war verlaufen und hatte eine Spur auf dem fahlen Gesicht hinterlassen. Der blutlose weiße Mund stand etwas offen und ihre Zungenspitze stand heraus. Ihre sehr kurzen Fingernägel waren grell farben lackiert. Rot kein Schlichtes und Dezentes rot, sondern eine Farbe, die geradezu obszön war. Die Tote war eine herausgeputzte Erscheinung, eine sehr teuer gekleidete Leiche ohne Hut oder Regenschirm oder Mantel. Augusta fand es höchst vulgär, sich die Fingernägel zu lackieren und bezweifelte das bei diesem kalten Wetter ein Mensch ohne Mantel das Haus verließ. Sie suchte nach den vermissten Kleidungsstücken. Doch nirgendwo lag ein Hut oder ein Regenschirm geschweige ein Mantel herum. Die Tote wirkte höchst sonderbar im von Backsteinen umrandeten Acker inmitten der etwa 40 Zentimeter hohen Kürbistriebe.

      »Warum hat sie sich nur so herausgeputzt es gab doch gar kein Dinner gestern oder?«, Augusta fragte Constable Park, der nur mit seinen Schultern zuckte. Er wurde selten zu Dinners eingeladen.

      »Verstehst du nun was ich gemeint habe? Es kann einfach nicht wahr sein!«

      Misses Bronkers sprach leise und betrachtetet die Bescherung die meisten der jungen Pflanzen waren zerknickt und zerstört. Augusta suchte den Boden ab, fand aber keine Fußspuren im Beet.

      »Ein junges Ding Anfang zwanzig«, sagte Augusta bedauernd.

      »Ja, in der Tat«, pflichtete Misses Bronkers ihr bei. Wie lange war es her das sie so ein junges Ding war. Jetzt erschien es ihr eine Ewigkeit her zu sein.

      Miss Eddowes ging vorsichtig auf dem Backsteinrand in die Nähe der Leiche und setzte sich in die Hocke. Sie betrachtete nachdenklich den Schwanenhals der Toten. Ein blaues Mal verlief einmal um ihren Hals. Augusta richtete ihren Blick in das Gewächshaus auf der Suche nach einem Strick oder dem Gürtel des Kleides oder einem ähnlichen Instrument, mit dem das arme Kind vor etwa zwanzig Stunden erdrosselt worden war. Draußen knirschten Autoräder über den Kiesweg.

      »Das wird der Inspektor sein«, sagte Constable Park erschrocken.

      5

      Nachdem Mister Bronkers mit dem Gesichtsausdruck, eines zum Tode verurteilten der seine Henkersmahlzeit einnimmt, den letzten Bissen Toast mit Sonntagsbraten und H&P Soße gegessen hatte und seine zweite Tasse Tee in Angriff nahm, hörte er das Stottern eines lauten Motors am Vorplatz. Er seufzte auf und eilte vom Frühstückszimmer in die Halle und sah draußen zu seiner Erleichterung Chief Constable Hamerling, den Polizeichef der East Sussex Grafschaft, in Begleitung von Inspektor Donovan aus seinem Automobil klettern. Chief Constable Hamerling war ein guter Freund und Klient von Karl zudem ein Klub Kamerad aus dem Brighton Marine und Segel Klub. Mister Bronkers besaß am entzückenden See Bexhill ein kleines Segelboot deshalb redete man ihn auch manchmal mit Captain an. Inspektor Donovan von CID Brighton ein energisch wirkender Mann, der mit seinem Malakka Spazierstock auf den Boden klopfte, als dauere ihm alles zu lange kannte er nicht.

      »Morgen, Captain Bronkers na mit der Crew in schwere See geraten«, grüßte der Chief Constable.

      »Dachte, ich komme besser selbst. Scheint ein ganz und gar ungewöhnlicher Fall zu sein.«

      »Es ist – es ist …«

      Mister Bronkers fehlten die Worte dann straffte er sich und schimpfte.

      »Es ist einfach lächerlich geradezu ... geradezu verbrecherisch!«

      »Du hast keine Ahnung, wer die Frau ist?«

      »Nicht die Geringste sie gehörte nicht zu meiner Besatzung auf der Fregatte Bronkers. Ich habe sie noch nie gesehen und sie scheint ihrer Aufmachung nach nicht von hier zu sein.«

      »Aha verstehe Maat ihre Kürbisse was? Also wer hat sie gefunden?«, wollte Hamerling wissen während Inspektor Donovan sich das Zufahrtstor genau an sah. Es war solides Gusseisen und drei Meter hoch und am Schlüsselloch gab es keinerlei Spuren von einem Einbruch. Der Zaun war verdammt hoch, um mit einer Leiche auf dem Rücken darüber zu klettern. Vermutlich war sie also lebendig in die Todesfalle geraten, oder der Mörder besaß einen Schlüssel sowohl zum Zufahrtstor als auch dem Gewächshaus. Schränkte die Sache ein, wenn das Gewächshaus auch nicht aufgebrochen war. Donovan schrieb diese Gedanken in sein Notizbuch.

      »Mathilde glaube ich aber fragen sie das am besten meinen Butler Frederick.«

      »Hm Frederick und weiter? Hat der Mann keinen Nachnamen?«, fragte Inspektor Donovan.

      »Machen sie sich nicht lächerlich Donovan woher soll man denn die Familiennamen seines Personals Wissen? Wechseln doch alle naselang. Kennen sie den Namen ihrer Köchin?«, zischte Hamerling.

      »Das Gehalt eines Inspektors ist zu gering das ich mir eine Köchin leisten kann, wir haben nur ein Dienstmädchen, das Clara Simpson heißt, Sir.«

      »Auf manche Fragen muss man nicht antworten Inspektor!«, sagte Hamerling.

      Dann klatschte der gute Mann in seine behandschuhten Hände und rief: »An die Taue Soldaten machen wir uns an die Arbeit. Polizeichirurg Wessels muss auch jeden Moment hier sein.«

      Kaum war der erstaunlich wirkende Satz verklungen fuhr ein zweites und Drittes Auto vor, das den kleinen, breitschultrigen Polizeichirurgen von East Sussex entlud, sein Assistent folgte ihm mit einem Stativ und der fotografischen Kamera auf seiner Schulter.

      »Und wie geht es der kleinen Misses Bronkers hoffe die Kapitänin schlägt sich tapfer und hat keinen hysterischen Anfall oder dergleichen.«

      »Nun ja Cecille sie ist ein schwaches Weib und dann der Anblick. Aber sie ist tapfer und kämpft gegen die Qual. Miss Eddowes aus dem Dorf, du kennst sie zum Glück nicht ist bei ihr.«

      Im Diningroom nahmen Misses Bronkers und Miss Eddowes das Frühstück mit ungewöhnlich großem Heißhunger ein. Es schien geradezu so, dass der Anblick der Leiche förderlich für ihre Verdauung währe, der Eindruck der Leiche sie daran erinnerte, dass sie noch lebten und das Beste aus der verbleibenden Zeit machen sollten. Nachdem Marie die beiden Frauen versorgt wusste, verließ sie das kleine Speisezimmer und ließ sie allein, um in der Küche mit den anderen die Sache ausgiebig zu erörtern.

      »Nun, Augusta was sagst du?«

      Miss Eddowes blickte überrascht auf. Ihre Gedanken kreisten gerade um die wichtige Frage ob Stilton Käse vor elf Uhr nicht ein wenig extraordinär währe. Allerdings es war ein ganz außergewöhnlicher Tag. Nicht einmal Mrs Beeton würde wohl etwas dagegen einwenden können. Obwohl man als Dame den Verzehr von Käse einschränken sollte. Käse essende Damen wirkten ausgesprochen unweiblich, aber das waren wohl die gestorbenen Ideale der Victorianer.

      »Man muss ja schließlich nicht päpstlicher als der Papst sein.«

      Vertraute sie ihrer Freundin verschwörerisch an und schnitt ein weiteres Käsestück ab.

      »Was hat den der Papst mit der Leiche zu tun?«, verlangte Polly zu wissen.

      Ihrem Kenntnisstand zufolge war keine derartige