Arno von Rosen

Xzentrische Weltzeit Geschichten


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angehen sollte, oder ob es nicht besser war, die letzte Eintragung der Tochter des Wissenschaftlers zu überlassen. Glücklicherweise bekam er die Entscheidung abgenommen.

      „Lies schon was da steht, Du wirst es sowieso erfahren, also kannst Du es auch gleich wissen“, forderte ihn Sybille auf.

      „Es steht kein Datum neben der Notiz, und sie ist etwas krakelig geschrieben, aber ich versuche mein Bestes, Okay?“

      Es gab keine weiteren Einwände, und so legte er los.

      „Ich weiß nicht genau was passiert ist. Habe die Ladung gezündet und bin weg geschwommen. Im Gang habe ich gewartet bis sich nach der Detonation der Staub etwas gelegt hatte. Bin mit der Lampe bis zum See gegangen, und habe das Ufer abgesucht. Als ich wieder aufgewacht bin, war der Staub verschwunden. Muss ohnmächtig gewesen sein, und habe deshalb die Höhle aus Sicherheitsgründen verlassen. Draußen habe ich mit Entsetzen festgestellt, dass meine gesamte Ausrüstung verschwunden war. Nicht mal die Feuerstelle war noch zu sehen. Die Vegetation hat sich ebenso verändert, wie das Klima. Es ist nicht mehr so schwül, aber viel wärmer als zuvor. Meine Uhr funktioniert nicht mehr, aber Früchte gibt es reichlich zu essen. Auch ein paar seltsame Tiere habe ich gesehen, von denen es hier ja mehr als genug gibt, aber sie verhalten sich anders als gewohnt. Sie scheinen keine Angst vor Menschen zu haben. Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, oder es sind die Nachwirkungen der Ohnmacht. Morgen gehe ich wieder zum See, und werde die Nacht im Eingang der Grotte verbringen. Ein Feuer sollte ich inzwischen auch ohne Hilfsmittel zustande bringen“

      Sybille Berger schnaufte durch die Nase, stand auf, und schüttelte sich die Beine aus.

      „Was ist? Soll ich weiter lesen? Ich kenne die Schrift meines Vaters vielleicht besser als Du, also gibt schon her.“

      Damit griff sie nach dem Notizbuch, das ihr Friedrich entgegen hielt. Sie blätterte darin herum, bis sie die letzte Stelle gefunden hatte. Wieder und wieder befeuchtete sie ihre Finger, um die Seiten voneinander zu trennen, aber es gab keine weiteren Aufzeichnungen. Sie setzte sich, und sah ihren Expeditionsleiter erstaunt an.

      „Was ist passiert? Verstehst Du den letzten Teil? Wenn Du etwas weißt, musst Du es mir sagen Koller! Ich bestehe darauf, verstanden?“

      Der Abenteurer zog die Augenbrauen hoch, vermied es aber, die Aufforderung zu kommentieren.

      „Ich weiß gar nichts, Dr. Berger, ich vermute höchstens, mehr nicht“, zischte er gereizt. „Das was ich mir zusammen Reime, können wir gerne erörtern. Bis dahin sollten wir friedlich bleiben.“

      Sybille Berger glotzte ungläubig und murmelte, „natürlich, dass habe ich gemeint, bitte entschuldige.“

      Friedrich wischte sich eine braune Strähne aus dem Gesicht und starrte in den Nachthimmel, an dem tausende von Sternen für sie zu leuchten schienen.

      „Soweit ich es beurteilen kann, sind die Fußspuren am See schon Jahrzehnte alt. Anzeichen für eine Explosion habe ich nicht entdeckt, aber das kann durch neuerliche Steinschläge verursacht worden sein. Wenn es noch Gegenstände Deines Vaters gibt, sind sie im Wasser zu suchen, denn den Rest haben ja bereits Einheimische vor 23 Jahren geholt und nach Rio gebracht. Allerdings werde ich aus dem Buch nicht schlau. Es ist weder vergammelt, noch hat es Stockflecken, oder riecht modrig. Die Seiten liegen noch dicht aufeinander und sind nicht vergilbt. Bei der Papierqualität von damals ist das eigentlich unmöglich.“

      Sybille sah ihn an, aber es kamen keine weiteren Erklärungen.

      „Hat sich jemand einen Spaß erlaubt, und das Notizbuch kürzlich dort deponiert? Woher weißt Du, dass die Schuhabdrücke am See alt sind. Es könnten doch auch neue dabei sein.“

      „Nein“, erwiderte Friedrich sofort, „denn es sind dieselben, und sie sind so hart, dass sie selbst nachdem wir darin rum getreten sind, noch zu sehen waren. Außerdem hat der Fels vor dem Eingang zur Grotte gelegen. Den hat da niemand hingerollt. Ich kann das mit dem Buch nicht erklären, und tappe da auch im Dunkeln.

      Am besten wir gehen jetzt schlafen, und suchen morgen mit unserer Ausrüstung die Grotte nach neuen Hinweisen ab.“

      Damit stand er auf, und ließ sie alleine am Lagerfeuer sitzen. Sybille verbrachte noch ein paar Stunden draußen, bevor sie sich für eine kurze unruhige Nacht zurückzog.

      „Siehst Du, ich habe Dir doch gesagt, dass die Abdrücke alt sind.“

      „Ja, ja, ist schon gut Friedrich, Du hattest es schon gesagt, und brauchst es mir nicht noch mal unter die Nase zu reiben. Hast Du schon etwas gefunden?“

      „Nein, in dem See ist definitiv nichts, was von Deinem Vater stammt. Ich breche hier erst einmal ab, bevor ich noch erfriere. Das Wasser hat ja kaum fünf Grad, das ist selbst mit einem Taucheranzug auf die Dauer kalt.“

      Koller stapfte mit der Ausrüstung in Richtung seitliches Ufer, wo Sybille ihn bereits mit einem warmen Getränk erwartete. Eben setzte er den ersten Fuß auf trockenen Boden, als ihm schwindelig wurde.

      Er erwachte mit einem Brummschädel, und um ihn herum empfing ihn totale Schwärze. Er griff an seinen Gürtel, und lockerte seine Meg-Light. Die Leuchtdioden stachen durch das Dunkel und ließen keinen Platz für Schatten. Nichts hatte sich verändert, außer das Sybille nicht da war.

      Friedrich rappelte sich auf, und nach ein paar wackeligen Schritten entflammte bereits der Zorn in ihm. Dieses verzogene Miststück hatte ihn hier in der Grotte liegen lassen, ohne einen Hinweis. Jetzt war das Fass übergelaufen. Sobald er draußen war, würde er ihr die Meinung geigen, und dann konnte sie sich einen anderen Idioten suchen.

      Nach einer viertel Stunde war er schon im Eingangsbereich angekommen und rief nach ihr. Er lief hinunter zum Camp, wo bereits die Träger aus den Zelten gekommen waren, um zu sehen, warum er so schrie. Aufgebracht fragte er nach Sybille, aber niemand hatte sie gesehen, seit sie beide vor sechs Stunden in die Höhle gegangen waren. Danach war er nicht länger als 30 Minuten ohne Bewusstsein gewesen. Zu kurz, damit sie unbemerkt verschwinden konnte.

      Er musste wieder zurück in die Grotte, aber erst benötigte er etwas zu trinken und eine handvoll Kopfschmerztabletten.

      Wieder und wieder hatte er die Grotte abgesucht, war in den umliegenden Gängen gewesen, und hatte ununterbrochen ihren Namen geschrieen. Nichts. Draußen musste es schon Dunkel sein, und die Männer würden sich jetzt bestimmt schon Sorgen um ihn machen.

      Ratlos stand er am Ufer und leuchtete auf die schwärzliche Wasseroberfläche. Der See lag da, ohne die geringste Bewegung des Wassers. Er würde noch ein paar Vorräte hier zurück lassen und ein Licht, falls Sybille doch noch wieder kam. Es war ihm ein Rätsel, wie sie einfach verschwinden konnte. Sie musste Panik bekommen, und sich anschließen verlaufen haben, eine andere Möglichkeit gab es nicht.

      Der Strahl der Lampe strich wieder über das Ufer. Ein letztes Mal. Plötzlich zuckte er zusammen, wie von einem Stromschlag getroffen. Er kniff die Agen zusammen. Wie in Zeitlupe näherte er sich der Stelle, wo sie gestern das Büchlein gefunden hatten. Da lag es. Genauso wie am Tag zuvor. Kein Zweifel, es war dasselbe. Er streckte die Hand aus, als ob es verschwinden könnte, wenn er sich zu schnell bewegte. Friedrich hob es auf und betrachtete es von allen Seiten. Nichts hatte sich verändert. Er öffnete es und blätterte die Seiten durch, wie er es schon am Lagerfeuer getan hatte.

      Er kam zur letzten Eintragung, die er gelesen hatte, und da war sie. Die neue Notiz. Ungläubig starrte er auf die Zeilen, die mit Bleistift eingetragen waren. Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als er die Worte vor sich hin murmelte:

      „Zeit. Unbekannt. Ort. Vor der Höhle. Hallo Koller, habe Spuren meines Vaters gefunden. Ich werde ihn jetzt suchen. Ich habe das Notizbuch an seinen Platz gelegt, wo Du es vielleicht finden wirst. Ich weiß nicht was passiert ist, aber es geht mir gut. Komm bitte in einem Jahr wieder, bis dahin versuche ich mehr herauszufinden. Lass mich nicht im Stich, Du alter Schweinehund. Gruß Bille.“

      Drei weitere Tage blieben sie im Camp und suchten nach Sybille Berger, doch niemand fand die geringste Spur. Er trat die Heimreise an, und verkündete der gesamten deutschen Presse die traurige Wahrheit. Alle