mal gespannt, wann ich ihn das erste Mal zu Gesicht bekomme.“
„Ja“, sage ich ganz verträumt, „er hat mich ganz schön schnell um den Finger gewickelt. Du wirst ihn schon noch kennen lernen.“ Hildegard schaut auf die Uhr, steht auf, geht zur Tür und sagt: „So, ich muss Einkaufen gehen. Brauchst du etwas? Um fünf Uhr bringe ich dir die Kinder.“
„Kein Problem, ich bin auf jeden Fall den ganzen Nachmittag zu Hause. Ich glaube, ich habe alles da. Danke dir. Dann bis später, Hildegard.“ Die Tür fällt ins Schloss. Weg ist sie! Mich ruft die Arbeit.
*
Wie verabredet bringt Hildegard um fünf Uhr die Kinder. An Arbeit ist von nun an nicht mehr zu denken. Wir spielen mit Autos und gegen sechs Uhr bereite ich das Abendessen zu. Tobias und Klaus dürfen einen Kinderfilm anschauen.
Jedes Mal, wenn ich die Buben bei mir habe, bedaure ich, dass nicht meine eigenen kleinen Geschöpfe um mich tanzen. Sie sind wirklich bezaubernd. Auf der anderen Seite hat es natürlich seine Vorteile. Man hat die Kinder befristet und kann sie wieder abgeben.
*
Tobias und Klaus sitzen noch am Tisch und essen, als es um kurz vor sieben an der Tür klingelt. Markus! Jetzt schon? Während der Aufzug brummend nach oben kommt, haben sich auch die Kinder an die Tür gestellt. Sie sind neugierig auf den Besucher der um diese Zeit zu Angelika kommt.
Die Fahrstuhltür öffnet sich wie immer automatisch. Markus tritt heraus. Seine Augen weiten sich merklich. Er stutzt zweimal kurz und sagt dann:
„Na, die Überraschungen reißen bei dir wohl nie ab. Guten Abend, mein Schatz.“
„Guten Abend, Markus“, damit gebe ich ihm einen Kuss. „Das sind Tobias und Klaus. Und das ist Markus. So Kinder, jetzt esst schön fertig. Das Essen ist inzwischen kalt.“
Gehorsam trotten die Kinder ins Wohnzimmer. Ich erkläre Markus in Stichpunkten, was es mit den Kindern auf sich hat. Dann zieht er den Mantel aus, hängt ihn auf den Bügel und kommt in die Küche.
„Isst du nicht, Angelika?“, will er wissen.
„Doch, ich habe auf dich gewartet.“
„Na, jetzt bin ich da. Lass uns mit den Kindern essen“, schlägt er vor.
„Gut“, sage ich, nehme noch zwei Teller und Besteck mit ins Wohnzimmer und gebe ich zu bedenken: „Das Essen ist aber sicher nicht mehr richtig warm.“
„Das macht nichts. Komm, Angelika, setz dich.“
Wir sitzen wie eine Familie am Tisch und essen. Um viertel vor acht ist für die Kinder Zapfenstreich. Nach kurzen Protesten nehmen sie ihre Lager auf dem Wohnzimmerboden ein.
Markus hilft mir das Geschirr in die Spülmaschine zu räumen und den Rest abzuspülen. Anschließend lassen wir uns im Arbeitszimmer nieder.
„Weißt du, Angelika, es hätte mich nicht gestört, wenn es deine Kinder gewesen wären. Aber du hattest mir schon erzählt was es damit auf sich hat. Dann kümmerst du dich also um den Nachwuchs deiner Freundin. Sind reizend, die Beiden. Wenn man sie so betrachtet wünscht man sich es wären die Eigenen“, stellt er fest und schaut mich zärtlich an.
„Ja, das wünscht man sich“, wiederhole ich nur einen Teil seiner Rede ohne große Überzeugung. Schon seit einiger Zeit habe ich den Traum vom eigenen Kind weit von mir geschoben. Natürlich auch, weil ich die Mitte dreißig überschritten habe. Aber das sage ich jetzt nicht. Außerdem bin ich wegen meiner Hormonstörungen bestimmt unfruchtbar. Sonst wäre ich mit Mustafa schwanger geworden.
„Man kann eben nicht alles haben“, beschwichtigt er und küsst meine Hände.
Bis Mitternacht unterhalten wir uns und gehen dann, nachdem ich mich vergewissert habe, dass die Kinder zugedeckt sind und schlafen, ins Bett. Wir verzichten auf die Kuschelstunde, wohl auch weil wir in Sorge sind, dass einer der Jungen aufwacht und ins Schlafzimmer kommt.
Dienstag, 10. November
Um sechs Uhr läutet der Wecker. Wie an jedem Arbeitstag eben.
Ich stehe zuerst auf, mache mich schnell im Bad fertig und ziehe den Bademantel über. Während ich in der Küche Kaffee koche und für Markus Brot, Butter, Käse, Marmelade und Honig bereitstelle, geht er ins Bad. Ich habe ihn gebeten nicht zu viel Lärm zu machen. Die Kinder sollen noch schlafen.
Als Markus in die Küche kommt stellt er fest: „Machst du heute keine Gymnastik?“
„Doch“, entgegne ich, „aber erst später. Ich muss bald die Kinder wecken und sie nach dem Frühstück in den Kindergarten bringen.“
„Ach, das machst du auch“, fragt er ganz erstaunt. „Du bist also Ersatzmutti.“ Er lacht.
„Ja. Manchmal nehme ich sie auch eine Woche, wenn Hildegard ohne Zöglinge ausspannen will. Außerdem für die Kleinen ist es eine willkommene Abwechslung."
„Stimmt“, stellt er fest. „Sie sind ja auch lieb.“
Er schiebt sich das letzte Stück Brot in den Mund, trinkt seinen Kaffee aus und sagt: „So, meine Liebe, jetzt muss ich leider gehen. Heute Abend spiele ich Skat. Wenn du Lust hast, sehen wir uns morgen. Wir könnten ins Kino gehen oder hast du etwas anderes vor? Hm?“
„Soll das ein Date sein? Ich werde in der Zeitung nachsehen was geboten wird. Dir einen schönen Tag und verliere nicht zu viel Geld beim Skat. Was sollte ich auch mit einem verarmten Zahnarzt anstellen?“ Damit sind wir an der Tür angelangt.
Jetzt muss ich doch noch eine Bemerkung loswerden: „Wie sieht es mit dem Zähneputzen aus? Ernst blicke ich ihn an.“
„Mache ich sofort, wenn ich in der Praxis bin, versprochen.“ Wir umarmen uns und Markus geht.
Ich verarzte die Kinder. Nachdem ich sie zum Kindergarten gebracht habe, räume ich auf und putze.
*
Kurz vor Mittag schaut Hildegard vorbei. Sie ist zurück und holt die Kinder selbst ab.
Ich lade sie für den Abend ein. Markus kommt nicht, also kann ich mit ihr einen gemütlichen Weibertratschabend abhalten.
*
Nachmittags bereite ich mich endlich für die Vorlesungen am Mittwoch vor. Selten war ich so spät dran. Ich lasse mich zu leicht von meinen Pflichten abhalten, rüge ich mich.
*
Um viertel nach acht kommt Hildegard. Wir setzen uns ganz gemütlich ins Wohnzimmer und reden. Ihre Kinder wissen, dass sie bei mir ist, also sind sie beruhigt. Und das Babyfone gibt es auch noch.
Schließlich eröffnet sie mir, dass sie am kommenden Wochenende gerne mit Bekannten Skilaufen fahren würde. Ich biete ihr an, die Kinder zu nehmen. Das möchte sie auf keinen Fall. Sie will mir nicht einen Klotz ans Bein hängen. Jetzt da ich endlich verliebt bin. Dabei lächelt sie verschwörerisch. Nach langem hin und her gelingt es mir, sie zu überreden. Als ich sage, dass Markus die Kinder gestern Abend gesehen hat und genauso in sie verliebt ist wie ich, gibt sie klein bei. Die Kinder hätten ihr auch schon von Markus erzählt. Er sei ein netter Mann. Also ist alles in Butter.
Gegen halb zwölf geht Hildegard in ihre Wohnung zurück. Ich lege mich mit einem Buch ins Bett, nachdem ich Markus eine Gute-Nacht-SMS geschrieben habe. Wann er sie wohl liest?
Mittwoch, 11. November
Der Tag verläuft wie jeder Mittwoch, mit Vorlesungen.
Abends kommt Markus wie verabredet. Schnell etwas essen und ab mit der U-Bahn zum Stachus. Dort gehen wir ins Kino. Markus gesteht mir auf dem Weg zum Kino, seit langem nicht mehr mit der U-Bahn gefahren zu sein.
Nach der Vorstellung gehen wir ins Weinhaus Neuner. Markus fragt zusammenhanglos: „Fährst du Ski?“
„Im