Angelika Merkel

Vermächtnis der Sünder Trilogie


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Kelthran und deutete auf die dritte Tür der rechten Seite. Das beschriebene Zeichen war nur schwach zu erkennen, aber es war eindeutig da.

       »Dann mal los. Schauen wir nach, wer der Auftraggeber des Meuchelmörders ist«, sprach Celena und öffnete flugs die Tür, die erstaunlicherweise ohne Widerspruch aufschwang.

       Ihre blauen Augen zu Schlitzen zusammengekniffen, hielt sie gewarnt inne. »Das bedeutet nichts Gutes.«

       Kelthran fühlte sich angesprochen und huschte an ihr vorbei.

       »Dafür bin ich zuständig. Eure schönen Waden in einer Falle oder Sonstiges, das wäre schrecklich. Lieber halte ich meine Hand hinein.«

       Irritiert über Kelthrans Worte, wandte sich Celena an die restlichen Begleiter. Wilna schüttelte den ergrauten Kopf und Thorgrim gab ein undefiniertes Brummen von sich.

       Gemeinsam traten sie in das Innere des Gebäudes.

       Das Mobiliar in dem Hauptraum war schlicht und einfach. Tische, Stühle, einige Regale und ein Wandschrank. Die Gruppe blickte sich um.

       Es gab weder weitere Türen in andere Räume noch eine Treppe, die hinauf geschweige hinabführte.

       »Seltsam«, murmelte Celena und blieb vor dem Wandschrank stehen. Sie blickte zu Boden und machte eine überraschende Entdeckung.

       Auch Kelthran blieb es nicht verborgen. Schleifspuren auf den Dielen, von einem schweren Gegenstand herrührend.

       »Des Rätsels Lösung. Der Wandschrank!« bläffte Kelthran und tippte das Möbelstück an.

       Mit vereinter Kraftanstrengung schoben sie das Ungetüm zur Seite.

       Die vermisste Tür wurde sichtbar. Und wieder war eine Markierung angebracht. Sie waren auf der richtigen Fährte. Allerdings gab es ein weiteres Hindernis. Der Zugang war verschlossen.

       »Kein Problem«, grummelte Kelthran und machte sich sofort an dem Schloss zu schaffen. Der Eifer, das Schloss zu knacken überfiel auch Thorgrim und schon schwang er seine breite Axt.

       »Weg da Elf!«

       Zwei Schläge brauchte der Zwerg. Den Ersten um das Holz zu splittern und den Zweiten, um die Tür bersten zu lassen. Zufrieden mit sich, steckte der Zwerg seine Lieblingswaffe zurück.

       »Ein Zwerg im Haus erspart den Zimmermann. Ach nein, in diesem Fall den fingerflinken Elf.«

       Darüber missgestimmt, sein Handwerk nicht vollenden zu können, hielt Kelthran weiterhin seinen Dietrich dort, wo zuvor das Schloss war.

       »Na klar! Ebenso könnte eine Kleider tragende Kampftruppe von Zwergen, geschmückt mit einer Lichterkette, in die Hauptversammlung der Bruderschaft platzen. In der Hoffnung, nicht entdeckt zu werden«, zischte Kelthran.

       »Ich habe hier nur das getan, was ich am besten kann«, knurrte der Zwerg.

       »Höhlenschweinchen aufscheuchen?«

       »Das reicht, Jungs«, beendetet Celena das Gezeter der Streithähne. Kopfschüttelnd schritt sie an den beiden vorbei in den geöffneten Gang.

       Die nachfolgenden Treppen führte die kleine Gruppe in die tieferen Gefilde des Gebäudes. Es gab weder die befürchteten Fallen noch irgendwelche Anzeichen von Leben. Alle Gänge und Räume, die sie durchquerten, schienen ebenso unberührt wie der Erste. Das änderte sich schlagartig nach der nächsten Biegung. Stimmen. Abrupt stoppte Celena. Um die Ecke lugend sah sie zwei Söldner bei einem hitzigen Kartenspiel sitzen. Kelthran nicht untätig, huschte lautlos an seiner Anführerin vorbei. Den Schatten ausnutzend, drückte er sich dicht an die gegenüberliegende Wand. Leise zog er den Dolch und warf.

       Der eine Söldner musste die Bewegung registriert haben. Fluchend stand er auf und wollte seine Waffe ergreifen. Just in dem Moment durchstieß der Dolch den Hals. Aufröchelnd, in sich zusammenklappend griff der Getroffene nach der Klinge. Er schaffte es nicht mehr, sie herauszuziehen.

       Die junge Hüterin zückte ihre beiden Schwerter und schritt auf den zweiten Söldner zu. Das Zischen einer um sich wirbelnden Axt ertönte, pfiff an ihr vorbei und zerteilte das anvisierte Ziel so gut wie in zwei Hälften. Celena stoppte in ihrem Lauf, als der zweite Söldner mit der Axt im Körper zusammenbrach.

       »Das müsst ihr mir bei Gelegenheit beibringen. Die Methode gefällt mit«, kommentierte Kelthran den Wurf.

       »Auf kurze Distanz ist es nicht schwer. Zielen, werfen und treffen. Einziger Nachteil. Es gibt tüchtig Muskelkater«, brabbelte der Zwerg und sprintete nach vorne, um seine Axt an sich zu nehmen.

       Kaum bei dem Toten angekommen, trat aus einem Nebenraum ein weiterer Söldner. Mit einer Flinkheit, die man dem Zwerg nicht zumutete, riss er die Axt an sich, wirbelte einmal um sich und rammte die breite Klinge in den Brustkorb. Ein anderer, direkt dahinter, traf mit einem seitlichen Schwerthieb die Schulter Thorgrims. Die Wucht des Schlages trieb den Zwerg in die Knie. Zwergisches Blut floss aus der tiefen Wunde. Im Rücken hörte Celena Wilnas Gemurmel, die ihre Konzentration auf einen Zauber richtete. Grünliche Funken durchstoben den Raum und legten sich auf Thorgrim. Augenblicklich verheilte die Wunde, die die feindliche Klinge angerichtet hatte.

       Weitere Gerüstete stürmten mit großer Aggressivität heran. Drei an der Zahl, wobei einer Kelthrans flinken Schneiden zum Opfer fiel.

       Celena holte tief Luft und stürmte los. Ihre Stiefel fanden auf einem niedrigen Schrank den erforderlichen Tritt für ihren Sprung. Die Beine in den Knien leicht eingezogen, sprang sie, sich halb umdrehend. Ihre Klingen erfassten die beiden Gegner. Einer Kehle entsprudelte sofort Blut, der andere ging nur leicht verletzt in die Hocke. Wütend stürzte sich dieser auf die Kriegerin. Einen Augenblick später schleuderte ihn ein arkanes Leuchten aus Wilnas Stab entgegen und ließ ihn an der Wand bewegungslos zurück.

       »Aufhören!«, tönte es aus einer anderen gegenüberliegenden Kammer heraus.

       Celena, die Schwerter fest am Heft fassend, betrat den Raum. Ihr gegenüber, nur durch einen Tisch von ihr getrennt, stand ein Mann in schwerer Rüstung. Das Wappen auf dem Harnisch zeigte das Symbol der San-Hüter. Einem aus Legenden entsprungenen Mythos. Dem Grypos.

       »Was in Karmastes Namen geht hier vor sich«, begann sie wütend und ohne Umschweife.

       »Ihr wisst den Grund!«

       »Ich verstehe nicht!« Celena presste ihre Lippen zusammen.

       »Euer Geliebter. Wenn mich nicht alles täuscht, müsste er inzwischen in bester Gesellschaft sein.«

       Der ungepflegte, langhaarige Mann umrundete den Tisch, hinter dem er gestanden hatte.

       »Er ist allerdings nicht der alleinige Grund unseres Hierseins. Uns interessiert unter anderem, was ihr macht und wohin ihr geht. Und … das Buch in eurem Besitz. Ihr habt es vermutlich gelesen?«, fragte der Fremde lauernd.

       »Ist es das, was ihr haben wollt?« fauchte Celena.

       »Er ist ein Verräter an Osgosai. Das solltet ihr nicht vergessen.«

       Celenas Augen verengten sich.

       »Nein, das ist nicht der eigentliche Grund. Die Dokumente, der angebliche Hochverrat, das war eine Falle. Eure Malaine war eine Falle.«

       »Ich stelle fest. Ihr seid ein kluges Kind. Nicht einmal eine Malaine konnte ohne Wohlwollen der Obrigkeit, schalten und walten, wie sie wollte. Dummerweise entschied sie sich gegen uns, also brauchten wir ein Druckmittel.«

       »Was wollt ihr von mir?«

       »Euch … und natürlich den Folianten. Alle Antworten sind möglicherweise darin enthalten. Oder habt ihr es nicht zu Ende gelesen?«

       Das, hatte sie in der Tat nicht. Innerlich schalt sie sich dafür

       »Was habt ihr nun vor?«

       »Unter den jetzigen Umständen zieh ich es vor, zu gehen.«

       »Das kann ich nicht zulassen«, zischte die junge Kriegerin.

       »Oh, das solltet ihr aber. Sollte ich mich nicht melden oder lebend zurückkehren, wird man es eurem Geliebten anlasten.«

       Celena ließ unwillkürlich ihre Klinge sinken. Lutek durfte auf keinem Fall