Leonie Reuter

Lasko denkt -gestern, heute, morgen


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       In der Ruhe liegt die Kraft

      Gestern Morgen bin ich mit Leonie meine Morgenrunde durch den Ort und am Atlantik entlang gelaufen. Wir gehen nämlich jeden Morgen zusammen Joggen. Überall hingen auf unserem Weg große Ankündigungsplakate, an die ich gerne ein wenig gepinkelt hätte. Leonie, die die Plakate studierte, zog mich jedoch immer gerade dann, wenn ich das Bein angehoben und in die richtige Position gebracht hatte, weg. Manchmal bin ich doch ein wenig sauer, dass ich mit der Leine am verlängerten Arm von Leonie hänge. Leonie lief weiter und ich konnte später in ein Gebüsch pieseln. Das war auch in Ordnung. Dort roch es wunderbar nach vielen anderen Hunden.

      Leonie erklärte mir, dass sie auf den Plakaten gelesen hätte, dass ab dem nächsten Donnerstag Karneval sei. „Fünf Tage Karneval auf Teneriffa, was sagst Du dazu Lasko?“ Was soll ich dazu sagen? Merkwürdig, in Deutschland ist der Karneval doch schon vorbei? Ist am Aschermittwoch doch noch nicht alles vorbei? Hier scheint es jedenfalls nach Aschermittwoch erst richtig los zu gehen. Na, dann lassen wir uns doch mal überraschen.

      Bis dahin muss Leonie erst einmal ordentlich weiter Wasser schleppen. Wenn sie sauber zum Karneval gehen will, braucht sie Wasser. Und das ist in unserer Wohnung immer noch abgestellt. Ich bin zum Glück mit einer automatischen Waschanlage ausgestattet und kann mich jederzeit sauber lecken. Karneval ich bin bereit!

      Heute ruhe ich Lasko auf der Sonnenliege und schaue Leonie beim Wasser schleppen zu. Meinen Namen hat sich Leonie ausgedacht. Er sollte einfach klingen und ein wenig an Labrador erinnern. Wenn Leonie meint, dass diese Kriterien mit dem Namen Lasko erfüllt sind – ok, ich kann damit leben. Dass später nach mir eine Fernsehsendung benannt wurde, hat sie wohl nicht geahnt. Jedenfalls bin ich keine Faust Gottes. Das möchte ich hier einmal ganz ausdrücklich feststellen. Und heute hat Lasko frei und schlummert auf der Sonnenliege.

      Doch Leonie muss das Wasser, das ihr die nette Reinigungsfrau mit dem hübschen Namen Angelina Delfina zur Verfügung stellt, aus dem Gemeinschaftsraum in einem großen Eimer über den langen Flur vorbei am Apartment der Familie Mordland schleppen. Ab und zu, wenn Leonie an Nummer 18 vorbei kommt, stecken Frau oder Herr Mordland neugierig den Kopf aus der Tür und grinsen hämisch. „Na, kein Geld für Wasser?“ fragte neulich Frau Mordland bissig, als Leonie gerade wieder mit dem großen Eimer voll Wasser an ihrer Haustür vorbei schlich.

      Morgen und in den nächsten Tagen müssen wir die Wohnung aufräumen, da wir Besuch bekommen. Ich wollte sagen, dass Leonie noch ein wenig die Wohnung aufräumen muss. Ich verzieh mich in der Zeit lieber auf mein rotes Sofa. Von dort werde ich Leonie zuschauen, wie sie die vielen Millionen von einzelnen Labradorhaaren aus der Wohnung entfernt. Vielleicht haben wir ja Glück und unser Wasser wird wieder angestellt. Dann dürfte die Haarentfernung ein bisschen besser gelingen.

      Leonie hat mir erzählt, dass sie vor einigen Jahren, als sie Urlaub in den USA machte, einen Werbefilm gesehen hat, in dem ein Hundestaubsauger angepriesen wurde. Manchmal wenn ich wieder ein paar tausend Haare zu viel (jedenfalls nach Leonies Verständnis) verloren habe, wünscht sie sich, dass sie wüsste, wo es diesen Hundestaubsauger zu kaufen gibt. Ich weiß es jedenfalls nicht und wenn ich es wüsste, würde ich es ihr ganz bestimmt nicht verraten. Hundestaubsauger – iiiigiiiiittt.

       Am Freitag hat Lasko frei

      Gestern war ein wirklich schlimmer Tag. Wir waren draußen beim Wandern, da Leonie einen Artikel über eine neue Wanderroute im Tenogebirge schreiben wollte. Wir wanderten einen sehr felseigen steilen Berg hinauf. Dabei ging es auch über Vulkangestein und mir taten nach einiger Zeit die Pfoten weh. Ich will mich ja nicht beschweren, denn wenn ich an all die Hunde denke, die hier in kleinen Ställen oder Verschlägen eingesperrt sind, geht es mir doch richtig gut. Dennoch liege auch ich ab und zu einfach am liebsten auf meinem roten Sofa und lasse mich ein bisschen kraulen. Wellnesstage sind einfach für die Seele nicht zu unterschätzen.

      Doch gestern, als wir nach der langen anstrengenden Wanderung zu unserem Apartmenthaus zurückkamen, waren überall Verbotsschilder für Hunde angebracht. Jedenfalls befanden sich auf allen Eingangstüren, auf den Fluren und im Fahrstuhl überall kleine Schilder mit einem durchgestrichenen Hund. Könnt Ihr Euch das begreifen? Verbotsschilder! Stellt Euch vor, Ihr kommt zurück in Euren Menschenwohnblock und dürft nicht mehr durch die Tür, nicht mehr in den Fahrstuhl und einfach überhaupt nirgendwo hin. Das war anscheinend das neue Werk von Familie Nummer 18. Da haben Frau und Herr Mordland wohl den Oberwolf überzeugt, dass er Hunde im Haus verbieten muss. Leonie war sprachlos, wusste nicht mehr was sie dazu noch sagen oder machen sollte. Sie war einfach nur fertig und sagte gar nichts mehr. Gut nur, dass sie noch daran dachte, mich wenigsten zu füttern.

      Heute weckte uns ein gurgelndes Geräusch. Leonie und ich sprangen gleichzeitig auf und rannten in das Badezimmer. Und tatsächlich. Dort tropfte es aus dem Wasserhahn. „Wie schön Lasko. Wir haben wieder Wasser“, rief Leonie begeistert aus. Sie putze die Zähne, sie duschte und wischte vor Begeisterung gleich die ganze Wohnung nass aus. Was für ein Gefühl nach einer Woche ohne Wasser wieder das kühle Nass in den Leitungen rauschen zu hören. Jedenfalls himmlisch für Leonie. Und auch ich freute mich, auch wenn ich das Wasser in der Wohnung nicht wirklich vermisst hatte. Denn ich kann auch gut aus einem Eimer trinken. Und wenn ich Wasser brauche, dann soll es doch bitte gleich ein ganzer Teich voll sein.

      Leonies Laune hob sich sofort merklich. Fröhlich füllte sie gleich zwei Mal meinen Wassernapf. Dann holte sie die mittlerweile blau verfärbte stinkende Wäsche aus der Waschmaschine und wusch sie mehrmals neu. Das war auch nötig. Puh, das stank vielleicht aus der Waschmaschine. Dann duschte Leonie ein zweites Mal und fing dabei sogar an zu singen. Wie sich so ein bisschen Wasser doch auf ein menschliches Gemüt auswirken kann. Nun sind Leonie, die Wäsche, das Geschirr und die ganze Wohnung wieder sauber.

      Und ich konnte mich währenddessen ausgiebig ausruhen, denn freitags mache ich frei. Danach schüttelte ich mich ordentlich und ließ ein paar Haare auf den frisch geputzten Fußboden fallen. Denn ansonsten hätte es in der Wohnung viel zu sauber ausgesehen.

      Morgen müssen wir uns wieder aus dem Haus schleichen, denn die neuen Verbotsschilder verbieten Hunde. Wie gerne hätte ich ein Verbotsschild, das Nachbarn, wie Nummer 18 verbieten würde. Aber leider können wir Hunde ja keine Menschenschrift schreiben. So bleibt mir nur, in einem unbeobachteten Moment ganz unauffällig mein Bein vor der Tür von Nummer 18 zu heben. So schreiben Hunde.

       Bestreikte Flieger, Multitasking und lästige Fliegen

      Gestern war nun unser Wasserproblem gelöst, nicht aber die Probleme mit Ehepaar Nummer 18. Um uns ein wenig abzulenken und Spanisch zu lernen, schauten Leonie und ich abends Fernsehen. Dort zeigte das spanische Fernsehen Bilder von einem Streik bei der Fluggesellschaft Iberia. Sämtliche spanischen Flugpläne scheinen durcheinander zu sein. Nun frage ich mich, ob unser Besuch aus Deutschland überhaupt kommen wird. Leonie scheint recht zuversichtlich zu sein. Vielleicht käme der Besuch mit Verspätung, aber sie sei ganz sicher, dass noch Flüge auf Teneriffa ankommen würden. Streiks seien hier doch an der Tagesordnung. Und da hat sie absolut Recht. Jeden Tag hören oder lesen wir (oder besser gesagt Leonie) Berichte über Streiks. Neulich, als wir in der Inselhauptstadt Santa Cruz zum Einkaufen waren, sind wir sogar selber in einen großen Streik geraten. Viele Menschen protestierten vor einer Bank. Wahrscheinlich hat die Bank ihnen ihre Wohnungen weggenommen. Ich würde auch protestieren, wenn mir jemand meine Knochen wegnehmen würde.

      Heute liege ich auf der Sonnenliege und beobachte die Fliegen, die um meine große Hundeschnauze herum fliegen. Ansonsten mache ich nichts, denn ich bin kein Multitasker, wie viele von Euch Zweibeinern. Ich konzentriere mich ganz auf das Jetzt und Hier. Und in diesem Fall konzentriere ich mich auf die lästigen Fliegen. Leonie ist derweil am Herumwirbeln, denn Leonie ist eine Multitaskerin. Mit der rechten Hand bügelt sie ihre Wäsche glatt, während sie mit der linken das Handy an ihr Ohr hält. Es scheint schon wieder irgendwelche Probleme mit unserem Vermieter zu geben. Oder ist jetzt wirklich der Oberwolf in der Leitung? Das alles hält Leonie nicht davon ab, noch mit einem Auge zum Fernseher zu starren,